Der Zauber um Draco Malfoy

Kapitel 60 - Die hässliche Wahrheit

Harry, Zaubereiministerium, Tag der Anhörung

Der Tag, vor dem mir seit Wochen gegraut hatte, war viel zu schnell herangerückt und nur die sonnigen Wochen, die ich mit Kim bis dahin im Fuchsbau verbracht hatte, gaben mir die Kraft, mich dem zu stellen.

Es war wie damals am Tag meiner eigenen Anhörung. Obwohl ich dieses Mal kein Angeklagter war, fühlte ich mich in den dunklen kalten Mauern genauso bedrückt und gefangen wie damals. Ich wollte es einfach nur hinter mich bringen.

Sie platzierten mich auf einem hohen Stuhl direkt neben Kingsleys und seine ruhige Art brachte meine flatternden Nerven sofort zur Ruhe. Es war leichter, von diesem erhöhten Punkt auf die Menschen herabzusehen, die so viel Leid über mich und die Welt gebracht hatten.

Bei den ersten Angeklagten war es überraschend leicht. Greyback, McNair, Parkinson, Avery und viele mehr. Ich spürte nichts als Wut und kalte Befriedigung, während ich meine Zustimmung gab, sie für immer hinter Schloss und Riegel zu bringen. Es verlangte nichts von mir ab, war sogar auf seltsame Art und Weise heilsam.

Doch ich wusste, der schwere Teil wartete noch. Es war, als wollte das Tribunal diese Entscheidung bis ganz zum Ende herauszögern. Als es dann soweit war, war ich mir nicht sicher, ob ich es tun konnte. Nicht einmal für Kim.

"Narzissa Malfoy", rief Kingsleys tiefe Stimme Dracos Mutter auf. Kurz darauf öffnete sich die Tür und Narzissa kam, flankiert von zwei Ministeriumsbeamten in den Raum.

Ich war überrascht, wie wenig sie sich verändert hatte. Ich hatte eine von Trauer gebeutelte Frau erwartet, doch sie schritt -schön wie eh und je- hoch erhobenen Hauptes durch den Raum. Sie sah mir direkt ins Gesicht als sie auf dem Stuhl in der Mitte des Raumes Platz nahm.

Kingsley verlas die Anklage und sie senkte nicht einmal den Blick. In ihren Augen stand das Wissen eines Menschen, der alles getan hatte, was er tun musste. Da verstand ich Kims Loyalität gegenüber dieser Frau, einer Mutter.

"Narzissa Malfoy, Sie werden der Mitwisserschaft um die Machenschaften Voldemorts angeklagt. Sie haben ihm Exil gewährt und deckten die Anhänger, die sich als Todesser bezeichneten. Haben Sie dem etwas zuzufügen?"

"Nein", sagte Narzissa kühl. "So ist es gewesen."

Murmeln machte sich im Tribunal breit und Kingsley fuhr fort: "So lautet der Richterspruch des Tribunals schuldig. Es sei denn, unser Zeuge kann Sie entlasten."

Ich starrte in die Augen, die denen ihres Sohnes so ähnlich waren. Und die ich so sehr hasste. Ihr Blick blieb hochmütig. Diese Frau würde vor niemandem zu Kreuze kriechen. Und dafür hatte sie gegen meinen Willen meine Hochachtung. Ich spürte, wie sich auch alle anderen Blicke im Raum auf mich hefteten, als ich zu sprechen begann.

"Mrs. Malfoy hat getan, was sie in ihrer Position tun musste, um sich und ihre Familie zu schützen. Meines Wissens hat sie darüber hinaus niemals Grausamkeiten wie Folter oder ähnliches eingesetzt. Im Gegenteil gab sie Geheimnisse Preis, die es uns letztlich ermöglichten, Voldemort zu töten. Sie hat seine Schlange Nagini mit dem Schwert Gryffindors getötet. Ich bitte das Tribunal daher um einen Freispruch."

Das Murmeln wurde lauter, doch ich ließ die Augen nicht von Narzissa, in denen sich nur milde Überraschung wider spiegelte. Kim hatte recht, sie bangte um ihren Mann. Sie wollte ihre Familie schützen. Und in diesen Sekunden las ich diese Bitte in ihren Augen. Ich nickte ihr kurz zu, da breitete sich das erste Lächeln auf ihren Zügen aus, das ich je an ihr gesehen hatte.

Sei es meine Rede gewesen oder Narzissas erhabenes, selbstsicheres Auftreten - das Tribunal sprach sie relativ schnell frei. Sie verließ den Raum und ihr Mann betrat den Saal. Im Gegensatz zu seiner Frau hatte er sich sehr verändert. Er ging gebeugt, wirkte schmutzig und ausgezehrt und unter seinen Augen lagen dunkle Ringe.