Kapitel 42

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Mimmis Sicht

Fast 3 Tage sind vergangen, nachdem ich von Milan und den anderen weggegangen bin. In der Zeit war es ruhig, fast schon zu ruhig. An mein normales Leben hatte ich mich allerdings wieder sehr schnell gewöhnt, da alles so lief, wie es sollte.

Ich konnte wieder meiner Arbeit im Hotel am Empfang nachgehen, John in der Bar aushelfen und auch wieder die Uni besuchen. Es war, als wäre ich nie weg gewesen.

Nur meinem Onkel musste ich die Situation irgendwie erklären. Ich hatte ihm zwar gesagt, dass Milan und ich nun von unserer Reise zurück seien, aber er war trotzdem skeptisch, dass er uns nicht zusammen gesehen hat. Lange konnte ich ihm diese Lüge nicht mehr auftischen.

Erstaunlicherweise hat Vanessa gar nicht so viele Fragen gestellt, wie ich es eigentlich vermutet hatte. Sie wirkte relativ normal und hatte sich nur für mich gefreut. Keine Fragen, rein gar nichts. Zum Glück.

Doch ich musste die ganzen Tage, die geschehen sind, erst einmal beiseite lassen. Nur für einen Tag. Meine Gedanken lagen nämlich woanders. Schließlich war heute der Tag, an dem ich an der Uni eine wichtige Prüfung schreiben musste. Da durfte nichts schief gehen.

Mit einem gemischten Bauchgefühl stand ich vor meinem Kleiderschrank und suchte mir ein Outfit raus. Bei Milan hatte ich zwar deutlich mehr Auswahl, aber bei mir konnte ich mir wenigstens die Klamotten raussuchen, die ich am liebsten mochte. So entschied ich mich für ein schwarzes, luftiges Kleid, welches kleine bunte Blümchen aufgestickt hatte, und für meine weißen Sneakers.

Ich griff noch schnell nach meiner Handtasche und machte mich nun auf den Weg nach unten. Ein Blick auf mein Handy verriet mir, dass ich noch genug Zeit hatte. Schließlich wollte ich noch los in ein Café, um mir mal wieder einen Caffè Latte zu holen.

Glücklicherweise gab es ganz in der Nähe ein Café, das den besten Caffè Latte der Welt hatte. Gleichzeitig war das auch mein Lieblingscafé. Die paar Meter dahin konnte ich auch zu Fuß gehen, doch ich musste darauf achten, anschließend meinen Bus nicht zu verpassen.

Das Café war eigentlich relativ klein, dafür dass es sich in Los Angeles befand. Doch gerade deswegen mochte ich es so sehr. Zudem war es ein guter Platz um sich zu entspannen, da nie wirklich viel los war.

"Einen Caffè Latte, bitte.", orderte ich, als die Dame vor mir fertig war. "Kommt sofort.", entgegnete der Mitarbeiter, der ungefähr in meinem Alter war.

Während ich warten musste, zog ich mein Handy aus meiner Tasche und musste lächeln, als ich die Nachricht meines Onkels las. Viel Glück heute bei deiner Prüfung. Du schaffst das schon.

"Mimmi? Bist du es wirklich?", hörte ich eine mir bekannte Stimme und sofort verspannte sich mein ganzer Körper. Das konnte doch wohl nicht wahr sein. Lieber Gott, bitte sage mir, dass ich mich gerade verhört hatte.

Ich blickte von meinem Handy auf und traf auf das eisige graue Augenpaar, das ich einst so geliebt hatte. Hinter ihm standen die andern drei und sahen mich lächelnd an.

"Nein, ihr verwechselt mich.", meinte ich trocken und sah wieder zur Theke, wo mein Getränk aber natürlich noch nicht fertig stand. "Schön dich wiederzusehen. Wie geht's dir?", kam es von ihm, doch ich reagierte nicht. Dafür hatte er mich zu sehr verletzt, dass er ein Gespräch mit mir verdient hätte.

"Wir haben dich vor ein paar Tagen in einem echt coolen Auto an der Schule gesehen und jetzt hier. Das ist voll der Zufall. Ich hoffe dir geht es gut, Süße.", erklang die piepsige Stimme meiner ehemaligen besten Freundin. Ich antwortete immer noch nicht.

Sie haben mich allesamt verletzt. Denn genau das waren meine Fake-Freunde aus meiner Schulzeit. Die Menschen, die alles für mich waren, doch kaum hatte ich sie mal gebraucht, waren sie natürlich nicht mehr da. Nach dem Tod meiner Eltern hatten sie mich alleine gelassen und sich nicht mehr nach mir erkundigt.

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