Kapitel 23

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Auch das Konzert am nächsten Abend war ein großer Erfolg, obwohl die Kellys beim Soundcheck noch ein bisschen müde und etwas verkatert waren. Jimmy hatte ein bisschen mit einem Kuscheltier herumgealbert, das noch vom Vorabend auf der Bühne zurückgeblieben war und schien beste Laune zu haben, während seine Geschwister ein wenig in den Seilen hingen. Vielleicht lag das aber auch an seiner Freundin, die ihn heute besuchte und die ihn noch mehr grinsen ließ, als ohnehin schon. Hannah, wie Jimmys Freundin hieß, war ziemlich nett, wenn auch eher distanziert und es war nicht einfach, mit ihr ins Gespräch zu kommen. Leider mussten Kira und Gregor am Nachmittag abreisen, weil sie am nächsten Tag wieder zur Schule mussten, was besonders Angelo sehr traurig machte. Aber er freute sich, dass die beiden überhaupt da gewesen waren. Maite trug tatsächlich die Ohrringe, die ich ihr geschenkt und über die sie sich riesig gefreut hatte.
Beim Konzert am Abend waren die Kellys allerdings alle wieder vollkommen fit und gaben alles. Immerhin sollten die Fans nicht darunter leiden, dass sie gestern so lange gefeiert hatten. Wieder waren einige Freunde der Kellys im Publikum, wenn auch nicht so viele wie gestern. Die Stimmung war wieder bombastisch - vor allem, als die Fans der strahlenden Maite ein Ständchen sangen und Paddy ihr auf der Bühne eine Torte ins Gesicht klatschte, als sie gerade anfangen wollte zu singen. Auch ich feierte und lachte mit. Einen kleinen Schreckmoment gab es allerdings. Mitten bei Key to my heart machte Paddy plötzlich einen Sprung in die schier durchdrehende Fanmasse. Ich hielt den Atem an, als er förmlich in den Fans unterging und der Security schaffte es gerade so, Paddy aus der tobende Menge zu ziehen. Patricia kam sofort zur Hilfe und half ihrem Bruder auf die Bühne, der einfach weitersang, als wäre nichts geschehen. Die Aktion war wirklich purer Wahnsinn gewesen und ich hoffte, dass er so etwas in Zukunft nicht wieder tun würde, denn das hätte auch leicht ins Auge gehen können. Das sagte ich auch genau so in der Pause zu Paddy, der seine Dummheit kleinlaut eingestand. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, was alles hätte geschehen können, wenn der sichtlich erschrockene Security nicht so schnell eingegriffen hätte - der Paddy genau wie seine Geschwister ebenfalls die Meinung sagte. So etwas würde in Zukunft sicher nicht mehr passieren. Aber Paddy hatte die Situation in seinem Überschwang einfach unterschätzt, weil er sich noch immer nicht an die Hysterie der Fans gewöhnt hatte und dazu voller Adrenalin gesteckt hatte. Eine echte Kurzschlussreaktion.

Nach dem Konzert stürmten die Kellys quasi direkt von der Bühne in den Bus, der sie weiter nach Iserlohn bringen sollte. Während Gabriel und Francesca lieber im bequemen Hotelbett schlafen und morgen nachkommen wollten, wollte ich unbedingt mit den Kellys im Bus fahren. Immerhin hatte in ein paar Stunden mein bester Freund Geburtstag und ich wollte mit ihm reinfeiern. Ich hatte tatsächlich ein Yes - Tortie und Kerzen besorgt und ich freute mich diebisch darauf, Paddys Gesicht zu sehen, wenn ich es ihm überreichte. Außerdem freute ich mich natürlich auch darauf, ihm mein Geschenk zu überreichen. Also wartete ich bereits im Bus, als die Kellys einstiegen. Iserlohn war zwar nicht weit, aber die Kellys wollten gern schon in der Nacht ankommen, um einen großen Auflauf zu verhindern und morgen in Ruhe alles aufbauen zu können. Außerdem konnten sie so ausschlafen, worauf sie sich nach der kurzen letzten Nacht und mehreren kraftraubenden Konzerten hintereinander sehr freuten.
Obwohl das Konzert gerade erst geendet hatte, standen schon zahlreiche Fans am Backstage und sahen zu, wie der Bus losfuhr. Die Kellys winkten den Fans zum Abschied, die dem Bus zum Teil sogar nachliefen. Paddy setzte sich kopfschüttelnd auf den Platz mir gegenüber und stürzte sich dann hungrig auf sein Essen, genau wie seine Geschwister. Die meisten von ihnen konnten direkt vor den Konzerten nichts essen, weil sie nicht mit vollem Magen auf der Bühne herumspringen konnten. Nach dem Essen zogen sich einige der Geschwister bereits zum Schlafen zurück, weil ihnen der letzte Abend noch nachhing. Lediglich Paddy, Maite, Jimmy, Joey und Patricia konnten noch nicht schlafen. Ich wollte auch noch nicht schlafen, also setzte ich mich mit den Geschwistern nach hinten in die Lounge, um noch einen Film zu schauen, während der Bus durch die Nacht fuhr. Die Wahl war auf Karate Kid gefallen, den ich nur mäßig interessant fand. Die Kellys kannten den Film bereits und diskutierten lautstark über die verschiedenen Szenen. Ich schielte währenddessen immer wieder auf meine Uhr, um die Zeit nicht zu verpassen. Immerhin wollte ich Paddy pünktlich um Mitternacht gratulieren. Ich wusste nicht warum, aber irgendwie war ich richtig aufgeregt und konnte es kaum erwarten. Während die Zeit verging, flogen draußen die Autobahnschilder und Lichter der Autos vorbei. Es würde nicht mehr lange dauern, bis wir Iserlohn erreichten. Die ersten beleuchteten Schilder mit dem Städtenamen hatte ich bereits gesehen.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt