Kapitel 46

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Milans Sicht

Keine Ahnung, wie Diego das geschafft hat, aber so stand ich nun wartend mit ihm an der Tür. Izzy und Mimmi ließen sich ganz schön Zeit und so langsam wurde ich ungeduldig. "Ganz locker, Kumpel. Lass ihnen Zeit.", versuchte Diego mich zu beruhigen. Langsam bezweifelte ich, ob das eine gute Idee war. In Italien in einen Club gehen, da gäbe es deutlich sichereres.

Von Diego kam ein Pfeifen und ich blickte von meinem Handy hoch. Dort stand sie in einem schwarzen Kleid, das ihre Kurven perfekt zur Geltung brachte. "Wehe du sagst etwas gegen dieses Kleid.", flüsterte mir Izzy zu, die ein kurzes blaues Kleid trug, und harkte sich bei Diego ein. "Na dann können wir ja los.", sagte Izzy übermotiviert und wir verließen das Haus.

Eine gute viertel Stunde fuhren wir in die Stadt, da meine Tante und mein Onkel ja an der Küste Siziliens lebten. Die Straßen jedoch waren relativ voll und das obwohl wir erst Donnerstagabend hatten. So musste ich ein paar Straßen weiter entfernt von einem bekannten Club parken.

"Müssen wir so weit weg parken?", nörgelte Izzy rum. "Isabelle.", ermahnte Diego sie und ich war froh, dass ich das nicht machen musste. "Jaja, Spielverderber.", meinte sie und hakte sich bei Mimmi ein. "Ich glaube, sie hat schon getrunken.", sagte ich lachend zu Diego, der mich nur böse anfunkelte. "Lass das.", entgegnete er.

"Wir können euch von hier vorne hören, das wisst ihr, oder?", fragte Izzy. "Jaja.", erwiderte Diego, was mich schmunzeln ließ. Doch daraufhin sagte Izzy nichts mehr. Stattdessen liefen wir die paar Meter weiter, bis wir vorm Club ankamen.

Doch anstatt dass wir uns an der Schlange anstellten, liefen wir daran vorbei zu einem der Türsteher. "Diego Delari und Milan Sánchez.", sagte Diego knapp und sofort wurden wir reingelassen. "Wow, das hätte ich nicht gedacht.", bemerkte Mimmi.

Drin angekommen kam einem direkt der Duft von Schweiß und Alkohol entgegen. Die Bässe wummerten und man konnte diese im ganzen Körper spüren. Mimmi und Izzy bahnten sich direkt den Weg an die Bar, doch Diego und ich machten uns auf den Weg in den VIP-Bereich. Sollten die zwei meinetwegen ihren Spaß haben, aber in einer zu gedrängten Menschenmasse stehen und tanzen, war weder Diegos noch mein Ding. Wir bevorzugten eher die Drinks und die Gespräche, die man dabei führte.

Der VIP-Bereich lag die Treppe oben links. Es war ein relativ großer Raum, in dem bereits schon ein paar Leute saßen. Auch hier lag der Geruch von Alkohol in der Luft, allerdings nicht so stark wie unten. Diego und ich setzten uns rechts neben die Tür, sodass man durch die Glasfront noch einen guten Blick auf das untere Geschehen hatte.

Keine zehn Minuten später hatten wir unsere Getränke. Diesmal keinen Bourbon, sondern einen Whisky, den mein Vater immer liebte. Single Malt Scotch Whisky von der schottischen Halbinsel Islay - rauchig mit einem Hauch von Vanille und einem langen Abgang, der den Magen angenehm wärmte. Ich konnte sogar Diego davon überzeugen, doch man musste aufpassen, der hatte ein paar Prozent mehr als andere.

Wobei ich mich auch heute noch fragte, woher mein Vater seine Liebe für den Whisky hatte. Mein Großvater und meine Großmutter waren eigentlich nie die großen Trinker. Naja gut, meine Großmutter hatte meistens mehr Tee und Bier als Wasser im Haus.

"Milan?", sprach Diego mich an. "Hm?", war nur meine Reaktion und ich sah ihn abwartend an. "Meinst du nicht auch, dass wir mal nach den beiden schauen sollten? Du weißt, dass Izzy manchmal gerne übertreibt und wir wissen nicht, wie Mimmi da tickt.", erklärte er mir seine Bedenken. "Diese Frauen machen mich noch fertig.", meinte ich und stand auf. Kurz zögerte Diego, folgte mir dann aber nach unten.

"Siehst du sie?", fragte mich Diego etwas lauter, da die Musik einen übertönte. Mein Blick schweifte durch den Raum. "Da hinten.", meinte ich und deutete auf eine Gruppe von Mädchen. "Da steht aber nur Izzy, wo ist Mimmi?", rief Diego mir wieder zu. Mein Blick ging erneut durch den Raum. Ein Mädchen, das Mimmi ähnelte, saß an der Bar, die Statur war gleich, doch das Gesicht passte nicht.

"Ouh shit.", kam es etwas leiser von Diego, doch ich hörte ihn trotzdem. "Was?", fragte ich und folgte seinem Blick. Okay, die Frage konnte ich mir nun auch selbst beantworten. Sofort wollte ich losgehen, doch Diego hielt mich am Arm fest.

"Was soll der Scheiß, Diego?", fragte ich ihn und wollte mich aus seinem Griff lösen. Jedoch verstärkte er nur diesen. "Milan verdammt. Lass Mimmi doch einmal ihren Spaß haben.", redete er auf mich ein. Ich sah ihn ernst an: "Sie tanzt mit einem Typen, der ihr am liebsten hier und jetzt das Kleid vom Leib reißen würde. Das kann doch nicht dein verfickter Ernst sein?"

"Na und? Sie ist weder deine Freundin noch hast du das Recht, ihr vorzuschreiben, mit wem sie tanzen darf und mit wem nicht.", sagte er. Fassungslos sah ich ihn an. "Sie ist verdammt nochmal meine Verlobte, also lass mich gefälligst zu ihr!", brüllte ich ihn fast schon an. Die Wut in mir stieg rasant an.

"Sie ist nicht deine Verlobte! Aber das ist das, was du dir wünschst, nicht wahr? Das ist das, was du die ganze Zeit willst, oder? ", brüllte er zurück. Er wusste genau, dass er mich damit provozieren konnte. "Verdammt ja, ist es das was du hören willst?!", entgegnete ich ihm.

"Was ist denn hier los?", fragte eine angetrunkene Izzy, die fast auf Diego fiel. Doch Diego gab ihr schnell Halt und ließ mich dabei los. "Hey, alles gut, ich hab dich.", sprach er zu ihr, während ihre Arme sich an ihm fest krallten. Wie viel haben die bitte getrunken?

"Wo ist Mimmi?", lallte sie und sah mich mit großen Augen an. "Die war eben noch bei mir, aber sie hat einfach puff gemacht.", fuhr sie fort und machte dabei so komische Handbewegungen. "Mir reicht es. Ich gehe sie jetzt holen.", meinte ich zu Diego. "Milan, warte.", rief er mir noch hinterher, doch ich bahnte mir weiter den Weg durch die Menge. "Oh hey.", meinte ein Mädchen, als ich an ihr vorbei lief. "Geh mir aus den Augen.", sagte ich genervt und ging weiter. Auf sowas hatte ich noch weniger Lust.

"Mimmi, mitkommen, sofort.", sagte ich nur und sie sah mich mit aufgerissenen Augen an. "Ey Mann, du siehst doch, dass sie gerade mit mir ist.", sagte dieser Typ und versuchte selbstsicher zu wirken. Mimmi nahm ihre Hände von der Schulter dieses Typen und sah mich an: "Ich dachte, du wärst zuhause geblieben. Seit wann bist du denn hier?", lallte sie wie Izzy eben, wirkte aber ernst.

"Okay, das reicht.", meinte ich, schnappte sie mir und warf sie über meine Schulter. "Hey.", rief sie und fing an zu zappeln. "Nicht so zappeln, sonst rutscht dein Kleid noch weiter nach oben.", sagte ich trocken und sofort hörte sie auf.

"Und was ist mit mir?", fragte der Typ hinter uns verzweifelt. "Du bist eh hässlich.", lallte Mimmi wieder. Perfekt, eine bessere Verabschiedung gab es nicht. Auf dem Weg zu Diego und Izzy zuppelte Mimmi immer wieder an ihrem Kleid herum, sodass weiterhin alles verdeckt wurde. Tja, selbst Schuld, wenn man so etwas Kurzes anzog.

Diego sah mich leicht erstaunt an, folgte mir aber dann nach draußen. Hier war die Nachtluft total klar und ein angenehmer Wind umhüllte uns.

"Lebt der Typ noch?", fragte mich Diego, der immer noch Izzy fest am Arm hielt, sodass sie nicht stolperte. Mimmi fing an zu kichern: "Du hättest mal Milans Gesicht sehen sollen, das war lustig."

"Ey, Ruhe dahinten.", meinte ich und gab ihr einen Klaps auf den Po. "Eyyy.", kam es nur beleidigt von ihr. "Aber ja, der Typ lebt noch, hatte keine Lust auf Drama und Aufmerksamkeit.", teilte ich Diego ehrlich mit.

Er nickte und wir liefen weiter zu unserem Auto. "Wer fährt?", fragte mich Diego. "Ich will.", lallte Mimmi wieder. Doch ich ignorierte ihre Aussage. "Ich mach das schon, dann kannst du dich um unsere zwei Damen kümmern.", meinte ich und setzte Mimmi ins Auto.

Beleidigt sah sie mich an, als ich sie hinten anschnallte. "Hör auf mich zu ignorieren, du Blödmann.", sagte sie und kreuzte ihre Arme vor der Brust.

"Nie schenkst du mir Aufmerksamkeit. Was soll das?", nörgelte sie weiter. "Liebes, du bist betrunken, schalt mal einen Gang runter.", sprach ich zu ihr, schloss ihre Tür und setzte mich vor ihr auf den Fahrersitz.

"Falls einer der beiden hier rein kotzt, machst du das sauber.", sagte ich zu Diego, während ich den Motor startete. "Was, wieso?", wollte er anfangen mit mir zu diskutieren. "Ganz einfach, deine Frau wollte in den Club, nicht meine.", erklärte ich ihm.

Doch als er stutzte und anfing zu grinsen, wurde auch mir meine Wortwahl bewusst. Ich seufzte, da ich Mimmi mal wieder meine Frau nannte und Diego das auch bewusst war.

Allerdings hatte ich andere Sorgen. Schließlich wusste ich, was mich bei meiner Tante und meinem Onkel zuhause erwartete. Und das würde Mimmi definitiv nicht gefallen.

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