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Keyla

Ich war enttäuscht. Wir hatten uns versprochen keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben, aber ständig verheimlichte er was vor mir. Ich weiß er wollte mich anscheinend nur schützen, aber das ist kein Grund für mich.

Ich lief durch die dunklen Gassen, ziellos, mit zu vielen Gedanken im Kopf. Ich kickte wütend gegen eine Mülltonne und erschreckte mich, als eine miauende Katze hervorsprang. Ich sah die Katze grimmig an und lief dann weiter. Es war etwas frisch und ich fröstelte leicht. Und zu meinem Glück hatte ich auch keine Jacke dabei. Ich verschränkte meine Arme und lief schneller.

Bewusst oder unbewusst trugen mich meine Füße zu meinem Zuhause. Naja, wenn man das so nenne konnte. Ich blickte hinauf und sah Licht aus unserm Fenster brennen. Sie war also da und anscheinend wach. Ich seufzte leise auf und ging langsam zur Eingangstür. Ich drückte die schwere Eisentür auf und trat langsam in den dunklen, müffelnden Flur. Ich stieg langsam die Treppen zu unsere Wohnung rauf. Mein Herz pochte etwas. Ich wusste nicht was mich erwarten würde, es war immer eine Überraschung mit meiner Mutter.

Ich öffnete die Tür leise und ging durch den Flur zur Küche, in der ich das Licht gesehen hatte. Es war still, fast zu still. „Hallo?", rief ich, doch bekam keine Antwort. Ich ging in die Küche, aber fand keinen vor. Ich blickte mich um. Auf dem Boden lagen leere Bierdosen und eine Vodka Flasche, die ausgelaufen war. Ich hielt mir angewidert die Nase zu, denn es stank extrem nach Alkohol und verschimmelten Essen. Der Kühlschrank stand sperrangelweit offen. Ich stieg über den Abfall am Boden und schloss den Kühlschrank.

Schnell verließ ich die Küche wieder und ging ins Wohnzimmer, wo ich Cara auf dem Sofa liegen sah. Ihr Anblick erschreckte mich. Sie war abgemagert und hatte dunkle Augenringe. „Cara?", fragte ich leise und setzte mich vor sie. Sie setzte sich langsam auf. „Wer sind sie?", lallte sie und bekam dabei fast ihre Augen nicht auf. Mein Herz setzte für einen Moment aus. „Mum?", fragte ich mit zittriger Stimme. „Ich bin Keyla, deine Tochter", flüstere ich. Sie nickte nur leicht und griff wieder nach ihrer Bierdose.

Es tat weh, mehr als ich zugeben wollte. Keine Ahnung ob sie jetzt wusste, wer ich war oder ob es ihr schlichtweg egal war. Ich schaute mich um und entdeckte einen Zettel auf dem Wohnzimmertisch. Ich nahm ihm und las ihn mir durch. „Cara, verdammt, was ist das?", schrie ich sie an. „Nicht so laut", entgegnete sie mir mürrisch. „Ist das dein scheiß ernst? Die Wohnung muss geräumt werden." „ach das drohen die schon die ganze Zeit", winkte sie gleichgültig ab. „Ich versteh dich einfach nicht", sagte ich. „Wie kann dir alles so verdammt egal sein?"

Cara sah mich an „du, alles deine Schuld. Du hast mir alles genommen. Damals, als du geboren wurdest, war mein Leben zu Ende. Damals hab ich alles verloren." Ich schaute sie an und eine Träne lief über meine Wange. Sie hasste mich aus tiefstem Herzen. „Weißt du damals, hatte ich das perfekte Leben, einen perfekten Mann. Ich war seine Affäre, aber er hat mir versprochen, dass er mit mir abhaut. Tja, aber dann wurde ich mit dir schwanger." „warum hast du mich dann nicht einfach abgetrieben?", flüsterte ich mit schmerzverzerrter Stimm. Sie lachte leicht auf „Ich wollte, aber ich dumme Kuh hab's leider zu spät erfahren. Angelo wollte, dass ich dich abtreibe." Sie stockte kurz und nahm sich die Weinflasche. „Aber ich konnte es nicht mehr tun, also bin ich abgehauen. Hab alles verloren. Mein schlimmster Fehler im Leben warst du", beendete sie ihren Satz.

Ich schaute sie einfach nur an. Ich wusste ja schon immer, dass sie mich hasste, aber jetzt wusste ich die Wahrheit und es tat weh, so undenklich doll. „Ich hoffe du wirst glücklich mit deinem scheiß Alkohol und danke dass du endlich mal die Wahrheit gesagt hast", schaute ich sie an und stand auf. Keine Ahnung, warum ich noch mal hier her gegangen war, alles mit diesem Ort verband ich mit Schmerz. „Ja hau endlich aus meinem Leben ab und komm nie wieder", schrie sie mich an. Sie warf die Weinflasche in meine Richtung, aber ich konnte noch rechtzeitig ausweichen. Ich sah sie mit aufgerissenen Augen an und drehte mich dann einfach wortlos um.

Ich lief schnell in mein Zimmer und verschloss die Tür. Ich ließ mich die Tür hinunter gleiten und fing an zu weinen. Ich war nicht die starke Person, die ich vorgab, irgendwann wurde es alles zu viel. Ich hasste mich gerade einfach nur selber. Warum war ich nur so dumm und bin wieder gekommen? Wie konnte ich mir einreden, dass sie sich vielleicht geändert hätte oder mich vermisst hätte. Es tat weh zu wissen, dass einen beide Elternteile niemals wollten. Ich stand langsam wieder auf und lief zu meiner Schreibtischschublade. Ich durchwühlte sie ein bisschen, bis ich eine kleine Plastiktüte fand.

Zwei Pillen waren noch drin. Ich machte die Tüte auf und holte die zwei Ecstasy Pillen heraus und schob sie in meinen Mund. Ich ließ mich erschöpft auf mein Bett fallen. Ich hatte lange schon keine Drogen mehr genommen, aber ich wollte gerade einfach all meine Gefühle betäuben, ich wollte mich einfach nur frei und glücklich fühlen. Ich stand wieder auf und schlich langsam aus der Wohnung. Ich schloss die Tür hinter mir und legte meinen Schlüssel vor die Tür. Ich würde niemals wieder hierher kommen. Schnell lief ich die Treppen runter und atmete die frische Nachtluft ein.

Ich lief wieder durch dunkle Gassen und langsam spürte ich die Wirkung der Droge. Mein Körper entspannte sich und ich legte meinen Kopf lachend in den Nacken. Leicht euphorisch sprang ich durch die Straßen und fühlte mich federleicht. Ich lachte und drehte mich einmal im Kreis. Ich hatte endlich wieder Energie und fühlte mich lebendig. Ich wurde unvorsichtig und lief auf die Straße, aber in dem Moment war mir alles egal.

Plötzlich hielt ein schwarzes Auto neben mir. Ich blickte zu dem Fahrer und winkte ihm zu. „Du solltest nicht alleine mitten auf der Straße laufen", rief er mir zu. „Kann dir doch egal sein", lachte ich. „Und alleine mitten in der Nacht sollte ein Mädchen wie du auch nicht hier sein", hörte ich plötzlich eine tiefe Stimme dich an meinem Ohr. Ich drehte mich leicht erschrocken um und blickte in tief grüne, gefährlich schimmernde Augen. „Und du bist wer, um mir das zu verbieten?", gluckste ich. Er schaute mich kritisch an „du bist High", stellte er fest. „Und jetzt?", fragte ich.

„Tja, da tust du uns einen Gefallen", lächelte er. „Inwiefern?", fragte ich. „Um dich mitzunehmen", grinste er. „Ich komm aber nicht mit", sagte ich. „Dir bleibt keine Wahl, Schätzchen", sagte er und zog plötzlich meine Arme nach hinten. „Ey", rief ich empört. „Ich glaub du solltest erst mal deinen Rausch ausschlafen, so bringst du uns nichts", sagte er und holte mit seiner Faust aus. Das nächste was ich sah war schwärze.

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