Kapitel 1

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Mein Leben hatte sich mittlerweile wieder eingespielt. Als ich 16 Jahre alt war, starben meine Eltern bei einem Autounfall. Es kam ziemlich plötzlich und auch unerwartet, weswegen das Ganze umso schwieriger für mich war. Diese Phase war echt nicht schön. Ich wollte keinen sehen und mit niemanden darüber sprechen. Doch zum Glück gab es da meinen Onkel. Er war der Bruder meiner Mutter und kümmerte sich seit ihrem Tod um mich. Er hatte mich wieder aus meinem Loch geholt und mich wieder in die Zivilisation integriert.

Da mein Onkel ein Hotel besaß, hatte er mir angeboten, dort auszuhelfen. Ich hatte schon Arbeitserfahrung sammeln können und deshalb mit Freude zugesagt.

In dem Hotel arbeitete ich häufig am Empfang, da ich sehr gut mit Kunden umgehen konnte. Theoretisch hätte ich auch in der Küche helfen können oder auch beim Putzen der Zimmer, aber in dem Bereich wollte mich mein Onkel nicht. Er meinte, dass es besser zu mir passen würde, im ständigen Kontakt mit Menschen zu sein.

Und er hatte Recht, ich mochte es sehr, im Hotel am Empfang zu sein. Es war zwar manchmal etwas zu ruhig, um ehrlich zu sein, aber das Arbeiten im Hotel war nicht mein einziger Job. Ich arbeitete abends in einer kleinen Bar.

Den Job hatte ich tatsächlich schon vor dem Tod meiner Eltern und war total dankbar, dass ich ihn, trotz meiner Down-Phase, behalten konnte. Schließlich gab es wahrscheinlich sehr viele, die in meinem Alter gerne in einer Bar in LA arbeiten wollen würden.

Aber ich verstand meinen Chef, ich würde auch nicht meine beste Mitarbeiterin verlieren wollen. Eigenlob, ich weiß, aber es war einfach so. Generell war feiern noch nie so mein Fall, aber hinter der Theke war das vollkommen okay. Daher kam auch mein Umgang mit Menschen - die Erfahrung in der Bar und auch im Hotel.

Theoretisch wäre das schon genug, um ein Leben führen zu können, aber ich studierte nebenbei auch noch Psychologie. Das machte eigentlich sogar echt Spaß, da man so Menschen viel besser einschätzen konnte. Man lernte dort echt viel und das Gute war, dass ich nur zwei mal die Woche hin musste. So lief das nebenbei mit und nahm nicht meine ganze Zeit in Anspruch.

Ist aber irgendwie auch ironisch, da ich psychisch echt am Ende war. Ich war sogar selbst beim Psychologen, aber hätte ich meinen Onkel nicht gehabt, wäre ich wahrscheinlich ausgewandert oder mir wäre sonst irgendwas passiert. Aus diesem Grund war ich ihm auch so dankbar. Er ließ mich im Hotel wohnen und ich war nicht alleine.

Die meisten Mitarbeiter im Hotel wussten über mich auch Bescheid. Sie wussten, dass meine Eltern tot waren und ich deswegen viel durchmachen musste. Manchmal hatte ich auch das Gefühl, dass sie mich anders behandelten. So vorsichtig... Sie fragten mehrmals am Tag, ob bei mir alles okay sei. Es war zwar nett von ihnen, aber manchmal waren sie zu fürsorglich.

Wenigstens kannten die ganzen Besucher des Hotels meine Geschichte nicht. Am Ende wären sie genauso fürsorglich gewesen. Das war auch das Schöne an meiner Arbeit, ich hatte das Gefühl, als wäre ich ein normales 19-jähriges Mädchen und nicht das zerbrechliche Kind, welches ohne ihre Eltern leben musste.

Deswegen, mittlerweile war ich wieder die, die ich immer war. Ich hatte wieder den Weg ins Leben gefunden. Mein Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl hatte ich auch wieder erlangt.

Das Einzige, was flöten gegangen war, war mein Vertrauen in Menschen. Nach dem Tod meiner Eltern hatten sich eigentlich meine ganzen "Freunde" gegen mich gestellt und alleine gelassen. Aber gut, es hätte noch schlimmer kommen können. Schlimmer geht's immer.

Und wie sich herausstellte, stimmte diese Aussage tatsächlich.

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