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Keyla

„Das sind Cayleb und Keyla", antwortete er der Frau. Ich mochte sie nicht, ihre Art war einfach schlimm. Sie guckte mich mit hochgezogen Augenbrauen an. Aber was sie konnte, konnte ich auch. Ich zog ebenfalls eine Augenbraue leicht an und musterte sie mit einem Ausdruckslosen Blick. „Und was wollen die?", fragte sie, obwohl sie das Die besonders betonte.

„Setzt dich doch erst mal", sagte Markus und Naomi wendete ihren Blick von mir zu ihm ab. Ich lächelte kalt und bekam dafür einen bösen Blick von ihr. Was für eine Bitch. Was findet er nur an ihr? Ah warte, sie hat Geld. Erbärmlich Markus, einfach nur erbärmlich. Selbst deine Kinder vergisst du. Ich schüttelte nur kaum merklich den Kopf und wendete mich wieder Markus zu, neben dem jetzt auch Nanni, Naomi oder wie auch immer saß.

„Ich weiß nicht", hörte ich sie gerade sagen. „Ach häschen es ist doch nur Cayleb", sagte mein Vater zu ihr. Ich musste mich echt zusammenreißen, um nicht gleich laut loszulachen. Das war ja hier besser als jede Comedy show. „Na schön, aber wenn er hier auch nur irgendwas kaputt macht, geht er", sagte sie und schaute dabei rüber zu Cayleb und rümpfte hier Nase. „Alles was du sagt." Okay Markus hatte sich extrem verändert, diese komische Frau tat ihm nicht gut. Und ich wurde mir immer unsicherer, ob es Cayleb hier so viel besser gehen würde. Aber ich vertraute jetzt einfach auf die Vaterliebe. Ich meine Schlimmer als bei Cara konnte es gar nicht werden.

„Ich geh dann mal", sagte ich kühl und erhob mich ruckartig vom Sofa. „Ich begleite dich noch zur Tür", sagte Markus und stand ebenfalls auf. Ich nickte nur und lief auf Cayleb zu. „Tschüss mein großer und pass auf dich auf", flüsterte ich und schloss ihn fest in meine Arme. Auch wenn er mich manchmal nervte, würde ich ihn sehr vermissen. „Ich komme dich besuchen, ja?", fügte ich noch hinzu und schob ihn leicht von mir weg, so dass ich sein Gesicht sehen konnte. Er nickte und sah mich dabei mit traurigen Augen an.

Ich erhob mich und lief Richtung Tür. Ich drehte mich noch einmal um und sagte zu Cayleb „Ruf mich an, wenn etwas ist." Dabei warf ich noch einen warnenden Blick zu Nanni, Natascha oder wie auch immer, war mir eigentlich scheiß egal.
Als ich den Raum verließ hörte ich Cayleb nur noch irgendetwas auf italienisch nuscheln, aber ich verstand es nicht mehr.

Vor der Tür zum Wohnzimmer blieb ich stehen, da mein Vater mich am Handgelenk packte. „Was ist?", schaute ich ihn verwirrt an. „Sag mal Key, warum bist du so traurig?" Ich schaute ihn entgeistert an. Was sollte die Frage denn jetzt? Kann er sich das denn nicht selber beantworten? Hat er sich das Gehirn weg gevögelt oder was?

„Warum sollte ich denn glücklich sein?", stellte ich kühl eine Gegenfrage. Er schaute mich überrascht an, da er anscheinend nicht mit dieser Antwort gerechnet hätte. „Ich-", doch er brach ab. Tja anscheinend hatte es ihm die Sprache verschlagen, ich grinste innerlich. Dann setzte ich ein falsches Lächeln auf und lief an ihm vorbei Richtung Haustür.

„Soll ich die fahren?", fragte mein Dad mich an der Tür. Überrascht sah ich zu ihm auf, das kam jetzt unerwartet. „Nein danke ich laufe lieber", sagte ich aber trotzdem, da ich irgendwie nicht so große Lust auf seine Gesellschaft gerade hatte, denn seine Worte hatten mich irgendwie extrem verletzt. Ich weiß nicht was mit ihm los war, aber ich wollte den alten wieder haben. Der, der immer alles versucht hat, dass es mir gut geht. Der, der da war nachdem das alles mit Cara rausgekommen ist. Aber wenn ich jetzt in seine Augen schaue, sehe ich dieses liebevolle nicht mehr.

Geld verändert also doch Leute, nur das es meinen Vater treffen würde, hätte ich nicht gedacht. Aber in meinem Leben passierten generell so viele Dinge in letzter Zeit, die ich niemals erwartet hätte. Also sollte mich das ganze hier auch nicht aus der Fassung bringen.
Man konnte eben nicht alles im Leben haben. Und perfekt war das Leben schon mal gar nicht.

Ich setzte mich in Bewegung und war schon dabei die Treppen runterzugehen, als mein Vater mir hinterher rief „Na gut und Keyla..." „Ja?", fragte ich und drehte mich dabei  zu ihm um. „Pass auf dich auf", sagte er und lächelte zaghaft. „Klar, mach ich doch immer", antwortete ich ihm und war irgendwie verwirrt darüber. Ich meine wie kann man so schnell von einer Emotion zur nächsten wechseln, vor allem er. Das passte nicht zu ihm. Aber Menschen können sich ändern, dass hatte ich schon oft zu spüren bekommen.

