Kapitel 44

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Zwei Stunden später sitze ich im Auto nach Hause. Aber nicht in dem von Marina, wie auf dem Hinweg zur Tagung - sie ist nämlich tatsächlich nicht mehr im Hotel aufgetaucht. Auf meinem Handy hatte ih vorhin allerdings eine Nachricht von ihr, sie bleibt noch etwas bei „Dylan". Das scheint der Stecher von gestern Nacht zu sein, aber solange sie noch am Leben ist soll es mir recht sein. Sie ist alt genug und es spricht ja nichts dagegen, solange es ihr gut geht.

Und so sitze ich stattdessen im Auto von David, der mich nun nach Hause fährt. Ich sitze auf der Beifahrerseite und blicke nach draußen auf die verregnete Landschaft. Richtiges Sauwetter heute, zum Glück sitze ich im Trockenen. Unweigerlich muss ich an diese extrem unangenehme Situation beim Frühstück denken, die uns natürlich nicht erspart geblieben ist.

Spoiler: Wir wurden letzte Nacht gehört. Natürlich.
Zum Glück wurden wir jedoch nicht identifiziert. Das verdanken wir aber nicht mir, denn ich bin, als die Kollegen beim Frühstück davon erzählt haben direkt nervös geworden und rot angelaufen. David hingegen hat sich dumm gestellt und war äußerst glaubhaft, als auch er sich gewundert hat, wer da letzte Nacht einen Porno auf unserem Stockwerk gedreht hat. Daraufhin sind die übrigen Kollegen am Tisch direkt in eine angeregte Diskussion über diverse Schmuddelfilme eingestiegen und das Thema war irgendwie erledigt. Gott sei Dank! Der Gedanke daran lässt mich erleichtert seufzen. Nochmal Glück gehabt.

David scheint dies auch aus seinen Gedanken zu holen, im Augenwinkel sehe ich, dass er kurz einen Blick zu mir rüber wirft, ehe er sich wieder auf die Straße konzentriert. Ein paar Sekunden später spüre ich seine warme Hand auf meinem Oberschenkel. Sie ruht auf einer Stelle und sein Daumen streift immer wieder langsam auf und ab. Ich lege meine Hand auf seine und verschränke unsere Finger leicht, ehe ich wieder in meine Gedankenwelt abschweife.

Wir hatten Sex. Extrem guten und intensiven Sex, der sich verdammt richtig angefühlt hat. Und jetzt sitzen wir hier in seinem Auto und halten Händchen als wären wir frisch verliebt. Sind wir verliebt?
Bin ich verliebt? Oder genieße ich gerade das Abenteuer mit ihm, weil er mich dazu bringt meine selbst auferlegten Grenzen zu überschreiten?
Ich fühle mich wohl, wohler als bei jedem anderen. So habe ich mich seit Maurice bei keinem Mann gefühlt. Dennoch ist die Situation eine ganz andere als damals, als ich mit Maurice zusammengekommen bin.

Das muss aber nichts heißen, keine Beziehung bzw. der Start dieser ist identisch. Genauso wie die Menschen individuell sind so ist es auch immer die Liebe zwischen zwei Personen. Ich habe es noch nie verstanden, wenn Menschen andere aufgrund ihrer Beziehung beurteilt haben und Vergleiche gezogen haben. Warum erwische ich mich also dabei, wie ich eben diesen Vergleich ziehe?

Ist es, weil ich schon einen Schritt weiter als bloßes Verlangen bin? Weil mehr Gefühle im Spiel sind als bisher angenommen? Genau diese Situation ist typisch für mich, weil ich mich wieder nicht fallen lassen kann. Sobald ich Zeit habe, in meine Gedanken abzudriften kommen Zweifel und ich fange an, alles zu analysieren. Sämtliche Fortschritte und jegliche Sicherheit sind dahin und ich bin wieder gefangen in meinem Gedankenkarussell, dass seine Kreise zieht und mich selbst so sehr einschränkt.

Ich würde zu gerne wissen, was wir jetzt sind. Kommen wir zusammen? Bleiben wir in dieser Situation stecken?

Irgendwann, als ich die Realität gar nicht mehr wahrgenommen habe, spüre ich einen stärkeren Druck auf meinem Oberschenkel. David versucht, sich bemerkbar zu machen.

Coworker - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt