Der Zauber um Draco Malfoy

Kapitel 48 - Irrlichter und Illusionen

Wir starrten auf Hufflepuffs Becher als wären Sonne und Mond auf einmal in unser Zelt herabgestürzt. Als wir unsere Sprache wieder gefunden hatten, führten wir ein Gespräch wie ein altes Ehepaar, als würden wir die Gedanken des anderen in unserem eigenen Kopf hören, in dem wir die unvollendeten Sätze des anderen beendeten.

"Ist das?", begann Harry.

"Ich denke schon", erwiderte ich ehrfürchtig.

"Aber wie?"

"Narzissa!" Es wurde mir schlagartig bewusst und der Morgen unseres Aufbruchs in Malfoy Manor stand mir wieder klar vor Augen. "Sie ist mit meiner Tasche verschwunden und hat mir vor dem Aufbruch gesagt, dass ich nun alles habe, was ich brauche. So hat sie das gemeint!"

"Narzissa Malfoy? Dracos Mutter?", fragte Harry skeptisch. "Warum sollte sie dir helfen?"

Die Frage machte mich sofort wieder wütend. "Entgegen deiner Vorstellungen ist sie ein fühlender Mensch. Eine Mutter, um genau zu sein. Sie will diesen Krieg genauso wenig wie wir. Sie will, dass Draco in Frieden leben kann! Und ist das alles nicht völlig egal, Harry? Ein Horkrux fiel uns geradezu in die Hände!"

"Du hast recht" Er lächelte, doch allzu schnell bekam das Lächeln einen Knacks. "Nur haben wir jetzt gar nichts mehr, womit wir ihn zerstören können."

Das war in der Tat niederschmetternd. "Wir brauchen unbedingt das Schwert oder den Basiliskenzahn. Bei letzterem wissen wir wenigstens, wo er ist, aber nach Hogwarts zu gehen ist, als würdest du in ein Wespennest treten. Wenn Snape dich sieht, ist alles verloren", sagte ich verzweifelt.

Harry nickte. "Und wenn wir uns auf das Schwert konzentrieren, müssen wir davon ausgehen, dass es entweder in Malfoy Manor oder einem Verließ in Gringotts versteckt ist. Malfoy Manor kommt nicht in Frage, da Voldemort dort residiert. Die Verließe von Gringotts sind schwer bewacht und beinahe undurchdringlich für uns."

Wir starrten einander an. Die Freude über den plötzlichen Fund war so schnell verschwunden wie sie gekommen war.

"Das ungefährlichste Szenario für uns wäre es also, in Gringotts einzubrechen", fasste ich resigniert zusammen. "Und wir wissen nicht einmal sicher, dass das Schwert dort ist... geschweige denn in welchem Verließ."

Harry schüttelte den Kopf. "Für Eventualitäten können wir solche Risiken nicht in Kauf nehmen."

Ich sah ihn missmutig an. "Ab hier tappen wir im Dunkeln. Ich fürchte, von jetzt an, werden wir nur noch für Eventualitäten Risiken in Kauf nehmen."

Betretenes Schweigen. "Lass uns morgen weiter den Kopf darüber zerbrechen. Heute ist ein guter Tag. Ein Horkrux ist aufgetaucht, wie aus dem Nichts und wer weiß, vielleicht passiert mit dem Schwert ja dasselbe!", sagte Harry aufmunternd.

Ich sah ihn skeptisch an. Er wirkte entschlossen in seinem neuen Feuereifer. "Wir sollten feiern!"

Ich lachte ungläubig auf. "Womit denn? Mit dem Rest kalten Kaffees?"

Er grinste. "Ich nehme meinen Tarnumhang und besorge uns etwas."

Ich schüttelte den Kopf. "Das könnte ich doch tun."

"Du kannst unten am Fluss Wasser holen. Wenn alles glatt geht, können wir eine richtige Tee-Orgie feiern."

Wieder musste ich lachen. Meine Muskeln zitterten unter der ungewohnten Bewegung. Nur zu gern ließ ich mich in diese kurze Leichtigkeit fallen. "Okay, aber pass bitte auf dich auf, ja?"

Er nickte. "Ich lasse mich nicht schnappen, bis ich ein Schwert in diesen blöden Becher gerammt habe."

Als er samt Tarnumhang aus dem Zelt geschlüpft war, warf ich mir meinen Slytherinumhang über den Körper. Obwohl ich schon alles trug, was ich besaß, forderte die anhaltende Kälte im Zelt und die plötzliche Kaltfront ihren Tribut. Bibbernd ging ich über das trockene Laub, das unter meinen Füßen knirschte. Die Stille um mich herum war gespenstisch. Hier und da wurde sie vom plötzlichen Knacken eines zerbrechenden Asts unterbrochen, woraufhin ich mich jedes Mal mit klopfendem Herzen umsah.