Es fing schon leicht an zu dämmern, als ich das Haus verließ. Aber ich wollte nicht nach Hause, zumindest noch nicht. Kurzerhand entschloss ich heute schon meine Sachen bei Jacob abzuholen, ich meine ich war ja jetzt eh schon in der Nähe. Von hier aus waren es gerade mal zehn Minuten bis zu seinem Haus. Also drehte ich mich um und lief in entgegengesetzter Richtung weiter. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt gewusst, was gleich alles passieren würde, wäre ich wahrscheinlich nie umgedreht. Zu blöd, dass man nicht in die Zukunft schauen kann.

Ich lief durch die leeren Straßen, in dem Noblen Wohnviertel. Ich fröstelte leicht und rieb mir die Arme, da es jetzt doch schon recht frisch geworden war. Ich liebte es durch diese Straßen im Dunkeln zu laufen. Irgendwie hatte es etwas entspanntes an sich, man konnte einfach die Stille genießen und einfach mal nicht denken. Ab und zu fuhren zwar schicke Sportwagen durch die Straßen, aber ansonsten war es komplett still. Musste bestimmt schön sein in so einer ruhigen Wohngegend zu wohnen. Und wahrscheinlich sehr langweilig, definitiv ein Minuspunkt.

Doch plötzlich hörte ich einen Lauten Schrei. Ich zuckte erschrocken zusammen und blieb ruckartig stehen. Oh Gott was war das denn jetzt bitte? Mein Herz fing etwas schneller an zu schlagen. Ich schaute mich aufmerksam um, sich erblickte niemanden. Langsam beruhigte ich mich wieder und setzte mich zügig in Bewegung, ich meine ich wollte ja heute auch noch mal ankommen.

Ich wollte gerade um die nächste Ecke biegen, als ich schon wieder einen Schrei hörte. Das durfte doch nicht wahr sein. Jetzt fuckte mich das ehrlich gesagt einfach nur ab. Ich wollte doch einfach nur meine Ruhe haben.

Langsam schaute ich um die nächste Ecke und stöhnte genervt auf. Da waren drei kleine Kinder, die Springseil auf der Straße sprangen. Ich verdrehte genervt meine Augen und lief an ihnen vorbei, allerdings nicht ohne ihnen einen wütenden Blick zuzuwerfen. Sie schauten mich erschrocken an doch ich fauchte nur „Was?", fauchte ich. Mich nervten kleine Kinder einfach nur. Die kleinen Kinder zogen erschrocken ihre Köpfe ein und wendeten sich schnell wieder ihrem Sprungseil zu. Ich seufzte genervt auf und lief weiter.

Als ich vor dem großen Tor zum stehen kam atmete ich noch einmal tief ein und betätigte dann die Klingel. Das konnte ja jetzt was werden. Denn irgendwie wusste ich noch nicht so recht, wie ich jetzt mit der Situation umgehen sollte. Waren wir jetzt irgendwie zusammen oder war es einfach nur ein Kuss oder was? Meine Gedanken überschlugen sich. Doch die Stimme aus dem Lautsprecher holte mich wieder in die Realität zurück. „Name?", dröhnte eine weibliche Stimme aus dem Lautsprecher. „Keyla Johnson", antwortete ich. „Zu wem wollen sie?" „Zu Jacob, meine Sachen abholen, die ich letztes mal vergessen habe." „Sie stehen aber erst für morgen drin", sagte die Stimme. Meine Güte war das etwa so kompliziert, ihn besuchen zu können?

„Ob heute oder morgen ist doch egal. Können sie jetzt bitte das Tor aufmachen, mir ist arschkalt", antwortete ich genervt. Und tatsächlich, ich hörte das Summen vom Tor und es öffnete sich langsam. Ich lächelte zufrieden und lief zur Haustür. Dort machte mir eine Frau auf und wies mir an auf dem Sofa im Wohnzimmer auf Jacob zu warten, da er gerade noch beschäftigt war. Ich war zwar genervt, setzte mich aber trotzdem ins Wohnzimmer und wartete.

Ich lief unruhig im Wohnzimmer umher, da ich echt nicht gut im warten war. Ich hatte absolut keine Geduld. Der sollte sich mal beeilen. Aber gut ich durfte nicht böse auf ihn sein, ich meine eigentlich sollte ich ja erst morgen kommen. Ich wollte mich gerade wieder aufs Sofa setzten, als ich ein Schrei hörte. Nicht schon wieder. Ich stöhnte genervt auf und ließ mich aufs Sofa fallen.

Als ich allerdings noch einen Schrei hörte, wurde ich neugierig. Andere hätten jetzt wahrscheinlich Angst bekommen, ich aber war einfach nur neugierig. Also lief ich dem Schrei nach, was mich direkt in den Keller führte. Spätestens da hätte ich Angst bekommen sollen, aber die hatte ich nicht. Warum? Ja ich weiß es auch nicht.

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