Kapitel 15

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Die Erkenntnis, dass ich Mario angeschossen hatte, saß immer noch tief im Magen. Gut, ich hatte ihn nur an seiner rechten Schulter getroffen, aber trotzdem war ich es, die ihn angeschossen hatte. Ich war in dem Moment einfach so sauer und dachte nicht nach.

Doch was war mit diesem Mädchen? Wer war sie überhaupt? Doch viel wichtiger war, was passierte jetzt mit ihr? Blieb sie dort einfach leblos liegen und jemand fand sie dann? Kehrte Mario nochmal zurück und kümmert sich darum?

Fragen über Fragen, die ich mir nicht beantworten konnte. "Was passiert jetzt mit dem Mädchen, also eher mit ihrer... naja... Leiche?", fragte ich, da ich selbst keine Antwort finden konnte. Diego sah mich durch den Rückspiegel an: "Dafür haben wir bestimmte Leute. In spätestens einer Stunde ist sie weg."

Ich schluckte. Er redete so darüber, als wäre es das normalste der Welt.

"Apropos, hast du schon da angerufen, dass die sich darum kümmern sollen?", fragte Diego Milan. "Ja.", gab Milan knapp von sich. Wobei ich mich echt fragte, wann er das gemacht hatte.

Ich konnte mir die ganze Situation einfach nicht erklären. Es war echt zu viel für einen Tag. Noch mehr Fragen bildeten sich in meinem Kopf und ich hatte Angst, dass dieser gleich explodieren würde.

"Wie habt ihr uns gefunden?", fragte ich wieder an Diego gewandt. Milan hätte mir das vielleicht auch plausibel erklären können, aber er ignorierte mich ja.

"Wenn Milan Marco oder mir seinen Standort schickt, ist das immer ein Zeichen. Wir wissen zwar nie, was uns dann erwartet, aber er schickt uns den ja nicht ohne Grund.", antwortete Diego. Ich nickte verstehend.

Als ich kurz mal zu Milan blickte, bemerkte ich, dass er mich die ganze Zeit wieder ansah. Ein nervöses Gefühl machte sich in mir breit.

"Woher wusstest du, wie man eine Waffe betätigt und hast ihn dann auch noch getroffen?", fragte mich nun Milan ruhig und Diego sah geschockt zu mir. Wahrscheinlich wusste er gar nicht, dass ich diejenige war, die Mario angeschossen hatte.

"Reine Glückssache. Denke ich mal. Aber ich habe gesehen, wie du die Waffe geladen hast, da konnte ich mir den Rest irgendwie selbst denken.", antwortete ich ihm, sah ihn dabei aber nicht an.

"Dass das sehr riskant war, muss ich dir nicht nochmal erklären, oder?" Nun sah ich zu Milan und nickte wieder. Ich verstand, dass er Recht hatte. Es hätte schief gehen können und hätte Mario nicht diesen Typen aufgehalten, hätte dieser wahrscheinlich auch mich getroffen.

"Wo hast du ihn denn getroffen, Mimmi?", fragte Diego mich neugierig. "An seiner Schulter.", versuchte ich mich kurz zu halten. Der Schock, dass ich ihn wirklich getroffen hatte, saß doch tiefer als gedacht. Was, wenn ich ihn schwerer verletzt oder sogar umgebracht hätte? Hätte ich mir das jemals verzeihen können?

Die Autofahrt kam mir gefühlte Ewigkeiten vor. Ich konnte nicht mal sagen, wie lange wir schon gefahren sind, geschweige denn wohin wir fuhren. Ob Diego uns zum Hotel fuhr? Oder hatte ich gerade mein eigenes Todesurteil unterschrieben?

"Mimmi, alles gut bei dir? Du siehst so blass aus.", gab Diego von sich. Auch Milan und Marco sahen nun zu mir. "Was? Ja, natürlich geht's mir gut.", sagte ich stotternd.

Diego fuhr rechts ran und drehte sich zu mir um. Auch Milan und Marco hatten sich nicht von mir abgewendet. "Mimmi, die Wahrheit.", bohrte Diego weiter nach. Sie glaubten mir nicht. Naja, ich glaubte mir selbst nicht einmal.

"Wie soll es mir schon gehen? Meine Eltern, die angeblich bei einem Autounfall ums Leben gekommen sind, waren bei der Mafia. Zudem wurden sie erschossen und hätte ich nur einen kleinen Fehler gemacht, hätte ich genau dasselbe bei Mario getan. Ich wäre nicht viel besser als der Mörder meiner Eltern gewesen. Also ja, mir geht es wirklich blendend.", kam es von mir und einzelne Tränen liefen mir wieder meine Wange runter. Schnell wischte ich diese aber weg.

"Du hast ihn aber nicht erschossen. Du hast ihn an der Schulter getroffen, das heilt wieder.", sagte Milan ruhig. Perplex sah ich ihn an. "Entschuldigung, dass ich mir Vorwürfe mache. Ich habe schließlich noch niemanden angeschossen oder umgebracht im Gegensatz zu dir.", erwiderte ich schnippisch.

Er verdrehte die Augen und wandte sich an Diego: "Fahr weiter." Diego seufzte. Hörte aber schließlich auf ihn.

Ich lehnte meinen Kopf wieder an die Fensterscheibe. War meine Aussage zu hart? Es war zwar die Wahrheit, aber jetzt im Nachhinein tat es mir schon leid. Schließlich war Milan eigentlich die ganze Zeit nett zu mir.

Generell, wenn ich so darüber nachdachte, wollten sie nichts Böses. Im Gegenteil eigentlich, nur durch sie kannte ich die Wahrheit über meine Eltern. Wären sie nicht gewesen, hätte ich vielleicht sogar nie die Wahrheit erfahren.

"Milan?", fragte Diego und wartete auf eine Reaktion seinerseits. "Hm?", kam es nur von Milan. "Du kennst Mario mit am besten, was denkst du, was er hier gemacht hat?", stellte Diego nun seine Frage.

"Schwer zu sagen, da dieser Typ unberechenbar ist. Wahrscheinlich Langeweile oder er kam von einem Treffen. Die Frau, die er erschossen hat, war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort.", antwortete Milan ihm.

Seine Worte wiederholten sich immer wieder in meinem Kopf. Genau so dachte ich das auch bei meinen Eltern. Ich dachte auch, dass sie einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort waren. Dass alles, was ihnen geschehen ist, reiner Zufall war. Doch ich wurde eines Besseren belehrt: sie wurden absichtlich erschossen und nicht aus Zufall.

"So, da sind wir.", sprach Diego und parkte das Auto auf einem von unseren Hotelparkplätzen. Ich atmete noch einmal tief durch, ehe ich die Autotür öffnete und mir die nächtliche Luft entgegen kam.

Gemeinsam gingen wir in Richtung Eingang und mit der Schlüsselkarte konnten wir auch das Hotel betreten. Um diese Uhrzeit kam man nämlich nur damit in das Hotel rein, da dies einfach zur Sicherheit galt.

Ohne ein Wort miteinander zu wechseln, betraten wir den Aufzug und warteten, bis dieser ganz oben angekommen war.

Dadurch dass ich nochmal an meine Worte an Milan dachte und ob diese nicht zu hart gewesen waren, bemerkte ich nicht einmal, wie die Türen des Aufzugs sich öffneten. Erst als alle drei schon vor der Zimmertür standen, betrat auch ich den kleinen Vorraum.

Diego und auch Marco gaben mir beide einen mitleidigen Blick, nur Milan blieb emotionslos. Naja, was erwartete ich auch, meine Worte haben offensichtlich schon gesessen.

Nachdem ich mit der Karte die Tür geöffnet hatte, betraten wir meine Suite. Ich lief als erstes auf das Waschbecken in der Küche zu und wusch mir meine Hände. Es fühlte sich irgendwie so an, als wären diese total dreckig.

"Ich, ich werd dann mal gehen.", sagte ich leicht schüchtern. "Wieso?", fragte Milan ernst. "Naja, ich hab euch die Suite überlassen und von Anfang an gesagt, dass ich woanders schlafen werde.", erwiderte ich relativ ruhig.

Schließlich war es die Wahrheit. Am Abend hatte ich ihnen gesagt, dass sie in meiner Suite bleiben könnten und ich mir was suchte. Milan verdrehte die Augen: "Und wo schläfst du?" Ich überlegte kurz. "Bei einer Freundin hier im Hotel, sie hat mich besucht.", log ich.

"Mimmi, lüg mich nicht an. Du bleibst hier und schläfst in deinem eigenen Bett. Wir werden jetzt gehen. Ende der Diskussion.", sagte Milan bestimmend und war im Begriff, seine Sachen zusammen zu packen. Währenddessen gab er Marco und Diego einen vielsagenden Blick.

"Milan, nein. Keine Ahnung, was gerade dein Problem ist, aber ihr werdet jetzt nicht einfach gehen und am Ende im Auto schlafen.", sprach ich mit fester Stimme.

Milan verdrehte erneut seine Augen. "Meinetwegen, trotzdem schläfst du in deinem Bett und Marco, Diego und ich auf der Couch. Keine Widerrede."

"Na, wenn's sein muss." Und mit diesen Worten verschwand ich in meinem Zimmer, schließlich hatte ich keine Lust auf weitere Diskussionen. Der Tag war mehr als nur anstrengend gewesen.

Doch wenn ich richtig darüber nachdachte, fragte ich mich:
Wenn ich heute morgen gewusst hätte, was alles an diesem Tag passieren würde, wäre ich dann überhaupt aufgestanden? 

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