Kapitel 19

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Ich scannte den Raum nach irgendwelchen Auffälligkeiten ab, aber nichts. Kein Zeichen von irgendwas. Es schien, als hätten hier niemals drei Männer geschlafen, die ich eigentlich nicht mal kannte. Ah doch, klar, fast vergessen, sie waren bei der verdammten Mafia, genau wie meine Eltern es waren. Wenn ich darüber nachdachte, war das doch absurd. War das wirklich alles geschehen oder hatte ich nur geträumt?

Wenn sie schon einfach gingen, hätte ich mal einen kleinen Zettel erwartet oder so. Doch gerade in der Sekunde fiel mir ein, dass sie ja noch meine Schlüsselkarte hatten. Nicht gut, gar nicht gut. Jetzt konnten sie eigentlich immer hier rein, egal ob ich nicht da war oder auch einfach schlief.

Ein Gefühl des Unwohlseins machte sich in mir breit, jedoch durfte ich daran jetzt nicht denken. Erstmal musste ich wieder an den Empfang, schließlich hatte meine Schicht vor drei Minuten begonnen.

Fast zwei Wochen waren vergangen und seitdem hatte ich auch nichts mehr von Milan, Diego oder Marco gehört. Nichts, rein gar nichts. Es wirkte, als hätte es die drei nie gegeben. Auch meine Schlüsselkarte kam nicht zurück. Ich hatte mich nochmals in meiner Suite umgeschaut, in der Hoffnung, dass sie die Karte doch da gelassen hatten, aber Fehlanzeige.

Das Schlimmste aber war, dass mich jeder im Hotel nach Milan fragte. Selbst mein Onkel hatte mitbekommen, dass ich ja jetzt einen ach so tollen Freund hatte. Zu meinem Glück stellte er aber nicht so viele Fragen, das übernahm nämlich Vanessa.

Eigentlich war es ja süß, dass sie sich so sehr für mich freute. Nur leider stimmte es nicht. Milan war nicht mein Freund, wie auch, ich kannte ihn ja kaum und gesehen hatte ich ihn auch nicht mehr.

Eine Schande, dass ich so oft an ihn erinnert wurde. Bis heute fragte ich mich, was der Sinn hinter seiner Aussage war. Was hatte es ihm gebracht, zu sagen, dass ich seine Freundin wäre?

Mal wieder wurde ich aus meinen Gedanken gerissen. Diesmal war es das Räuspern eines Mannes. Ich saß nämlich am Empfang und hatte offensichtlich gar nicht seine Anwesenheit wahrgenommen. "Hallo, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?", fragte ich lächelnd die asiatische Familie vor mir.

Der Mann erwiderte mein Lächeln und sprach mit einem leichten Akzent: "Wir hatten ein Zimmer gebucht für vier Personen auf den Namen Nguyen." Ich nickte kurz und tippte auf dem Computer rum.

"Da haben wir es ja, Zimmer 236. Die wichtigsten Infos haben wir ja schon geklärt. Hier ist Ihre Zimmerkarte.", sagte ich und schob ihm die Karte zu. Diese nahm er dankend an.

"Empfehlen tue ich Ihnen den Aufzug zu ihrer Rechten, da Sie so schneller an Ihr Zimmer kommen. Ist ein kleiner Insider-Tipp von mir.", fügte ich noch hinzu und lächelte.

"Seit letzter Woche ist es auch so, dass wir hier im Hotel eine Kinderbetreuung anbieten, falls sie daran Interesse haben sollten, melden sie sich gerne bei mir oder einer meiner Kollegen.", gab ich ihnen noch die letzte Info.

Er und auch seine Frau lächelten mich warm an, bedankten sich herzlich und machten sich dann auf den Weg Richtung Aufzug. Das mit der Kinderbetreuung hatte ich deshalb erwähnt, da sie noch zwei kleine Kinder dabei hatten im Alter von fünf und sieben Jahren, wie ich der Buchung entnehmen konnte.

Weitere zwei Stunden später war meine Arbeit zum Glück auch schon erledigt. Das hieß aber auch, dass wieder zwei Stunden vergangen waren, in denen ich nichts von Milan hörte. Immer wenn ich am Empfang saß, hatte ich irgendwie die Hoffnung, dass er, Diego oder Marco durch die Tür kamen.

Ich war zwar irgendwie doch noch sauer, dass sie einfach gegangen sind, aber ich mochte sie trotzdem. In der kurzen Zeit, in der ich sie kennengelernt hatte, waren sie irgendwie sympathisch. Von der Mafia Geschichte mal abgesehen, aber alles in allem waren sie freundlich.

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