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Keyla

„Und was sollen wir jetzt genau machen?", fragte ich und sah ratlos auf das leere Blatt in meiner Hand. „Keine Ahnung, woher soll ich das wissen", zuckte Jacob gleichgültig mit den Schultern.

Er hatte es sich auf dem Boden vor dem Aquarium gemütlich gemacht und schaute auf die Fische. Mister Brown hatte irgendwas von Fische beobachten gesagt, aber wenn ich ehrlich bin hatte ich drauf absolut keine Lust. Also ließ ich mich neben Jacob auf den Boden fallen und seufzte. Er schaute mich schmunzelnd an und ich fragte genervt „Was?" „Siehst amüsant aus", sagte er. Ich warf ihm nur einen Todes Blick zu und starrte mit gespielter Konzentration auf die Fische.

„So was langweiliges", schnaubte ich entrüstet, was Jacob anscheinend wieder zu amüsieren schien denn er schaute mich mit einem schiefen grinsen von der Seite an. „Was?", fauchte ich. „Ich habe da so eine Idee", erwiderte er. Ich schaute ihn fragend an, doch er war schon aufgesprungen. „Komm mit", sagte er zu mir und streckte mir seine Hand entgegen. „Wir hauen ab." Ich griff nur perplex seine Hand und ehe ich mich versah, hatte er mich hochgezogen.

Ich prallte durch den Schwung voll gegen seine Brust und er hielt mich einen Moment fest. Ich schaute zu ihm hoch und er grinste. Jacob ging einen Schritt zurück, um zwischen uns einen Abstand zu bekommen und lief los, immer noch meine Hand festhaltend. „Denkst du das ist eine gute Idee?", fragte ich außer Atem. „Meine Ideen sind immer gut", zwinkerte er mir zu und drehte sich wieder um.

Wir schlichen uns aus dem Gebäude raus, obwohl ich immer noch leicht skeptisch war. „Wo gehen wir hin?", fragte ich genervt, da wir jetzt schon seit einer halben Ewigkeit durch die Straßen liefen. „Überraschung", sagte er nur. Na toll, ich lief hier alleine mit einem Jungen durch die Stadt, den ich nicht mal richtig kannte und das auch eigentlich nicht ändern wollte. Aber er schien andere Pläne zu haben.

Er blieb stehen. Ich schaute ihn an „Hier wolltest du hin?", fragte ich überrascht, denn wir standen vor einem großen und edlen Hotel mitten in der Stadt. Das musste bestimmt mehrer Millionen Euro wert sein. „Wart's ab", zwinkerte er mir lächelnd zu.
Er griff meinen Arm und zerrte mich in das Haus rein. Wir stiegen alle verdammten Treppen nach oben und ich kann euch sagen das waren viele. Ganz oben blieb er stehen und öffnete eine Luke im Dach und zog eine Leiter runter.
Er stieg die Leiter hoch und ich machte es ihm gleich. Als ich fast oben war, streckte er mir seine Hand entgegen. „Komm", rief er und zog mich hoch.

Nach einer kleinen Verschnaufpause richtete ich mich auf. „Die sportlichste scheinst du ja nicht zu sein", lachte Jacob. „Sehr lustig", sagte ich schnippisch, was ihn nur noch mehr zum Lachen brachte. „Wow", stieß ich hervor, als ich meinen Blick über die Häuser schweifen ließ. „Ich weiß", sagte er und lief quer über das Dach und setze sich an den Rand des Hochhauses. Ich lief ihm vorsichtig nach, da mir die Höhe doch etwas Angst machte. „Wie hast du den Ort gefunden?", fragte ich ihn und setzte mich neben ihn.
„Wenn man die Augen aufhält findet man alles", zuckte er mit den Schultern. „Jaja als ob man das einfach so findet. Ich meine hast du dir mal das Hotel angeschaut?" entgegnete ich ihm. „Mit ein bisschen Glück", sagte er und grinste. 
Ich glaubte ihm zwar nicht so recht, ließ es aber dabei.

„Warum bist du eigentlich auf unsere Schule gekommen?", fragte ich ihn, da es mich wirklich interessierte. „Bin umgezogen", entgegnete er mir schlicht. „Warum?", hakte ich weiter nach. „Wegen der Arbeit meiner Eltern", sagte er und grinste „Warum so interessiert?" „Nur so", sagte ich schnell und wendete meinen Blick von ihm ab, aber ich sah noch wie er anfing zu grinsen. Jacob zündete sich einen Zigarette an und bot mir auch eine an, doch ich lehnte ab. „Ich dachte du rauchst?", fragte er skeptisch. „Manchmal und eigentlich nur auf Partys", antwortete ich ihm. „Aha also ein Partyraucher", lachte er. „Wenn du's so nennen willst, bitte", sagte ich lachend und wandte meinen Blick wieder den Häusern zu.

Wir saßen eine Weile schweigend nebeneinander bis Jacob mich fragte „Und du?" „Was?", wollte ich verwirrt wissen. „Lebst du schon immer hier?" „Ja, soweit ich mich erinnern kann ja" Ich schweifte kurz mit meinen Gedanken ab. Das eine Jahr habe ich 200 km von hier weg gelebt, wenn man das überhaupt leben nennen konnte. Aber das musste er ja jetzt wirklich nicht wissen. Nicht mal meine beste Freundin wusste das, da wir uns erst ein Jahr später kennengelernt hatten. Ich fresse lieber meine Probleme in mich rein, als mich anderen Menschen anzuvertrauen, das war schon immer so.

„Hey alles klar bei dir?", fragte mich Jacob und stupste mich mit seiner Schulter an. „Ja alles klar, aber gib mir doch mal nh Zigarette", sagte ich, da er anscheinend meinen abwesenden Blick gesehen hatte. Ohne es zu hinterfragen gab er mir einen und ich zündete sie an. Die Zigarette beruhigte mich ein bisschen und wir saßen eine Weile einfach schweigend da.

„Ich glaube wir sollten gehen, ansonsten fällt es noch auf, dass wir weg waren", sagte ich nach einer Weile. „Na dann los", entgegnete mir Jacob und sprang auf.

„Oh shit", fluchte Jacob und stieß mich wieder hinter das Gebäude. „Was denn?", fragte ich verwirrt. „Wir sind anscheinend zu spät, die stehen alle schon draußen", lachte er. „Nicht im Ernst jetzt, oder? Und was jetzt?", fragte ich. „Spiel einfach mit", grinste er mich an und zog mich hinter sich her.

„Da seid ihr ja", rief Mister Brown uns schon von weiten vorwurfsvoll entgegen. „Wo wart ihr?", fragte er streng.
„Es tut mir wirklich sehr sehr leid Mister Brown, aber Keyla wurde schlecht und hätte fast vor das Aquarium gekotzt", sagte er gespielt ernst. Ich schaute ihn kurz böse an, doch dann erwiderte ich „Ja das stimmt, ich habe mir anscheinend den Magen verdreht." Er schaute zwischen uns beiden ungläubig hin und her.
Um ihn zu überzeugen musste ich also noch eine Schippe drauf legen.

„Ich hatte gestern Abend Sushi und mir ging es schon den ganzen Tag nicht gut", fuhr ich fort und hielt meinen Bauch.
„Und dann als ich die ganzen Fische sah, kam alles hoch und wir sind schnell raus. Ansonsten hätte ich vor die Fische gekotzt und ich glaube das wäre nicht so schön gewesen." Mister Brown räusperte sich und sagte „ Ja Keyla, du sieht's auch nicht wirklich gut aus." Oh wow danke, wie nett, doch ich nickte zustimmend und hielt immer noch meinen Bauch. „Aber nächstes mal sag ihr Bescheid, wenn ihr das Gebäude verlasst", ertönte es von ihm, ehe er sich umdrehte und zu den andern Schülern ging.

Ich schaute zu Jacob, der mich ungläubig anschaute „Woher kannst du so gut lügen?" „Tja jeder hat so seine Talente", sagte ich und wir beide fingen schallend an zu lachen.

BreathtakingWo Geschichten leben. Entdecke jetzt