Kapitel 65 - Aufstehen und weiterleben

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Kimberly

Es gab für jeden Menschen Dinge, die ihn zerbrechen konnten. Bei jedem Menschen gab es diese eine empfindliche Grenze, die niemand überschreiten durfte, oder er würde für immer aus dem Leben des anderen verbannt. Draco Malfoy hatte diese Grenze überschritten.

Die folgenden Wochen stürzte ich mich in meine Arbeit, schrieb mit Herzblut an dem Werwolfaufsatz und freute mich, dass der Tagesprophet Ginnys Zeichnung von Fred stellvertretend als Tribut aller Opfer der Schlacht aufs Titelblatt druckte.

Mom äußerte sich in jedem ihrer Briefe stolz und glücklich, noch eine Schulsprecherin in der Familie zu haben, oder zwei, denn schließlich gehörte Harry zur Familie.

Harry... Als der September in den Oktober überging und die letzten Sonnenstrahlen verblassten, verbrachten wir fast jede freie Minute miteinander. Alles nur als Freunde, mit hier und da einer kleinen harmlosen Berührung des Trosts. Ich spürte, dass er wartete bis ich bereit war, den nächsten Schritt zu gehen. Ich wartete selbst darauf. Ich wollte mich ganz auf ihn einlassen, und verstand selbst nicht, was mich zurückhielt.

Oder wollte es nicht wahrhaben. Es waren diese intensiven realistischen Träume, die mich seit Wochen fast jede Nacht heimsuchten. Träume, in denen Draco und ich uns so nahe waren wie vor fast über einem Jahr nicht mehr. Ich sagte mir, dass ich nichts dafür konnte und keine Schuld empfinden musste. Es waren schließlich nur Träume. Doch ich ertappte mich dabei, wie ich es kaum erwarten konnte, abends schlafen zu gehen und sie durch meine bloße Willenskraft herbeirief.

Es klopfte an meiner Tür. Ich sah in den Spiegel und befestigte noch die Schleife in meinem Zopf, ehe ich rief: "Herein."

Es war Harry, der sich, leicht verlegen grinsend, in den Türrahmen lehnte. "Entschuldige, dass ich dich so überfalle, aber ich dachte mir, das heute perfektes Wetter für deinen ersten Hogsmeadbesuch in diesem Jahr ist."

Ich sah aus dem Fenster, von dem aus ich die gesamten Ländereien bis zu der Grenze Hogsmeads überblicken konnte und lachte aus vollem Halse. "Es regnet wie in Strömen."

Harry grinste. "Eben perfektes Wetter für Hogsmead. Ein Besenflug wäre sicher noch unangebrachter. Hast du Lust?"

Ich sah ihn an und spürte dem warmen neuen Gefühl in mir nach, das ich für ihn empfand. Zuerst war es nur das Echo vergangener Gefühle gewesen, doch langsam aber sicher merkte ich, wie ich mich begann, wieder in ihn zu verlieben.

Fast ein Jahr war es her, dass ich mit Draco Malfoy so etwas gehabt hatte, was ich damals als Beziehung bezeichnet hätte. Heute erschien es mir mehr denn je wie eine Lüge. Und mit jeder neuen Schmach, die er mir antat, öffnete er meinem Herzen den Weg zu Harry. Wenn es mir möglich gewesen wäre, wäre ich ihm sogar dankbar dafür gewesen.

"Ich habe sehr große Lust dazu!" Ich griff mir meinen Umhang, setzte mir die Kapuze auf und Hand in Hand gingen wir nach draußen in den Herbstregen.

Wir waren sofort nass bis auf die Haut, doch wir froren nicht. Wir scherzten und lachten wie üblich viel miteinander, waren sorglos und noch immer tief dankbar dafür, noch am Leben zu sein.

Die Straßen im Dorf waren wie leergefegt und die Läden gerammelt voll. Harry trocknete uns mittels eines Zaubers, als wir in Zonkos ankamen und prompt auf George trafen.

"Wieso überrascht es mich nicht, dich hier zu sehen, Bruderherz", begrüßte ich ihn lachend.

"Ah Kim, und wie ich sehe bist du in bester Gesellschaft", erwiderte er fröhlich und legte einige Zuckerfederkiele aus der Hand.

"Wirst du jetzt deinem eigenen Geschäft untreu?", fragte Harry

"Ich hole mir nur einige Ideen", sagte George unschuldig. "Ich spiele tatsächlich mit dem Gedanken, kommenden Sommer eine Filiale in Hogsmead zu eröffnen. Der Laden in der Winkelgasse finanziert sich hauptsächlich durch die Ferien."

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt