Kapitel 47

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„Hey du Loser! Warum sagst du nicht, dass du in der Stadt bist?" Diese Stimme kenne ich nur zu gut. Das ist Tobi, einer meiner längsten Freunde. Er gehört zu meinen ältesten Freunden aus dem Viertel.
„Ich hatte nunmal keinen Bock, mich mit so einem Waschlappen wie dir abzugeben, dafür ist meine Zeit zu schade" necke ich ihn. Er tritt ins Licht der Veranda und ich fange augenblicklich das Grinsen an.
Was habe ich diesen Idioten vermisst.

Ich denke gar nicht dran, über die Treppe im Haus nach unten zu gehen, stattdessen hangel ich mich am Balkongeländer hinab und springe den letzten Meter einfach.
„Pass auf, nicht dass deine alten Knochen brechen" ha. ha. Witzig. Er ist 4 Monate jünger als ich, daher bin ich für ihn eine Art alter weiser Mann. Er zieht mich in eine feste Umarmung und ich nehme sofort den typischen Tobi-Geruch war.

„Darfst du um diese Zeit Überhaupt draußen sein? Das Sandmännchen ist doch schon rum?" Frage ich ironisch.
„Weißt du, Lucy schaut das Sandmännchen mittlerweile alleine! Daher darf ich auch wieder länger wach bleiben." Lucy ist seine kleine Tochter. Ich habe sie vor einiger Zeit kennengelernt - ein zuckersüßes Mädchen, das zum Glück mehr von der Mutter als vom Vater hat.

„Wie gehts Kristina?" Seine Frau ist ebenfalls eine aus unserer Clique, die beiden waren bereits beim Abschluss ein Paar und ich habe höchsten Respekt, dass sie noch heute eine funktionierende Beziehung führen.
„Danke, ihr geht's gut. Du weißt ja, wie sie ist. Tyrannisiert mich von früh bis spät, da blieb mir, als ich gehört habe, dass du hier bist, nur die Flucht".

Wir beschließen auf ein Getränk in eine Bar zu gehen und ein wenig über alte Zeiten zu sprechen. Ich erzähle von meinem Job und den letzten Tagen bei meiner Mum, er erzählt von seinem Familienleben. Unsre Leben könnten verschiedener nicht sein, aber im Kern sind wir noch immer die Jungs von damals, die zusammenhalten.

Die anderen wussten von meinen Problemen. Sie wollten mir helfen aber es fiel mir unglaublich schwer, nach Hilfe zu fragen. Ich habe immer alles mit mir ausgemacht weil ich Angst hatte, andere zu belasten. Und sie schließlich zu verlieren. Und das hätte ich nicht verkraftet. Stattdessen waren sie einfach da und haben mich akzeptiert wie ich bin. Dafür bin ich ihnen unendlich dankbar.

Wir trinken zwei Getränke und machen uns wieder auf den Heimweg, immerhin muss Tobi morgen zur Arbeit und darf davor noch seine Tochter in die Kita bringen. Ich will dem pflichtbewussten Familienvater natürlich keinen Ärger bereiten. „Lass uns Morgen doch unsere alte Clique  zusammentrommeln und abends zum See fahren. Meine Mum nimmt sicher Lucy für einen Abend, dann siehst du auch Kris wieder". „Gute Idee, vielleicht haben ja ein paar von den anderen auch Zeit."

Früher haben wir uns immer abends am See hier im Ort getroffen. Da wir alle über verschiedene Schulen verteilt waren war dies ein Ort, an dem wir gemeinsame Erinnerungen erlebt haben. Sei es unser erster Kontakt mit Alkohol, gemeinsames Zelten oder nächtliches Baden. Tobi und Kristina hatten dort sogar ihren ersten Kuss. Der Ort ist mit viel positiver Energie verbunden.

Coworker - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt