Kapitel 10

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Ich sehen uns an. Ich, der auf seinem Stuhl wie angewurzelt sitzt und David, der keine 20cm neben mir steht und mich anlächelt.
Ich fühle mich wie gelähmt. Warum jetzt? Die letzten Wochen konnte ich ihm aus dem Weg gehen. Meine Mauern waren doch fast wieder vollständig errichtet, da kommt ehr mit einem Hammer um die Ecke und macht meine Arbeit zunichte. Wo ist Marina überhaupt so plötzlich hin? Warum sind wir alleine? Ich bekomme unweigerlich das Bedürfnis ihm nah zu sein. Ich will das Gefühl unterdrücken, aber je länger er mich so ansieht, desto mehr bröckelt meine Fassade.

David schüttelt den Kopf und tritt einen Schritt zurück.
Und plötzlich kann ich wieder klar denken.
Ich atme tief durch und stehe auf.
Schlechte Idee.
Genau die Distanz, die David eben geschaffen habe ich sofort wieder ausgefüllt. Toll Nolan, willst du jetzt auch mit der Abrissbirne weiter deinen Schutz zerstören?

Also sehen wir uns wieder einfach an. Da er ein paar cm größer ist als ich blickt er immernoch leicht auf mich herab, ich fühle mich aber jetzt ebenbürtiger als noch vor wenige, Momenten.
Ich hebe meine Hand. Ich bewege sie in Richtung seiner Schulter. Ich berühre sie nur einen Moment. Fast, als würde ich mich sonst verbrennen. Verbrennen an seinem Körper. Und schließlich gehe ich an ihm vorbei. „Ich geh mir einen Kaffee holen."

Es war die richtige Entscheidung jetzt zu gehen.
Ich halte das nicht aus. Diese blicke. Diese Nähe. Und, obwohl es nur kleine Gesten waren haben sie eine kleine Flamme entfacht. Und mit jeder Geste, mit jedem Blick wird diese langsam zu einem Feuer. Und was hilft gegen Feuer? Richtig, Flüssigkeit. Wobei nein, das ist nur eine falsche Annahme. Eigentlich muss  man eine Flamme ersticken. Aber ich will David ungern ersticken. Das wäre Mord. Mord ist schlecht.

Also muss ich weiter versuchen auf Distanz zu bleiben und mich vor diesem Fehler zu beschützen.
Aber warum tut er das? Warum verhält sich ein vergebener Hetero-Mann so? Seine Freundin tut mir leid. Und dieser Gedanke hilft mir tatsächlich, mich zu beruhigen. Ich denke einfach daran, dass David ein Riesen Arsch ist, der trotz Freundin auf der Arbeit offensichtlich flirtet. So jemanden möchte ich gar nicht in meiner Nähe haben.Meine Gedanken werden klarer. Mein Verstand kehrt zurück und ich schiebe David weit weg. Soweit es geht, wenn man sich 40 Stunden pro Woche ein Büro teilt.

...

Auf dem Heimweg verliere ich mich wieder in Gedanken. Warum fühle ich mich zu diesem Kerl hingezogen? Ich kenne ihn jetzt einen Monat und habe aber das Gefühl, ihn ewig zu kennen. Vielleicht hat sich in mir einfach Druck aufgebaut, weshalb ich mir selbst irgendwelche Dinge einrede, die nicht da sind. Ich bin seit 2 Jahren von Maurice getrennt, One Night Stands habe ich eigentlich nie und mich selbst berührt habe ich auch länger nicht, ich bin nicht so der Typ für Selbstbefriedigung, daher lasse ich es meistens einfach sein. Ich fasse einen Entschluss: Ich muss Druck abbauen. Viel Druck abbauen.

...

Dieser Entschluss war eine sehr gute aber auch gleichzeitig sehr schlechte Entscheidung. Zum einen fühle ich mich jetzt tatsächlich etwas ausgeglichener. Aber warum sind meine Gedanken, als ich zunehmend erregter wurde fast automatisch zu David gewandert?
Das gibt's doch nicht. Das ist falsch und macht meinen Zwiespalt nicht unbedingt einfacher.
Selbst mein Körper hat sich gegen mich verschworen ...

Coworker - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt