Kapitel 59

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Mimmis Sicht

"Was wollen wir nun machen?", fragte ich Mario und wandte meinen Blick von den Sternen ab. Mario und ich saßen in seinem Garten auf einer Hollywoodschaukel und tranken ein Glas Wein. "Gute Frage. Ich weiß es ehrlich gesagt noch nicht. Du wirst nicht für ewig hier bleiben und ich muss auch wieder anderen Dingen nachgehen.", antwortete er. "Ich frag lieber nicht, was du mit anderen Dingen meinst.", entgegnete ich leicht niedergeschlagen.

Ich wusste genau, dass ich Mario und Milan niemals an einen Tisch bringen würde. Ich musste mich also entscheiden. Mario oder Milan? Familie oder Familie? Mein Bruder, den ich gerade erst wiedergefunden habe, oder die Liebe meines Lebens?

"Wirst du denn hier in Los Angeles bleiben?", fragte ich ihn und sah ihn ernst an. Sein Blick galt allerdings weiterhin dem Himmel. "Denkst du, Mutter und Vater hätten uns jemals die Wahrheit gesagt? Ich meine, wenn sie noch leben würden.", wich er meiner Frage aus. Doch ich ging auf seinen Themenwechsel ein: "Schwer zu sagen. Wenn unsere Eltern noch leben würden, würde ich wahrscheinlich noch bei ihnen wohnen. Dadurch wäre ich nicht so auf meinen Onkel angewiesen, hätte vermutlich Milan und die anderen nicht kennengelernt und hätte nie von der Mafia erfahren."

Er schwieg für einen kurzen Moment. "Du und Milan? Ihr steht euch wirklich nahe, oder?", fragte er so, als ob er es eigentlich gar nicht wahrhaben wollte. "Naja...", setzte ich an, aber vollendete meinen Satz nicht weiter. Irgendwie war es komisch, über meine Gefühle zu reden. Zumal es Mario war, der hier neben mir saß.

"Aber um deine Frage zu beantworten, ich habe sowieso einen Bekannten, zu dem ich mal müsste. Nur er wohnt ein bisschen weiter weg.", meinte er. "Definiere weiter weg.", entgegnete ich. Für mich war Santa Barbara schon weit weg und das lag nicht mal zwei Stunden von uns entfernt.

Mario kratzte sich am Hinterkopf und sah mich unsicher an: "Ich weiß nicht, ist Singapur für dich weit entfernt?" Mir fiel die Kinnlade runter. "Singapur? Das sind Meilen von hier aus!", meckerte ich und sah ihn vorwurfsvoll an. Wir haben uns gerade erst gefunden und er wollte schon wieder weg?

"Du weißt, dass ich da nicht mitgehen werde, oder?", meinte ich. "Ich habe mein Leben lang ohne dich verbracht. Denkst du echt, dass ich deine Gesellschaft jetzt auch nötig hätte?", erwiderte er, doch ich merkte, dass das gelogen war. Er wirkte zu verletzt, als dass es stimmen würde. "Arschloch.", nuschelte ich daher nur und stupste ihn leicht in die Seite.

Mein Blick galt wieder dem Sternenhimmel und ich musste unwillkürlich wieder an Marios Frage denken. Wenn meine Eltern nicht getötet worden wären, hätte mein Leben ganz anders ausgesehen. Vielleicht hätte ich Mario dann ganz anders kennengelernt. Hätte ich jemals von der Mafia erfahren? Vielleicht wäre ich dann auch dazu verdonnert worden, einen mächtigen Mafiaboss zu heiraten, wie es immer in solchen Büchern geschieht.

Ich wandte meinen Blick vom Himmel ab, als ich ein Rascheln hörte. Mario hingegen blickte weiterhin nach oben und bemerkte nichts. Dadurch, dass sich auf Marios Grundstück viele Hecken und Büsche befanden, dachte ich mir nichts dabei. Wahrscheinlich war es ein kleiner Hase oder ein Eichhörnchen, welches sich hier versteckte.

Doch nun schreckte auch Mario hoch, als wir den ersten Schuss hörten. "Verdammt!", meinte Mario aufgebracht. "Hast du keine Männer, die uns beschützen?", fragte ich noch aufgebrachter. "Du kannst beruhigt sein, du sollst hier gerettet werden, das sind deine Leute, die schießen.", entgegnete er.

"Aber woher willst du wissen, dass nicht deine Männer geschossen haben?", fragte ich trotzig, da ich irgendwie noch nicht realisierte, dass Milan vorhatte, mich zu retten. "Mimmi, Kleines, ich erkenne meine Waffen und das war definitiv kein Schuss, der zu mir gehört.", antwortete er und zog mich Richtung Hintertür, die wieder ins Haus führte.

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