Kapitel 73 - Von vorn anfangen

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Es war Mitternacht, doch meine Schritte trugen mich wie von selbst hinunter in die Kerker, hinunter zu ihm. All die Dinge, die er während des Tanzes zu mir gesagt hatte, schwirrten durch meinen Kopf. Ob er noch immer auf mich wartete? Er hatte gesagt, er wollte mich zurück. Mein Herz raste vor Verlangen. Ich wollte all die Monate ohne ihn hinter mir lassen, zeitgleich waren die Wunden von den Dingen, die wir uns gegenseitig angetan hatten noch nicht einmal zur Hälfte verheilt. Ich brauchte noch Zeit, zeitgleich konnte ich nicht warten.

Der Gemeinschaftsraum war kühl und dunkel. Die letzte Glut war lange verraucht, doch ich fand meinen Weg zu ihm auch in der Dunkelheit. Ich war ihn in meinen sehnsüchtigen Träumen so oft gegangen.

Und endlich ging ich die Stufen zu ihm hoch, jeder Schritt raubte mir mehr den Atem. Es war, als könne ich seinen Geruch schon durch den Türspalt riechen. Mein Herzschlag dröhnte in meinen Ohren, als ich die Klinke herunter drückte.

Er lag ausgestreckt auf seinem Bett und starrte an die Decke. Als ich eintrat, fuhr er auf, die Decke fiel zu Boden und entblößte seine nackte wunderschöne Brust mit den blassen Narben.

Mir wurde die Kehle eng vor Verlangen. "Könntest du dir bitte etwas anziehen?"

Ich rechnete ganz fest mit einem anzüglichen Grinsen oder damit, dass er mich packen und beenden würde, was in meinem Kopf bereits begonnen hatte. Stattdessen griff er wortlos nach seinem Hemd und streifte es sich über. Während er es langsam zuknöpfte, stellte ich mir vor, wie ich diesen wundervollen Körper mit Küssen bedeckte.

Sein Blick fand mich. Er war warnend und ernst und ich spürte, dass ich die Mauer in meinem Kopf vergessen hatte. Er wusste ganz genau, was ich dachte. Doch dieses Mal nutzte er es nicht aus. Er saß auf seinem Bett, schweigend, und sah mich abwartend an.

Plötzlich fühlte ich mich panisch. Es war wie das erste mal, als wir allein miteinander waren. Ich hatte keine Ahnung, was ich sagen sollte. Fast wünschte ich schon, ich wäre nicht gekommen, da war er es, der sprach.

"Für mich war es in Godrics Hollow vorbei"

Seine Worte hallten durch das stille Zimmer und erzeugten denselben Schmerz wie damals auf den verschneiten Straßen von Harrys Heimatstadt, wo ich ihn verriet.

"Draco, ich habe dir erklärt, warum ich es getan habe"

Er nickte. "Und ich habe dir erklärt warum ich die letzten Monate getan habe, was ich getan habe. Macht es das leichter für dich?"

Ich begriff und schüttelte langsam den Kopf. "Nein, es tut genauso weh. Ich fühle mich...."

"Verraten? Missverstanden? Betrogen?"

Ich sah ihn sprachlos an. Es war eine bittere Pille einzusehen, dass ich ihn nicht länger die alleinige Schuld zuschieben konnte. Draco war mir gegenüber vielleicht aggressiver in dem Bemühen gewesen, mich zu verletzen. Das lag augenscheinlich aber daran, wie tief die Wunden waren, die ich ihm zugefügt hatte. Es war nicht, dass ich es nicht geahnt hätte, aber es war leichter gewesen, nicht hinzusehen.

"Ich habe damals keinen anderen Ausweg gesehen. Was hätte ich denn tun sollen?"

"Du hättest dich mir anvertrauen können. Ich habe dich zwei mal gefragt, ob ich dich zu Potter bringen soll", fuhr er auf und es schmerzte zu sehen, wie verletzt er noch war. Ich hatte nie zuvor hinter seine Wut gesehen.

"Ich wollte dich nicht in Gefahr bringen", sagte ich verzweifelt.

"Wirke ich auf dich vielleicht wie jemand, den man beschützen muss?", knurrte er. "Für was für einen Schwächling du mich halten musst."

Seine Hände krallten sich ins Laken und er zitterte vor Wut. Ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, wie schwer es ihm fiel, mich nicht emotional anzugreifen, um sein Gesicht zu wahren. Und es bedeutete mir unendlich viel, dass er diesen Impuls unterdrückte.

Der Zauber um Draco MalfoyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt