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Keyla

Ich schloss die Tür zu unsere Wohnung auf und lief langsam Richtung Wohnzimmer. Ich hatte mich entschieden, ich würde es meiner Mutter erzählen, das Dad ihr fremd geht. Vielleicht wird dann ihre elende Beziehung beendet.

„Wir müssen reden", sagte ich und setzte mich neben meine Mutter auf das Sofa.
„Mhm, was gibts", fragte sie ohne wirkliches Interesse. Ich fing vorsichtig an „Ich hab Dad mit einer andern gesehen sie... sie haben sich geküsst."

Mir fiel es echt schwer diese Worte auszusprechen, da ich dadurch wahrscheinlich meinen Vater verlieren würde. Warum ich es trotzdem tat? Keine Ahnung. Vielleicht überwog der Hass auf meine Mutter mehr. Vielleicht wollte ich sie leiden sehen. Aber ehrlich gesagt war ich mir nicht mal sicher, ob sie es überhaupt schlimm findet.
Tja hätte ich nur vorher gewusst, was das anrichten würde...

Sie sah mich an. „Wie kannst du es wagen?" Ich schaute sie verwirrt an. „Wie?", fragte ich. „Mir so etwas zu sagen? Du zerstörst alles", schrie sie fast. Ich schaute sie an und sagte kalt „Wie kann man etwas zerstören, dass schon seit Jahren zerstört ist?" Ich sah wie ihr Blick zornig wurde. „Was denkst du wer du bist?", schrie sie wütend. „Ich- , stockte ich „ Es tut mir leid, aber was hätte ich denn tun sollen?", fuhr ich dann mit leicht zittriger Stimme fort, denn sie machte mir Angst. „Einfach deine verdammte Fresse halten", entgegnete sie mir. „ Merda, es war doch eh schon kaputt", sagte ich jetzt wieder mit festerer Stimme. „Oh wie kannst du es wagen", sagte sie zornig und holte mit ihrer Hand aus und gab mir eine saftige Ohrfeige. „Und rede nie wieder Italienisch in meiner Gegenwart, du dreckige Göre."

Ich sah sie mit aufgerissenen Augen an. Das hatte sie lange nicht mehr getan. Ich dachte sie hätte damit aufgehört.
Ich hielt meine Hand gegen die Stelle, es brannte fürchterlich und tat unfassbar weh. Ich spürte wie mir Tränen in die Augen schossen und ich drehte mich auf der Stelle um und rannte in mein Zimmer.

Cara war Italienerin, aber sie wollte nie, dass wir die Sprache können oder sprechen. Ich weiß nicht warum, sie hatte uns den Grund nie gesagt. Aber meine Großeltern haben es mir und Cayleb beigebracht. Und ich war dankbar dafür, denn ich liebte diese Sprache.

Ich setzte mich immer noch unter Schock auf mein Bett und die Tränen flossen mir über die Wangen. Ich dachte sie hätte sich geändert, aber anscheinend hat sie das nie. Vor langer Zeit hat mir mal jemand gesagt: Gib Menschen eine zweite Chance, aber niemals eine dritte.
Ich hatte meiner Mutter eine zweite Chance gegeben, aber ich hatte mich in ihr getäuscht.

Ich schaute mich im Spiegel an und sah, dass meine Lippe aufgeplatzt war. Sie hatte anscheinend meine Lippe bei ihrem Schlag getroffen. Sie blutete leicht und ich nahm ein Taschentuch und presste es gegen die Wunde, um die Blutung zu stoppen.
Ich ließ mich seufzend auf mein Bett fallen und starrte ins Leere.

Es klingelte an der Tür. Ich setzte mich ruckartig auf. Wer konnte das denn jetzt sein? Hoffentlich nicht Jacob, schoss es mir in den Kopf und ich sprang schnell auf, um an die Tür zu gehen, bevor es meine Mutter tat.
Ich öffnete die Tür langsam und stellte erleichtert fest, dass es Anna war.
„Hey Key, ich wollte Fra..." , sie stockte als sie mich erblickte. „Oh Gott was ist denn mit deiner Lippe passiert?", fragte sie erschrocken. „Ach halb so wild, mein Bruder hat die Tür dagegen geschlagen", erwiderte ich schnell. Was anders fiel mir jetzt auf die Schelle nicht ein, aber Anna schien es zu glauben, denn sie sagte „Dann ist ja gut, ich dachte schon es sei sonst was passiert."

„So also was wolltest du fragen?", lenkte ich ab. „Ah stimmt, ich wollte fragen ob du Lust auf ein Mädelsabend bei mir hast?" „Aber sicher doch", sagte ich und zwang mir ein Lächeln auf. Sie hatte ja keine Ahnung wie perfekt sie mit ihrem Vorhaben kam. Alles war besser als jetzt hier rumzusitzen. Daher kam mir dies sehr gelegen. „Perfekt", grinste Anna und zerrte mich an meinem Arm aus der Wohnung. Ich liebte dieses Mädchen.
Auch wenn ich ihr nicht alles anvertraute betrachtete ich Anna mehr als meine Familie als meine eigentliche. Sie war immer für mich da und ich wusste, sie würde mich niemals verurteilen und ich konnte ihr voll und ganz vertrauen.
Und dennoch, ich war ein Mensch der nicht gerne seine Schwächen zeigte.

Ich saß mittlerweile neben Anna auf dem gemütlichen Sofa und wir stopften uns mit Popcorn und Chips voll. Nebenbei lief ein Film, aber wir passten nicht wirklich auf, da Anna mir gerade eine schräge Geschichte erzählte, die mich zum Lachen brachte. Doch wir wurden aus dem Gespräch gerissen, als mein Handy auf einmal vibrierte. Ich schaute auf die Nachricht und riss erschrocken meine Augen auf. Jacob hatte mir doch tatsächlich eine Nachricht geschrieben:
Ich komme morgen vorbei, um 5.

„Dieser Idiot. Der sollte mich eher mal fragen ob ich da überhaupt Zeit habe", fluchte ich und sah böse auf mein Handy. „Wer? Was?", sah mich Anna interessiert an. „Jacob", sagte ich knapp. Kaum hatte ich den Namen ausgesprochen weiteten sich Annas Augen „Der Jacob? Der neu auf unsere Schule gekommen ist und unfassbar gut aussieht?", fragte sie. „Genau der", sagte ich. „Aha und was will er von dir?", fragte sie und wackelte mit den Augenbrauen. Ich warf ihr einen Todesblick zu, was Anna allerdings nur noch mehr zum Lachen brachte. „Ach halt doch die Klappe, wir müssen nur was für die Schule machen. Mach dir mal nicht zu große Hoffnungen" und warf ein Kissen gegen ihren Kopf. „Ey", quickte sie auf und warf es zurück. Das ganze geriet in eine Art Kissenschlacht und wir warfen uns am Ende beide erschöpft auf das Sofa und lachten.

Ich schaute auf die Uhr und sah Anna an „Ich muss langsam echt mal los, wir haben schon kurz nach Mitternacht." „Oh shit, schon so spät?" , fragte sie erschrocken und sprang auf. „Ja, ich brauche noch etwas Schlaf sonst schaffe ich Schule morgen nicht", sagte ich lachend und unterdrückte dabei ein Gähnen. Und erst jetzt spürte ich, wie müde ich eigentlich war. „Geh ruhig, ich schaffe das alleine hier aufzuräumen", sagte Anna, die meine Müdigkeit anscheinend gemerkt hatte. Ich nickte ihr dankend zu, verabschiedete mich noch schnell von ihr und lief schleppend die Treppen zur Wohnung hoch.

Ich hatte eigentlich gar keine Motivation jetzt da reinzugehen. Ich wusste nicht wie meine Mutter drauf war und ob sie es meinem Vater gesagt hatte oder nicht. Mein Herz raste als ich die Tür leise aufschloss. Ich betete echt, dass alle einfach schon schliefen. Langsam schloss ich die Tür hinter mir und sah mich verstohlen um, aber es schien alles still zu sein. Erleichtert atmete ich aus.

Ich schlich auf leisen Solen in mein Zimmer und schloss dir Tür. Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen. So saß ich dort eine Weile und versuchte meine Gedanken zu sammeln. Ich hatte Angst vor morgen, da ich nicht wusste, wie meine Mutter mit der Sache umgehen würde. Glaubte sie mir überhaupt? Ich schüttelte meine Kopf, stand langsam auf und schlüpfte in meine gemütlichen Schlafsachen. Ich putzte mir noch schnell die Zähne, bevor ich müde und erschöpft in mein warmes, weiches Bett fiel.

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