Kapitel 52

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In den nächsten Tagen merkte ich recht schnell, dass ich es deutlich unterschätzt hatte, jeden Tag gut zwei Stunden hin und her fahren zu müssen. Ich überlegte tatsächlich , ob ich zumindest vor den Klausuren bei meinen Eltern oder einer Freundin übernachten sollte, um mir den Stress der langen Autofahrt zu ersparen und erholter an die Klausuren zu gehen. Immerhin ging es um mein Abitur, das ich mit guten Noten bestehen wollte - und die Vorklausuren waren da sehr wichtig.
Zuerst aber stand das Presseevent an, zu dem mich Paddy eingeladen hatte. Ich war ziemlich nervös und hatte keine Ahnung, was ich zu so einer Veranstaltung tragen sollte. Natürlich hatte ich einige Kleider im Schrank - auch ziemlich schicke -, aber wie es bei Frauen nun einmal häufig ist, war nichts dabei, was mir passend erschien. Kurz gesagt - ich hatte nichts zum Anziehen. Frustriert stand ich ein paar Tage vor dem Event vor meinem Kleiderschrank und durchsuchte meine Besitztümer. Immer wieder schüttelte ich den Kopf. Das eine Kleid war zu sommerlich, das nächste zu winterlich, das dritte zu kurz... Und so ging es weiter. Nicht einmal eine passende Hose besaß ich, die ich als Alternative hätte nutzen können. Die meisten meiner Hosen waren irgendwelche Jeans, die zum Teil auch noch Löcher hatten. So konnte ich unmöglich gehen, auch wenn Francesca meinte, dass das sicher niemandem großartig auffallen würde und die Kellys doch auch ihren eigenen Stil hatten. Da hatte sie sicher Recht, aber ich wollte unter all den Leuten in ihren Kostümen und Anzügen nicht auffallen. Immerhin hatte ich keine Ahnung vom Dresscode auf so einer Veranstaltung und Paddy hatte mir auch keinen Hinweis gegeben. Dress as you like, war seine Antwort gewesen, als ich ihn um Hilfe gebeten hatte. Aber ich konnte unmöglich in meinem üblichen Grungeoutfit auflaufen, auch wenn ich nicht im Mittelpunkt stand. Außerdem wollte ich auch Paddy beeindrucken, wenn ich ehrlich war - und das ging nun mal nicht in Jeans und Holzfällerhemd.

Zwei Tage vor dem Event hatte Francesca schließlich genug von meinem Gejammer und entschied, dass wir shoppen gehen mussten. Also schleppte sie mich in die Bochumer Innenstadt, wo wir die verschiedensten Läden abklapperten. Keine von uns hatte so wirklich eine Ahnung, was man zu so einem Event anzog und auch die Verkäuferinnen und Verkäufer waren keine wirkliche Hilfe. Meistens zeigten sie mir irgendwelches altmodisches Zeug, das eher zu einer Frau in den Vierzigern oder so gepasst hätte. Natürlich wollte ich elegant aussehen, aber eben auch meinem Alter entsprechend - eine scheinbar unlösbare Aufgabe. Ich hatte die Wahl zwischen langweiligen Hosenanzügen oder pompösen Abendkleidern. Aber ich wollte etwas, was ich auch zu meiner Abiturfeier im nächsten Jahr tragen konnte - so hatte das Shoppen auf jeden Fall einen Sinn und ich musste nächstes Jahr nicht wieder los.
Ich hatte schon fast die Hoffnung aufgegeben, als wir durch ein letztes Geschäft liefen. Sowohl Francesca als auch ich waren mittlerweile nur noch genervt und ich war tatsächlich bereit, doch meine Lieblingsjeans, eine Bluse und Sneakers zu tragen. Vielleicht hatte ich ja nächstes Jahr mehr Glück. Während Francesca sich die Hosenanzüge und Röcke anschaute, gab ich noch einmal den eleganten Kleidern eine Chance. Und dann fand ich es plötzlich: das perfekte Kleid für mich. Es war aus rauchgrauem Chiffon und knielang. Der Rock war ganz einfach, während das Oberteil aus einer Art Rosenapplikationen bestand und an den halblangen Armen sowie am Dekolette durchsichtig war. Um die Taille herum war eine silberglitzernde schmale Linie mit Perlen. Ich war sofort verliebt in dieses Kleid und wusste, dass ich es einfach haben musste. Es war genau die richtige Mischung aus verspielt und elegant, brav und sexy. Ich rief sofort Francesca zu mir und auch sie teilte direkt meine Meinung. Ein besseres Kleid würde ich niemals finden - und es passte für beide gedachten Anlässe einfach perfekt. Es war zugegebenermaßen nicht gerade billig, aber das war es mir wert. Dazu kauften wir noch elegante schwarze Ballerinas mit Lackspitze und einer kleinen Schleife, die wunderbar zu dem Kleid passten, auch wenn Highheels vielleicht eleganter gewesen wären. Aber ich war Highheels nicht gewohnt und außerdem konnte ich unmöglich einen ganzen Abend in so hohen Schuhen laufen. Stolz trug ich meine neuerrungenen Schätze nach Hause und freute mich schon riesig darauf, Paddys Reaktion zu sehen. Wahrscheinlich würde er nicht glauben können, dass ich es war. Auch Gabriel war begeistert, als ich ihm meine Errungenschaften zeigte. Jetzt konnte zumindest klamottentechnisch das Presseevent kommen.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt