Kapitel 21

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Nur knapp drei Wochen später war ich mit den Kellys auf dem Weg nach Berlin zu einer Show mit verschiedenen Künstlern. Paddy hatte mich eingeladen die Familie dorthin zu begleiten - auch weil meine Lieblingsband Take That dort auftreten würde. Das war für mich die einmalige Gelegenheit, die fünf Jungs nicht nur live zu erleben, sondern sie auch Backstage treffen zu können - eine Chance, für die andere Mädchen vermutlich getötet hätten. Und auch ich hatte davon geträumt. Außerdem hatte Patricia an diesem Tag Geburtstag. Trotzdem zögerte ich zuerst. Natürlich war es ein Traum, einmal so viele verschiedene Künstler hinter der Bühne erleben zu können, die ich bisher nur aus der BRAVO kannte, aber diese neue Welt, in der die Kellys sich jetzt immer mehr bewegten, war nicht unbedingt meine Welt. Diese ganze Hysterie war mir zu viel und ich war froh, dass ich mich nur im Schatten bewegte. Aber andererseits war es auch spannend, aus dem Hintergrund zu beobachten, wie sich alles entwickelte, auch wenn mir bei dem Tempo selbst schwindelig wurde. Und es war eine Gelegenheit, wieder ein Wochenende mit meiner Lieblingsfamilie zu verbringen, die längst mehr als Freunde für mich waren. Ich hatte das Gefühl, dazu zu gehören und ich fühlte mich selbst fast als Teil der Familie - auch wenn ich niemals mit auf die Bühne gegangen wäre. Wenn ich mit den Kellys unterwegs war, fühlte es sich vollkommen natürlich an und ich war einfach glücklich. Um so trauriger machte es mich, dass es ab nächstes Jahr wohl weniger Gelegenheit dazu geben würde, weil die Kellys noch mehr als dieses Jahr unterwegs sein würden - auch im Ausland. Dann würde ich sie wohl nur noch in den Ferien sehen oder wenn sie zufällig am Wochenende in erreichbarer Nähe waren. Deshalb wollte ich so viel Zeit wie möglich mit ihnen verbringen und ich hatte großes Glück, dass ich ausgerechnet an diesem Wochenende freitags und montags keine Schule hatte, da meine Klasse Klausurwochen hatte und ich an diesen Tagen keine Klausuren schreiben musste, weil ich andere Fächer belegte. Allerdings würde ich trotz allem irgendwie lernen müssen - auch wenn das bei den vielen Kellys um mich herum wohl nicht so einfach werden würde. Selbst meine Eltern hatten scheinbar begriffen, dass die Kellys wie meine zweite Familie waren und erlaubten mir bei ihnen zu sein, so lange die Schule nicht darunter litt. Meine ersten Klausuren zu Beginn des Schuljahres waren sehr gut gelaufen und auch sonst konnte sich niemand beschweren. So lange das so blieb, konnte auch mein Vater keine wirklichen Argumente dagegen bringen, auch wenn er nicht immer begeistert war. Aber langsam schien er zu begreifen, dass ich kein kleines Kind mehr war, das er einsperren konnte und der Umgang mit den Kellys war ihm lieber als mit anderen Leuten in meinem Alter. Immerhin waren die meisten der Kellys schon erwachsen und in seinen Augen verantwortungsbewusst. Wenn er alles gewusst hätte, was manchmal hinter den Kulissen passierte, hätte er das wohl anders gesehen, denn die Kellys waren einfach nur verrückt. Nicht selten saßen wir bis spät in die Nacht zusammen und auch Alkohol gehörte genau so dazu wie Zigaretten. Aber die Kellys waren eben eine ganz normale Familie.
Am Abend vor der Abfahrt war ich noch auf einem Konzert nicht weit von meinem Heimatort entfernt, zu dem mich Francesca fuhr. Leider konnte sie nicht bleiben, da sie am nächsten Morgen einen wichtigen Termin hatte und ich kam auch erst recht spät an, weil Francesca lange arbeiten musste. Erst kurz vor Konzertbeginn erreichte ich meinen Zielort und hatte Glück, dass Thomas gerade draußen herumlief, der mich an dem Security vorbeischleuste, der mich nicht in den Backstagebereich lassen wollte. Das war mir ziemlich unangenehm, denn bisher hatte es damit nie Probleme gegeben. Aber mit den Securitys hatte sich das geändert und vermutlich würde es bald sogar Backstagepässe geben, damit jeder wusste, wer zu der Familie gehörte. Ein wenig abgehetzt kam ich hinter der Bühne an, wo sich die Kellys gerade für ihr tägliches Bühnenritual im Kreis aufstellten. Es gab nur eine kurze Begrüßung, bevor die Kellys auf die Bühne stürmten und ich mich wie immer auf die Treppe setzte. Die Tasche stellte ich zwischen meine Füße und beobachtete wieder einmal die Fans. Wie immer war es wahnsinnig laut, sodass man kaum sein eigenes Wort verstehen konnte und es gab beinahe so etwas wie eine Plakatwand mit Liebesbekundungen vor allem an Paddy. Ich verstand immer noch nicht, warum die Mädchen bei ihm so ausflippten. Natürlich sah er gut aus und war ein wahnsinnig netter Typ - aber davon gab es viele. In der Pause brachte ich meine Tasche in den riesigen Bus, der durch ein elektronisches Zahlenschloss gesichert war und Paddy zeigte mir meine Schlafkoje, die direkt neben seiner lag. Er hatte sogar extra einen Aufkleber mit meinem Namen daran befestigt, damit niemand anderes in dem Bett schlafen konnte. Das fand ich wirklich niedlich. Erst jetzt konnte ich die Kellys richtig begrüßen und Paddy machte mit mir sogar noch eine kleine Führung durch den Bus, der wirklich bequem war. Im vorderen Teil waren mehrere Tische, an denen man sitzen und essen konnte, danach folgten zahllose Schlafplätze und ganz hinten befand sich eine Art Lounge mit einem großen Ecksofa. Sogar einen Fernseher und eine Klimaanlage gab es. Das war echter Luxus. Am schönsten war es aber, dass die Kellys jetzt sogar einen Fahrer hatten und nicht mehr selbst am Steuer sitzen mussten, wie Joey mir grinsend stolz erzählte.

The Rollercoaster Called Life...Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt