Kapitel 12

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Überrascht schaute ich in die Richtung, in die Angelo deutete. Tatsächlich kamen zwei Personen auf uns zu - ein Junge etwa in Angelos Alter und ein Mädchen, das ungefähr so alt war wie ich. Für mich war Kira ein kleines Mädchen mit Pferdeschwanz gewesen, das etwa so alt war wie Angelo und es erstaunte mich, dass sie so viel älter war als er. Aber ich musste zugeben, dass sie wirklich sehr hübsch war. Genau wie ihr Bruder hatte Kira dunkle Haare, die ihr offen über die Schultern fielen. Sie war schlank und hatte ein schön geschnittenes Gesicht mit ebenfalls dunklen Augen. Zu einem hellen Rock mit Blumenmuster trug sie ein weißes Top, was ihre leicht gebräunte Haut gut zur Geltung brachte. Allerdings schien Kira ein wenig schüchtern zu sein, was ihr leicht scheuer Blick von unten nach oben verriet - auch wenn sie das absolut nicht nötig hatte. Mit ihrem Aussehen und der tollen Figur musste sie sich ganz bestimmt nicht verstecken. Ich musste zugeben, dass ich ein wenig neidisch auf Kira war, denn so gut wie sie sah ich ganz bestimmt nicht aus und ich fühlte mich ein bisschen wie das hässliche Entchen neben einem schönen Schwan, als sie neben mir stand. Ich konnte Angelos Begeisterung für das hübsche Mädchen absolut nachvollziehen.
Auch Paddy auf meiner anderen Seite war auf das Geschwisterpaar aufmerksam geworden, das uns jetzt erreichte. Auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln, als er Kira sah und ich spürte ein seltsames Ziehen in der Magengegend, das ganz sicher nichts mit meiner Periode zu tun hatte. Mein bester Freund fand Kira also auch hübsch. Und selbst wenn? Er konnte schließlich hübsch finden, wen er wollte. Allerdings konnte es etwas problematisch werden, wenn er das gleiche Mädchen wie sein jüngster Bruder toll fand. Aber das mussten die beiden untereinander ausmachen. Oder war ich etwa eifersüchtig, weil mein bester Freund ein anderes Mädchen mochte - noch dazu ein so ausgesprochen hübsches? Ich schüttelte innerlich den Kopf. So ein Blödsinn. Ich war höchstens eifersüchtig, weil ich nicht so hübsch war wie Kira. Aber ich war eben keine Traumfrau mit perfekter Figur, Rehaugen und strahlend weißen Zähnen. Ich hatte nun mal ein paar Kilo zu viel, ein wenig schiefe Zähne und unterschiedlich gefärbte Augen. Eines meiner Augen hatte die Farbe von Bernstein auf den man Goldpuder gesprenkelt hatte und das andere erinnerte an Gletschereis. Als Kind hatte ich diese harmlose genetische Besonderheit schrecklich gefunden und die meisten anderen Kinder hatten mich deshalb geärgert. Aber mittlerweile fand ich es ganz cool und war sogar ein wenig stolz darauf.

Angelo wartete meine Antwort nicht ab und begrüßte Kira freudestrahlend, die ihn mehr als einen Kopf überragte. Das sah lustig aus, aber irgendwie war mir gerade nicht wirklich zum Lachen oder wenigstens Grinsen. Dann begrüßte Angelo seinen Kumpel, der etwa gleich groß war und sauste dann mit ihm zu einem nahen Spielplatz.

Auch Paddy ging auf Kira zu und umarmte sie. "Hey Kira", begrüßte er sie freudestrahlend. "Schön, dass du da bist."

Die beiden plauderten eine Weile und Paddy schien mich vollkommen vergessen zu haben. Ich verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust. Toll. Kaum tauchte diese Wunderfrau auf, war ich Luft für meinen besten Freund. Dabei hatte er sich doch vor gar nicht all zu langer Zeit angeblich solche Sorgen um mich gemacht. Jetzt begrüßte er nicht nur Kira mit einem so strahlenden Lächeln, dass selbst die Sonne neidisch werden konnte - was mir allein schon wieder ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend verursachte -, sondern ließ mich einfach stehen wie ein vergessenes Möbelstück. Vielen Dank auch. Ich war wirklich sauer und überlegte, mich einfach heimlich zu verdrücken. Paddy war schließlich beschäftigt und würde es vermutlich nicht einmal bemerken. Sollte er sich doch weiter mit Wonderwoman vergnügen. Ich konnte Kira aus irgendeinem Grund gerade absolut nicht ausstehen - auch wenn sie mir absolut nichts getan hatte. Es war einfach ihre bloße Existenz, die mich nervte.

Ich war tatsächlich kurz davor mich einfach umzudrehen und zu gehen, als sich Paddy scheinbar doch an mich erinnerte - vielleicht auch nur, weil mich Wonderwoman mit ihren perfekten Rehaugen anschaute. "Oh. Das hab ich fast vergessen", stellte Paddy fest und deutete auf mich. "Das ist übrigens Ally. Meine beste Freundin. Sie kommt auch mit uns segeln."

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt