Kapitel 53

280 16 6
                                    

Also machten wir uns am frühen Freitag Nachmittag auf die knapp einstündige Fahrt nach Oberhausen. Ich ärgerte mich ein wenig darüber, dass wir erst so spät fahren konnten, weil ich erst Schule hatte und ich so kostbare Zeit versäumte. Zuerst hatte ich die Schule schwänzen wollen, aber Gabriel hatte mir erklärt, dass ich im letzten Schuljahr besser nicht schwänzen sollte. Und letztenendes schlug Paddy am Abend vor dem Konzert am Telefon vor, dass ich doch nach dem Konzert mit nach Saarbrücken und am Sonntag dann mit ihnen zurück nach Köln fahren konnte. Von Köln nach Bochum waren es mit der Bahn nur etwa anderthalb Stunden - oder Gabriel konnte mich auch von dort abholen. Das klang nach einem ziemlich guten Plan und ich sagte nach kurzem Zögern zu.
Die Fahrt verging wie im Flug - mittlerweile waren Claire und ich beinahe Profis darin, kilometerweit über die Autobahnen Deutschlands zu fahren. Dieses Mal fuhren wir mit Claires Auto, weil sie nach dem Konzert wieder nach Hause musste. Morgen feierte ihre Großmutter nämlich Geburtstag und sie hätte ihr niemals verziehen, wenn sie nicht dabei gewesen wäre. Deshalb konnte Claire nicht mit nach Saarbrücken. Die Arena von Oberhausen lag praktisch direkt neben einem riesigen Einkaufszentrum, das in wenigen Tagen eingeweiht werden würde. Die Geschäfte waren allerdings jetzt schon geöffnet, genau wie die Innen - und Außengastronomie. Ich war schon ein wenig neugierig darauf, aber wir hatten leider keine Zeit durch die zahllosen Geschäfte zu schlendern. Aber das wollte ich auf jeden Fall nachholen.

Wir parkten in einem riesigen Parkhaus direkt am Einkaufszentrum - dank eines Einweisers fanden wir sogar schnell einen Parkplatz in dem völlig überfüllten Gebäude. Es war nicht weit bis zu dem Einkaufszentrum, das bezeichnenderweise Neue Mitte genannt wurde und CentrO hieß. Schon von weitem war die Arena zu sehen, die auf einem kleinen Hügel gelegen war, nur wenige Meter von der Bushaltestelle entfernt - und auch die wartenden Fans waren nicht zu übersehen. Wir liefen an dem riesigen CentrO vorbei, in dem es von Menschen nur so wimmelte, die entweder shoppen gingen oder vor den zahlreichen Restaurants im Außenbereich saßen. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Sogar einen Irish Pub, der An Crannóg - Irish Pub hieß, gab es - ein hübsches Reetdachhaus ein wenig abseits vom Trubel des CentrOs und über eine Brücke erreichbar, die über einen kleinen Fluß führte. Ich war sofort verliebt in das Haus, aber auch dafür hatten wir keine Zeit.
Stattdessen liefen wir eine Treppe nach oben zur Arena. Dort angekommen, dauerte es erst einmal eine Weile, bis wir den Backstagebereich fanden. Die Arena war ziemlich groß und der Zugang ein wenig kompliziert. Aber endlich fanden wir ihn und wurden auch ohne Pässe sofort heringelassen. Claire zog mich sofort in Richtung Tür und ich seufzte ergeben. Ich hatte ein wenig Angst vor meiner ersten Wiederbegegnung mit Paddy nach dem Partydesaster und noch mehr davor, Theresa zu begegnen. Dann würde ich wohl direkt nach Hause fahren, denn darauf konnte ich getrost verzichten. Auf dem Flur entdeckten wir Tarzan, der gerade irgendwelche Anweisungen an einen seiner Kollegen gab. Ich erinnerte mich dunkel, dass er auch irgendetwas mit meinem Desaster zu tun hatte und zog unwillkürlich den Kopf ein, in der Hoffnung, dass er mich nicht entdeckte.

Aber natürlich war das nicht sonderlich erfolgreich, denn Tarzan entdeckte mich sofort und kam auf mich zu. "Na, Kleine?", begrüßte er mich grinsend und klopfte mir auf die Schulter. "Wieder ausgenüchtert?"

"Sehr komisch", brummte ich und warf Tarzan einen bösen Blick zu. "Ich trinke nie wieder." Ich seufzte. "Ich hoffe nur, ich war nicht zu peinlich. Ich kann mich nämlich an nichts mehr so richtig erinnern."

"Ach. Peinlich würde ich das jetzt nicht nennen", feixte Tarzan. "Du warst nur ein bisschen kuschelbedürftig. Und ich frag mich immer noch, wie eine so kleine Person so verdammt laut schnarchen kann."

"Was?" Ich sah Tarzan entsetzt an. "Ich war kuschelbedürftig? Wie meinst du das?" Ich stemmte entrüstet die Hände in die Hüften. "Und ich schnarche nicht."

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt