Kapitel 39

182 17 21
                                    

Als wir an dem Zelt ankamen, war bereits jede Menge los. Obwohl die Show am Abend ohne Fans aufgezeichnet wurde, waren natürlich jede Menge Mädchen da, die sich vor dem Gitterzaun versammelt hatten, der den Backstagebereich absperrte. Wie zu erwarten hatten sie Fotoapparate und Autogrammbücher in der Hand und hofften wohl, einen Blick auf die Kellys zu erhaschen - vor allem auf Paddy. Die Kellys waren scheinbar erst kurz vorher hier angekommen. Ich schüttelte nur den Kopf über die Mädchen und auch Gabriel sah ein wenig genervt aus. Am liebsten hätte ich mir jedes einzelne der Mädchen geschnappt und gefragt, ob sie es schön finden würde, bei jedem Schritt beobachtet und fotografiert zu werden. Oder sie am besten selbst hinter dieses Gitter gestellt und Fotos von ihnen gemacht, damit sie am eigenen Leib erlebten, wie sich die Kellys fühlen mussten. Vielleicht hätten sie es dann verstanden. Aber das traute ich mich dann doch nicht und ballte nur unauffällig die Hände in meinen Jackentaschen.
Aber nicht nur die herumlungernden Fans waren zu sehen. Überall liefen auch Leute mit irgendwelchen Kameras und Kabeln herum, die wohl noch die letzte Technik für den Abend aufbauten. Es war unglaublich voll und laut. Es würde immer noch gehämmert, gebohrt und Befehle herumgeschrien, die man bis draußen hören konnte. Ich fragte mich ernsthaft, ob bis zum Abend überhaupt alles fertig sein würde und ich konnte fast vor mir sehen, wie genervt Paddy bereits von dem Chaos war, das immer noch herrschte. Aber die Männer wussten ganz bestimmt, was sie da machten und bis zur Aufzeichnung waren es ja auch noch ein paar Stunden. Trotzdem war es für einen Perfektionisten wie Paddy sicher schwer zu ertragen und vermutlich drehte er zumindest innerlich schon fast durch. Bei dem Gedanken daran musste ich unwillkürlich grinsen und sah ihn direkt vor mir, wie er wie ein angestochenes Kalb überall herumlief. Ein wenig gehässig wünschte ich Gwen jetzt schon viel Spaß mit ihrem Freund, denn ich war mir ziemlich sicher, dass sie in so einer Situation mit ihm überfordert war.

Gabriel und ich schlüpften erst einmal in den Backstagebereich und trafen dort auf Tarzan, der uns zuerst einmal ins Zelt schickte, wo gleich der Soundcheck beginnen würde. Wir gingen an einem Doppeldeckerbus vorbei, den die Kellys extra für heute neben dem Zelt aufgestellt hatten. Insgesamt hatten sie drei oder vier von diesen Bussen gehabt, die sie immer abwechselnd genutzt hatten, wenn einer von ihnen kaputt gewesen war. Bis auf diesen einen waren aber mittlerweile alle verkauft oder gammelten irgendwo vor sich hin. Eigentlich traurig, wenn man bedachte, was die Kellys mit den Bussen alles erlebt hatten.
Wir betraten das Zelt, wo wieder einmal ziemliches Chaos herrschte. Die Bühnenarbeiter legten letzte Hand an, während ein paar Roadies ein Klavier in eine Ecke schoben. Barby hatte sich auf den Rand der Manege gesetzt und beobachtete das Treiben. Maite tobte mit Sean herum, während Angelo schon einmal sein neues Schlagzeug ausprobierte. John unterhielt sich mit irgendwelchen Gästen auf Spanisch - offenbar Vater und Tochter. Vor allem die Tochter schien es ihm angetan zu haben, denn ich konnte sehen, dass er ihr immer wieder verstohlene Blicke zuwarf. Sie war deutlich jünger als John, aber ein sehr hübsches Mädchen mit langen dunklen Haaren und einem strahlenden Lächeln. Auch sie schien nicht uninteressiert an John zu sein und strahlte ihn immer wieder an, wenn er etwas zu ihr sagte. Auch Patricia hatte sich dazugesellt und plauderte angeregt mit dem Vater des Mädchens, einem älteren Herrn mit Halbglatze und grauen Haaren. Kathy saß neben Dan auf einem Stuhl und redete mit ihrem Vater. Joey saß ebenfalls auf einem Stuhl und klimperte selbstvergessen auf seiner Gitarre herum, während Jimmy sich in eine Ecke verzogen hatte, um einen Tee zu trinken. Nur von Paddy war nichts zu sehen. Wahrscheinlich war er irgendwo mit Gwen beschäftigt. Wieder zog sich mir bei diesem Gedanken der Magen zusammen.

Gabriel steuerte Jimmy an, während ich den Arbeitern auswich, um zu Barby zu gelangen, die mir irgendwie verloren vorkam. Niemand schien sich wirklich für sie zu interessieren, obwohl so viele Menschen hier waren. Am liebsten hätte ich sie einfach mitgenommen, aber das ging natürlich nicht. Weder Barby selbst noch ihre Geschwister wären damit einverstanden gewesen und auch meine Eltern wären vermutlich durchgedreht. Außerdem gab es bei mir Zuhause niemanden, der auf Barby hätte aufpassen können. Wenn die Fans herausfanden wo sie war, würde das ziemlich schnell sehr gefährlich werden und meine Eltern würden ganz sicher keinen Security ins Haus lassen.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt