Kapitel 30

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Am nächsten Tag streiften Claire und ich ein wenig ziellos durch Wien. Es gab so unglaublich viel zu sehen, dass wir gar nicht wussten, wo wir anfangen sollten. Da Claire allerdings ein großer Sisi - Fan war und die Filme unzählige Male gesehen hatte, war ein Besuch in der Wiener Hofburg Pflicht. Wir schlenderten über das riesige Gelände und Claire kam aus dem Staunen gar nicht mehr heraus. Es war wirklich sehr beeindruckend. Natürlich stand das Sisi - Museum auf unserem Plan, genau wie das Schmetterlingshaus und die Wiener Hofreitschule mit ihren gigantischen Stallungen. Ich war schon seit Kindheit an wie fast alle Mädchen ein riesiger Pferdenarr und war von den edlen Lippizanern beeindruckt. Claire konnte mit Pferden nicht ganz so viel anfangen und hielt sich lieber zurück. Auch das Museum für österreichische Geschichte besichtigten wir. Ich machte unzählige Fotos, bevor wir abends ziemlich erledigt in unser Hotel zurückkehrten. Dort zogen wir uns erst einmal um, bevor wir in einer nahen Pizzeria essen gingen. Das Essen war wirklich gut und zum Abschluss des Abends tranken wir noch etwas an der Hotelbar, bevor wir vollkommen erschöpft in unsere Betten fielen. Auch die nächsten Tage würden sicher nicht weniger anstrengend werden, denn wir wollten so viel wie möglich von Wien sehen. Der Prater, Schloß Schönbrunn mit seinem Tierpark, der riesige Zentralfriedhof und natürlich der Stephansdom standen ebenfalls auf jeden Fall auf unserer Liste. Außerdem wollte Claire gerne mit einer traditionellen Pferdekutsche fahren und natürlich ausgiebig shoppen, während ich noch ein paar Museen besichtigen wollte. Ich hatte keine Ahnung, wie wir das alles schaffen sollten, denn am Freitag Morgen würden wir schon früh wieder nach Hause aufbrechen.
Am nächsten Morgen lagen wir noch in unseren Betten und überlegten, was wir heute genau anstellen sollten - Claire war für Schloss Schönbrunn, während ich für den Zentralfriedhof plädierte -, als es plötzlich an der Tür klopfte. Wir sahen uns überrascht an, denn es war erst kurz nach acht am Morgen - zu früh für den Zimmerservice und wir erwarteten niemanden. Woher auch? Wir kannten niemanden hier in Wien und die Menschen, die uns kannten, waren hunderte Kilometer weit entfernt. Wer konnte es also sein? Wir einigten uns darauf, dass sich wohl jemand in der Zimmertür geirrt hatte und reagierten nicht weiter. Aber nur wenig später klopfte es noch einmal - energischer dieses Mal. Das konnte kein Zufall sein. Da Claire die Mutigere von uns war, ging sie als Erste zur Tür und öffnete. Ich konnte hören, wie sie mit irgendjemandem sprach und zuerst etwas überrascht klang. Sie sprach eindeutig mit einem Mann und die Stimme kam mir vage bekannt vor, aber das Gespräch war zu leise, um wirklich etwas sagen zu können.

Wenig später kam Claire wieder zurück ins Zimmer. "Für dich", grinste sie. "Du solltest mal zur Tür gehen."

Ich sah Claire mit großen Augen an. Wer um alles in der Welt sollte etwas von mir wollen? Ich kannte schließlich niemanden hier und war erst recht nicht mit irgendjemandem verabredet. Es gab nur eine Person, die ich kannte und die gerade hier in Österreich... Ich verwarf den absurden Gedanken direkt wieder. Die Person, an die ich dachte, war zwar in Österreich, aber einige Stunden weit entfernt und würde ganz sicher nicht so weit fahren, um mich zu sehen. Abgesehen davon, lag er sicher noch tief schlafend im Bett und genoß seine zwei freien Tage, bevor es bis zum Ende des Jahres fast nonstop weiterging. Er fiel also aus.
Fieberhaft überlegte ich weiter. Dominik hatte ich nicht verraten, in welchen Hotel ich übernachtete - da war ich mir sehr sicher und ich war auch nicht betrunken gewesen, sodass ich irgendetwas vergessen oder versehentlich ausgeplaudert haben konnte. Aber wer konnte es sonst sein? Mir fiel nur noch Daniele ein, der nicht begeistert von meiner Reise gewesen war. Aber würde Claire dann so grinsen? Immerhin mochte sie Daniele nicht besonders - und die Person an der Tür schien ihr nicht unsympathisch zu sein. Außerdem würde mein Freund doch sicher nicht so verrückt sein, mir nachzureisen. Oder doch? Vielleicht wollte er mich ja irgendwie kontrollieren, um sicher zu gehen, dass ich nichts Falsches machte. Oder war es etwa mein Vater, der nach dem Rechten sehen wollte? Gabriel? Ich ging in Gedanken alle Männer durch, die ich kannte, aber es war keiner dabei, bei dem mir ein wirklich plausibler Grund einfiel, warum er hier sein konnte. Und die Einzigen von den Männern die mir einfielen, die Claire ein Grinsen entlocken würden, waren Gabriel und Paddy - die wohl Unwahrscheinlichsten von allen.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt