Kapitel 42

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Als wir im Zimmer waren, schloss Paddy erst einmal die Tür hinter uns ab - vermutlich, damit es keine ungewollten Besucher oder andere unangenehme Überraschungen gab. Dann sah er mich ein wenig unsicher an. Meine Nervosität hatte mittlerweile eine Art Höhepunkt erreicht und ich war sicher, dass Paddy mein laut schlagendes Herz auf jeden Fall hören musste. Auch wenn ich mich nach außen so souverän wie möglich gab, sah es in meinem Inneren ganz anders aus. Ich hatte schließlich nicht wirklich mehr Erfahrung als Paddy. Mein erstes Mal mit Daniele zählte ich nicht wirklich mit, weil es nicht wirklich schön gewesen war und ich eigentlich nur alles über mich hatte ergehen lassen. Aber trotzdem schien Paddy irgendwie von mir zu erwarten, dass ich schon wusste, was zu tun war - und das Wissen, was mich heute Nacht erwartete, machte es nicht gerade einfacher.

"Okay", begann Paddy schließlich nach einigen Minuten des unangenehmen Schweigens und strich sich unsicher die Haare hinter sein Ohr. "Was machen wir jetzt? Ich meine... Also..."

Wieder sah Paddy mich hilfesuchend an. Er sah irgendwie total niedlich aus, wie er beinahe schüchtern und mit deutlich geröteten Wangen vor mir stand. So selbstbewusst er sonst auch oft war - vor allem auf der Bühne -, so unsicher und nervös war er jetzt. Irgendwie war es angenehm zu sehen, dass es ihm ähnlich ging wie mir und er nicht versuchte, jetzt den Coolen zu spielen. Das machte es irgendwie auch einfacher für mich.

"Tja. Ich glaube, wir sollten erst einmal unsere Schuhe und Jacken ausziehen", schlug ich vor und versuchte so selbstsicher wie möglich zu klingen. "Und danach... Ich weiß nicht. Vielleicht möchtest du ja erst noch einmal duschen gehen oder so. Um dich etwas zu beruhigen."

"Duschen?" Paddy sah mich mit großen Augen an. "Warum? Meinst du, ich stinke?"

Ich musste bei dieser Frage unweigerlich grinsen. "Nein, tust du nicht", beruhigte ich Paddy. "Ich dachte nur, vielleicht würdest du dich dann wohler fühlen oder so." Ich hob die Schultern. "Keine Ahnung. Ich hab es doch selber erst ein Mal gemacht und weiß nicht wirklich mehr als du."

Paddy grinste ein wenig und schlüpfte dann aus seiner Jacke, bevor er etwas umständlich seine Schuhe öffnete. Er brauchte tatsächlich eine kleine Ewigkeit, um seine Schnürsenkel zu öffnen und seine leicht zitternden Hände zeigten seine Nervosität in diesem Augenblick überdeutlich. Irgendwie tat er mir leid, weil er sich scheinbar selbst ziemlich Druck machte. Vermutlich ging er in Gedanken alle möglichen Szenarien durch und hatte Angst, dass es aus irgendeinem Grund nicht funktionierte. Er war eben Perfektionist und wollte alles sofort absolut richtig machen. Aber so funktionierte Sex eben nicht. Je mehr Gedanken er sich machte, desto mehr würde er sich verkrampfen - und desto mehr würde am Ende schief gehen. Ich musste ihm also irgendwie die Anspannung nehmen.

"Hey, Paddy", sagte ich deshalb und legte sanft meine Hand auf seine Schulter. "Hör zu. Niemand erwartet von dir, dass heute alles zu einhundert Prozent klappt. Es ist ganz normal, dass etwas schief geht. Gerade beim ersten Mal. Dafür musst du dich nicht schämen, okay? Und du kannst dir ganz sicher sein, dass ich niemandem irgendetwas verraten werde. Selbst wenn es heute Nacht doch nicht klappt. Dann ist es eben so. Es gibt noch viele andere Nächte." Ich lächelte. "Also setz dich nicht selbst so sehr unter Druck. Je mehr Gedanken du dir machst, desto mehr wird es schief gehen, weil du dich verkrampfst. Du bist keine Maschine, sondern ein Mensch. Dein Körper reagiert darauf. Versuch dich zu entspannen. Du musst niemandem etwas beweisen. Weder mir noch dir. Und deinen Brüdern erst recht nicht. Es geht einfach nur darum, es zu genießen. Sich heranzutasten und zu sehen, was dir gefällt. Der Rest kommt von ganz allein - mit der Zeit und der Erfahrung."

Ich zitierte das, was ich irgendwo aufgeschnappt und gelesen hatte. Etwas anderes blieb mir schließlich nicht übrig. Aber ich wusste, dass bei Jungs das beste Stück einfach nicht funktionierte, wenn sie zu nervös waren - oder sie einfach zu früh kamen, weil es so ungewohnt war. Beides war vollkommen in Ordnung für mich. Weder Paddy noch ich hatten Erfahrung mit dem, was heute Nacht passieren würde - deshalb rechnete ich nicht mit dem perfekten Sex. Wenn es den überhaupt gab. Alles, was ich mir wünschte war, dass es schöner werden würde als mit Daniele. Und daran hatte ich keinen Zweifel. Paddy würde ganz sicher zärtlich sein und sich Zeit lassen. Zumindest würde er es so gut er konnte versuchen.
Tatsächlich schienen meine Worte zu wirken, denn Paddy atmete ein paar Mal tief durch und schien sich zumindest ein bisschen zu beruhigen. Er schaffte es nicht nur endlich seine Schnürsenkel zu öffnen, sondern lächelte mich auch ein wenig an. Auf seinem Gesicht war deutlich die Erleichterung zu sehen, dass ich zumindest ein bisschen den Druck von ihm nahm, auch wenn in seinen Augen noch immer große Unsicherheit lag.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt