Kapitel 3

1.1K 43 3
                                    


Wieder im Hotel angekommen, ging ich erstmal ins Hotel-Restaurant. Nach dem Vorfall eben im Park war es mir doch wohler, unter Menschen zu sein.

Heute hatte ich mich für eine kleine Portion Nudeln mit Tomatensoße entschieden. Das wurde, wie immer, von Alberto höchstpersönlich zubereitet. Bei dem Gericht durfte ihm nämlich keiner helfen, da er das als Italiener am besten konnte.

Ich saß in der hintersten Ecke des Restaurants, da ich keinem Gast im Weg sein wollte. Generell waren die hinteren Plätze des Restaurants eher für die Mitarbeiter gedacht. Sollten sie überhaupt hier essen, da viele auch nach ihrer Schicht nach Hause gingen. Wenn Hotelgäste aber auch mal ihre Ruhe haben möchten, konnten sie natürlich auch hier sitzen.

Plötzlich gesellte sich Vanessa zu mir. Sie war eine Mitarbeiterin von hier und das auch schon sehr lange. Als ich ins Hotel zog und hier anfing zu arbeiten, war sie die Erste, die mich wirklich aufnahm. Natürlich abgesehen von meinem Onkel. Wir verstanden uns sehr gut und sie ist eine echt gute Freundin geworden.

"Guten Abend, Mimmi.", sprach die Blondine mit einer entspannten Stimme. "Hallo, Vanessa, schön dich hier zu sehen. Wieso bist du so tiefenentspannt?", stellte ich ihr meine Frage, da sie doch anders wirkte als sonst. "Ach weißt du, man sollte auch mal gelassen durchs Leben gehen und seine Probleme vergessen.", entgegnete sie. Oh oh, entweder sie ist betrunken oder sie hatte einen kleinen Zwischenfall im Bett.

"Will ich das wirklich hören?", fragte ich sie, da, wenn letzteres stimmte, ich keine Details haben wollte. "Komm runter, da war nichts. Leider... Aber ist ja auch egal. Darf ich nicht glücklich sein? Der Grund ist aber, dass meine Wohnung nun endlich fertig eingerichtet ist. Du weißt ja, dass ich da seit Wochen dran bin und jetzt ist endlich alles fertig.", plapperte sie nur so drauf los.

"Ich wollte dir ja helfen, aber irgendwer wollte keine Hilfe annehmen.", sagte ich und sah sie intensiv an. Ich hatte ihr bestimmt tausend mal angeboten, ihr beim Thema Umzug zu helfen. Aber Miss Ich schaffe das alleine war sich offensichtlich zu stolz dafür.

"Jaja, ich weiß. Du hast es ja nur gut gemeint. Aber ich wollte das eben alleine schaffen. Ich habe es so lange aufgeschoben und musste eben die Konsequenzen dafür tragen.", versuchte sie sich zu erklären. "Alles gut, du hast es geschafft und das ist das Wichtigste. Ich bin froh, dass du glücklich bist.", gab ich ehrlich von mir, da sie die ganzen Tage davor gestresst war und das nicht nur wegen dem Umzug.

Einen Moment lang saßen wir schweigend da und aßen weiter, bis sich Vanessa räusperte: "Aber du sag mal, wie läuft es bei dir momentan? Geht es dir mittlerweile besser, wegen du weißt schon was?" "Du kannst es ruhig laut sagen mit dem Tod meiner Eltern. Wir sind hier nicht in Harry Potter, wo es um Voldemort geht.", scherzte ich, um meine Unsicherheit zu verbergen.

Obwohl ich schon des Öfteren Fragen zu meinen Eltern bekommen hatte und wie ich mit ihrem Tod umging, fiel es mir doch schwer, darüber zu reden. Die meisten hatten nur ihr Beileid ausgerichtet, aber die wenigsten fragten, wie es mir wirklich ging.

"Ich würde lügen, wenn ich sage, dass es mir super geht, aber der Schmerz wird weniger. Das habe ich meinem Onkel zu verdanken. Er hat mir geholfen, wo er konnte und mich ja auch zu meinem Psychologen gebracht. Aber insgesamt geht es Berg auf.", sprach ich, zum Ende hin aber leise werdender.

Dies bemerkte auch Vanessa und probierte daraufhin, das Thema zu wechseln. "Wie war denn der Spaziergang mit dem Hund dieser alten Frau?" Genau ins Schwarze getroffen... "Gut, der Hund hört wirklich super und ist sehr pflegeleicht.", gab ich knapp von mir, versuchte aber, so überzeugend wie möglich zu klingen. 

Mir war es unangenehm, ihr von dem Vorfall zu erzählen. Was, wenn es tatsächlich nur Einbildung war? Ich wollte nicht wie ein paranoides kleines Mädchen wirken, welches sich nicht mal traute, alleine durch den Park zu laufen. Am Ende dachte sie, ich sei verrückt.

Sie gab sich aber zufrieden mit meiner Aussage und nickte nur interessiert. Bevor aber Schlimmeres passierte, sollte ich lieber gehen. "Ich muss jetzt leider los, ich habe noch die Abendschicht am Empfang." Mit diesen Worten verabschiedete ich mich von ihr und begab mich wieder zum Eingang, um meine Schicht anzutreten.

Da meine Schicht erst etwas später begann, weil das ja eher eine Ausrede war, um dem Gespräch zu entfliehen, hatte ich noch Zeit, mir einen Tee zu machen. Es war gerade mal 20 Uhr und die Zeit verging einfach nicht. Aber am Empfang konnte man immer irgendwas machen, vor allem da wir momentan ziemlich ausgebucht waren. Es war Saisonzeit und dadurch immer etwas mehr los.

Nach geschlagenen zwei Stunden Papierkram und Aufräumen meines Platzes, war meine Schicht nun auch zu Ende. Da ich jetzt eigentlich nichts mehr zu tun hatte, brachte ich die Tasse noch zurück in die Küche.

Alberto war auch noch da und kümmerte sich um ein paar letzte Sachen. "Bambina, was machst du denn um diese Uhrzeit noch hier?", fragte mich Alberto, der für mich wie ein Großvater geworden war. Er war immer so freundlich zu mir und er behandelte mich wie ein Familienmitglied. Ich lächelte. "Meine Schicht ging heute am Empfang bis 22 Uhr und ich bringe noch meine Tasse zurück.", erklärte ich ihm.

"Na dann aber schnell, ich wollte die Küche gleich abschließen, Bambina.", antwortete er. Ich verstaute meine Tasse in der Spülmaschine und umarmte Alberto noch zum Abschied. Ich wollte durch den Eingangsbereich zum Aufzug laufen, um in mein Zimmer zu gelangen, als ich plötzlich stockte.

Am Empfang standen drei Männer, die etwas unbeholfen auf den kleinen Zettel schauten, auf dem stand, dass ab 22 Uhr keiner mehr am Empfang war. Ich hörte wie der eine sagte: "Na toll, und was machen wir jetzt?" Es klang fast schon verzweifelt, weswegen ich beschloss, den drei Männern zu helfen.

Ich stellte mich also hinter den Empfang. Die Männer, die recht dunkel gekleidet waren, musterten mich. Ich ließ mich aber nicht abschrecken und fragte mit einer freundlichen Stimme: "Hallo, wie kann ich Ihnen weiterhelfen?"

Life with secrets and liesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt