Kapitel 8 - Der Einsturz meiner Welt

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Völlig verstört eilte ich aus Malfoys Zimmer und rechnete schon halb damit, einen Fluch in den Rücken zu bekommen. Nichts dergleichen geschah. Ich rannte in mein Zimmer und schloss mich bis zum Abend darin ein. Was war da gerade zwischen Draco Malfoy und mir geschehen?

Warum hatte er das Foto von Harry und mir aufbewahrt? Zudem sorgsam gefaltet in einem Buch. So gefaltet, dass nur ich darauf zu sehen gewesen war. Mein Herz schlug bis zum Hals. Wenn er vorgehabt hätte, es den Todessern zu zeigen, hätte er das doch längst tun können. Und er hätte mich davon abhalten müssen, es an mich zu nehmen. Er hätte mich angreifen können, beleidigen, verspotten wie er es in der Öffentlichkeit immer tat. Aber nichts davon war geschehen.

Ich presste meine Hand gegen mein wild schlagendes Herz. Meine Brust schmerzte von dem heftigen Schlagen, doch es ließ sich nicht beruhigen, denn all die verbotenen Gefühle, die ich die letzten Wochen so gut verdrängt hatte, kamen mit aller Macht an die Oberfläche.

"Jetzt reiß dich zusammen, Kim. Der Typ tickt nicht ganz richtig. Er ist unberechenbar. Das hatte gar nichts zu bedeuten."

Diesen Satz wiederholte ich wieder und wieder wie ein Mantra bis zum Abendessen.

Harry fing mich vor der Eingangshalle ab. "Ich habe mir Sorgen um dich gemacht. Ich habe Malfoy nicht in Hogsmead gesehen. Ist alles gut gegangen?"

Was sollte ich ihm sagen? Dass er mich erwischt hatte, aber nicht sonderlich ausgerastet war? Dass er ein Foto von mir mit sich trug? Dass ich den ganzen Tag an nichts anderes hatte denken können?

"Alles gut gegangen. Ich konnte aber nichts Verdächtiges finden."

Er sah beinahe enttäuscht aus. Dennoch glaubte er nicht einmal eine Sekunde daran, dass er sich irren könnte. "Naja er wird es nicht in seinem Zimmer verstecken. Ich vermute, sein Geheimnis, was auch immer es ist, ist dort, wohin er ständig verschwindet. Wir müssen uns einfach weiter an seine Fersen heften.

Ich nickte zerstreut. "Ja klar."

"Vielleicht können wir morgen einen kleinen Spaziergang über die Ländereien machen?" Harry sah mich fragend an.

"Ich habe noch einen Berg an Hausaufgaben, tut mir leid", sagte ich wie automatisch.

"Oh okay. Gut dann sehen wir uns." Als er sich abwandte fühlte ich mich wie der letzte Dreck.

In der folgenden Woche verhielt ich mich so normal wie möglich, was ein enormes schauspielerisches Talent von mir erforderte. Wir hatten einige gemeinsame Stunden mit den Gryffendors, während denen ich Dracos Blicke in meinem Nacken spürte. Ich ignorierte ihn.

Er zeigte sich jetzt wieder öfter im Slyterhingemeinschaftsraum, sodass ich es mir angewöhnte, trotz des nasskalten Wetters, viel Zeit draußen zu verbringen. Zudem spannte Marcus Flint uns so hart in das Quidditchtraining ein, dass ich gar keine Zeit hatte, an etwas anderes zu denken. Wir trainierten beinahe jeden Tag für das Spiel gegen Gryffindor, das vor den Weihnachtsferien stattfinden sollte. Auf dem Feld ignorierte Draco mich, wie immer, wenn unsere Hauskameraden bei uns waren.

"Weasley, du fliegst wie eine angeschossene Taube!", bellte Flint in diesem Moment verärgert und ich merkte zu spät, dass mein Blick wieder Malfoy gefolgt war, statt dem Quaffel. Wütend auf ihn und mich selbst, fokussierte ich mich wieder auf meine Aufgabe und jagte Flint für den Rest des Spiels sämtliche Bälle ab. Am Ende des Tages war er zufrieden mit mir, was sich in einem kurzen anerkennenden Heben seiner linken Braue zeigte.

Ich zog mich in Rekordzeit um, tat den Komet 2.60, einen Schulbesen, zurück in den Besenschrank und machte mich schnellstens zurück ins Schloss. Ich hatte gemerkt, dass auch Malfoy es eilig hatte und hörte seine Schritte hinter mir. Ich war mir ganz sicher, dass er für den Einbruch in sein Zimmer noch Rache an mir nehmen wollte. Nur zu gut erinnerte ich mich an den Liebestrank, weshalb ich dieser Tage kein Getränk aus der Großen Halle anrührte.

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt