Kapitel 50 - Ein Gerüst aus Lügen

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Mein Körper klatschte auf feuchten, steinigen Untergrund. Es war so dunkel, dass ich meine Hand vor Augen nicht sehen konnte. Fieberhaft tastete ich nach meinem Zauberstab, der mir bei dem harten Aufprall aus den Händen gerutscht war. Ich erkannte seine Silhouette nur wenige Zentimeter von meinem Gesicht entfernt, robbte bäuchlings darauf zu und streckte meine Hand danach aus. Da landete ein Fuß auf meinem Zauberstab und hielt ihn fest.

Mit wild schlagendem Herzen sah ich nach oben und starrte mitten in Dracos erbarmungslose Augen. Er stand über mir und in seinem Gesicht war nichts anderes als tödliche Entschlossenheit.

Zum ersten mal lernte ich, dass man anders dachte, fühlte und handelte, wenn man unter wirklicher Todesangst litt. Es war völlig egal, was wir miteinander geteilt hatten. Als ich in seinen Augen las, was er tun wollte, wollte ich nur noch überleben.

So schnell ich konnte rappelte ich mich auf und griff an meine Seite wie aus Reflex, in der Hoffnung, dass sich dort meine Tasche befand, in der Dumbledores Zauberstab ruhte. Doch natürlich lag sie im Zelt, auf meinem Bett. Nutzlos, weit weg, verloren.

Keuchend wich ich rückwärts vor ihm zurück. Aus den Augenwinkeln nahm ich links und rechts von mir nackte Steinwände wahr. Es gab keinen Weg zur Flucht. Wir schienen uns in einer Höhle zu befinden. Ich hörte meinen eigenen keuchenden Atem an den klammen Wänden widerhallen.

"Hast du wirklich gedacht, dass du mir entkommen würdest? Hast du geglaubt, es könnte anders enden, nachdem du mich so zum Narren gehalten hast?" Seine Stimme war schneidend kalt. Viel schlimmer noch als in den langen Jahren unserer Feindschaft. Er wirkte fremd und gefährlich. Genauso wie der Mann, vor dem mich alle Welt gewarnt hatte. Ich hatte meinen schlimmsten Feind selbst geschaffen, wie es im Laufe der Geschichte den Menschen zu eigen war. Und nun würde ich durch die Hand des Mannes sterben, den ich liebte.

Ich konnte ihm nicht antworten, konnte ihm nichts erklären und nicht flehen. Die Angst vor dem Kommenden lähmte einfach alles in mir. Sie war jenseits der Angst wie ich sie in Voldemorts Gegenwart empfunden hatte. Es war eine tödliche Gewissheit, dass es keinen Ausweg mehr gab. Ich las seine Gedanken in seinem Geist, konnte dem Grauen nicht mehr entfliehen. Ich strauchelte als ich mit dem Rücken am Ende der Höhle angekommen war. Es gab keinen Fluchtweg mehr.

Draco blieb in einiger Entfernung stehen und lächelte - ruhig, grausam und übermenschlich schön. Dann hob er seinen Zauberstab in meine Richtung. "Avada Kedavra!"

Die Welt stand still. Der grüne Lichtblitz erleuchtete eine schlauchförmige Höhle. Ich sah das Entsetzen in meinem Gesicht in seinen eigenen Augen widergespiegelt. Über mir brach etwas vom Fels aus der Decke. Etwas Mächtiges traf mich schmerzhaft am Kopf, dass ich beinahe die Besinnung verlor, dann klatschte ich abermals hinunter auf den nassen Stein. Geschunden und voller Schnittwunden, doch auf wundersame Weise am Leben.

Irritiert und mit rasendem Herzen sah ich auf, in der Erwartung, dass er es jetzt zu ende bringen würde. Nicht in der Lage, zu begreifen. Doch er entfernte mit einem Schwenker seines Zauberstabes den Schutt von meinem Körper, ehe er sich zu mir herunter hockte.

Ich kroch so weit von ihm fort, wie es mir möglich war. Mein ganzer Körper stach und brannte von den Verletzungen, die mir die Steine zugefügt hatten. Schweratmend und voller Angst starrte ich ihn an.

"Es tut mir leid, deine Erwartungen wieder nicht erfüllen zu können", sagte er düster und mit unverhohlener Wut in der Stimme. "Aber ich werde dich nicht töten."

Haltlos verwirrt sah ich zu ihm auf, reihte seine Worte immer und immer wieder in meinem Kopf aneinander. Doch nach allem, was die letzten Minuten passiert war, ergaben sie keinerlei Sinn.

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt