Kapitel 46

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Mittlerweile ist Mittwoch. Ich bin also bereits zwei Tage bei meiner Familie in der Heimat und ich genieße jede Sekunde und sauge alles auf, wie ein Schwamm. Meine Eltern sind liebevoll, haben sich immer um mich gekümmert und sind absolut herzliche Menschen.
Heute war ich mit meiner Mum beim Brunch und habe ihr das erste Mal von David erzählt, denn auch ihr ist nicht entgangen, dass ich relativ häufig auf mein Handy sehe und gestern Abend lange telefoniert habe. Da hat ihr Mutterinstinkt direkt was vermutet, daher ist es dann heute beim Essen einfach so aus mir heraus gesprudelt.

Das war super unangenehm, aber auch befreiend, ihr davon zu erzählen. Gut, das mit dem Sex habe ich weg gelassen, aber gerade meine Sorgen wegen der Tatsache, dass wir Kollegen sind hat sie sich lange und ausgiebig angehört. Ebenso mein emotionaler Zwiespalt, in dem ich mich befinde.

Es ist schon nach 20 Uhr und ich sitze auf dem Balkon meines Kinderzimmers und höre ein wenig Musik. Langsam wird es wieder wärmer und ich genieße die frische Luft. Ein Satz, den meine Mum heute sagte, ist sehr präsent in meinem Kopf.

„Ich weiß, dass dir dein Job wichtig ist Nolan. Aber denk mal darüber nach, was das Leben für dich wirklich lebenswert macht. Ich weiß, dass du oft verletzt wurdest, gerade zu deiner Schulzeit. Aber das ist vorbei. Du bist ein erwachsener Mann, der auch mal leben darf ohne Angst zu haben verletzt zu werden. Jeder kann dich verletzen, aber wenn du es nicht versuchst, kannst du es nicht herausfinden."

Und verdammt, das ist so wahr! David erinnert mich daran, dass der Alltag nicht nur trist und regelbasiert  ist, sondern, dass jeder einzelne Tag aufregend sein kann. Er zeigt mir, dass ich mehr bin, als nur meine Leistung im Job. Dass ich vertrauen schenken kann, ohne verletzt zu werden. Dass es gute Menschen gibt die es wert sind, sie an einen heran zu lassen.
Und ich vermisse ihn, ich sehne mich nach seinem bescheuerten Zwinkern und seine anzüglichen und meist total unangebrachten Sprüche.

Deswegen habe ich ihn auch gestern Abend bei ihm angerufen. Einfach, um seine Stimme zu hören. Und er scheint ähnlich zu fühlen. Hoffe ich.
Dieser Gedanke beschert mir ein Lächeln.

Es kann funktionieren. Wir können funktionieren.
Und, obwohl ich weiß, dass ich mein Glück nicht von einer Person abhängig machen soll, glaube ich, dass ich durch David wieder mehr zu mir finden kann.

Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ich einen Schatten im Garten erkenne. Wer ist das?

Coworker - ManxManWo Geschichten leben. Entdecke jetzt