Kapitel 8

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Ich sitze vor der Turnhalle, alleine.
Die Schule ist längst vorbei, keiner ist mehr hier. Nur ich, der mit angezogenen Beinen auf dem Boden sitzt und dem Tränen über die Wangen laufen.
Warum passiert mir immer so etwas? Was habe ich getan, dass mich niemand mag?

Letzte Woche hat einer der beliebten Jungs sich neben mich gesetzt beim Mittagessen und sich mit mir lange unterhalten. Er sagte, er mag mich und wir können gerne mal was gemeinsam nach der Schule machen. Ich fand ihn nett und habe ihm in unserem Gespräch auch die eine oder andere Sache über mich erzählt. Als ich heute in der Pause zu ihm gehen wollte, um zu fragen, wann wir uns heute nachmittags treffen wollen habe ich gehört, wie er mit anderen über mich gesprochen hat.

„Nolan ist so ein Mädchen. Der Kerl ist total ekelhaft. Ich hätte letzte Woche in der Mittagspause fast gekotzt, weil ich mir sein Gelaber anhören musste. Und wie er immer herum läuft, als wäre er was besseres als wir. Dem zeigen wir schon noch, was für ein Abschaum er ist" Alle um ihn herum lachen. Sie lachen über mich.

Ich habe meiner Mum gesagt, ich treffe einen Schulfreund, daher bin ich hier geblieben nach der Schule, damit ich ihr nicht erklären muss, weshalb ich doch früher nach Hause komme. Ich sitze hier und weine. Warum können die mich nicht einfach akzeptieren?

Ich schrecke hoch. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, dass es 02:35 Uhr ist. Warum träume ich ausgerechnet heute davon? Leider passiert mir das Gelegentlich, von meiner Jugend zu träumen. Ich hatte es in der Schule nicht so leicht. Heute weiß ich, dass ich nichts dafür konnte, Kinder sind einfach grausam. Sie suchen sich einen aus, der anders ist. In diesem Falle war ich das gefundene Fressen: Ich liebte schon als Jugendlicher Mangas, was alle seltsam fanden. Ich habe mich früher auffälliger gekleidet, weshalb mich alle für einen Sonderling hielten. Und ich habe früh herausgefunden, dass ich auf Jungs stehe, was ich blöderweise einem Klassenkameraden erzählt habe. Seitdem fanden mich alle eklig, als wäre ich ansteckend.

Außerhalb der Schule hatte ich Freunde, die alle in meinem Viertel wohnten. Wir gingen nur leider alle auf unterschiedliche Schulen nach der Grundschule, weshalb ich während der Schulzeit auf mich allein gestellt war. Deshalb habe ich mich einsam gefühlt, obwohl ich es eigentlich nicht war. Denn ich hatte eine tolle Familie und Freunde. Dennoch hat mich meine Schulzeit wirklich geprägt.

Ich habe irgendwann angefangen, Schutzmauern vor anderen zu errichten, weil ich nicht mehr verlassen werden wollte. Ich entwickelte eine Angst davor, dass die Menschen die ich mag, irgendwann einfach gehen. Ich war mir nie sicher, ob jemand mich wirklich mag, oder mich nur ausnutzt bis er etwas komisches an mir gefunden hat, was er gegen mich verwenden konnte. Ich habe begonnen, mich auf Leistung zu fokussieren, mir einen festen Tagesplan zu strukturieren und mich von anderen fern zu halten. All das, um mir selbst Sicherheit zu geben.

Und obwohl ich meine Hand voll Freunde aus meinem Viertel noch heute habe und auch Beziehungen geführt habe, holt mich all das immer wieder ein. Es ist wie ein Teufelskreis, den ich nicht durchbrechen kann. Ich weiß, dass all das Vergangenheit ist und, dass ich keine Schuld an dem Verhalten meiner Mitschüler trage. Dennoch schmerzt es und ich habe Angst, meinen Weg zu verlassen.

Und David kommt einfach in mein Leben und fängt bereits nach weniger als einer Woche an, meine Schutzmauern einzureißen. Und ich kann nichts dagegen tun, denn auch jetzt mitten in der Nacht beschäftigt er mich immer noch. So liege ich also hier und versinke tief in meinem Gedankenkarussell.

Coworker - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt