Ein ungewöhnlicher Fund

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Die Wochen vergingen und allmählich hatte ich meine Emotionen wirklich gut im Griff und wir waren das perfekte Team. Irgendwann würde er frei sein und irgendwann würden wir eine Lösung dafür haben, aber im Moment lebten wir ganz gut. Meinen Tag vertrieb ich mir mit Sport, Kochen für die Gemeinschaft oder mit Einkaufen. Ich kannte mich mittlerweile gut in der Gegend aus und Charlie zahlte mir Geld fürs Kochen. Ich bereitete 4 mal die Woche das Essen im Hotel zu, was mir viel Spaß machte. Heute hatte ich einen freien Tag und ich zog los um shoppen zu gehen. Ich schlenderte durch die Straßen und durchstöberte einige Läden. Ich fand einige schöne Kleidungsstücke, unter anderem ein hübsches Negligee in hellblau, mit einer hübschen Schleife und einem Beinschlitz. Ich war sehr zu frieden mit meiner Ausbeute und begab mich mit meiner gefüllten Tüte auf den Rückweg. Plötzlich hörte ich etwas schreien und weinen. Irgend etwas in mir trieb mich an, hektisch nach dem Geräusch zu suchen und ich wurde in einer Seitenstraße fündig. Das schreien kam aus einem abgestelltem Korb. Ich sah mich um und stellte fest das niemand in der Nähe war und sich keiner dafür zu interessieren schien. Ich trat an das Körbchen heran und blickte hinein. Ein Baby?! Wer um alles in der Welt setzt denn einen Säugling hier ab. Ich zögerte nicht lang und nahm das wimmernde Kleine in meine Arme. Es war nur eingewickelt in ein Tuch. Es hatte Schneeweiße Haare, eine kleine Stupsnase und kleine Hörnchen ragten aus seinem Kopf heraus. „Psst, nicht mehr weinen!" sagte ich mit beruhigender Stimme und wiegte das kleine in meinen Armen. „Ich nehme dich mit! Hier bleiben kannst du gewiss nicht!" Sprach ich. Ich ergriff meine Tüte und ging los. Dabei schossen mir Gedanken durch den Kopf. Das kleine wird hungrig sein. Was braucht denn ein Baby alles? Mir kam die Idee noch schnell ein Fachgeschäft aufzusuchen. Ich hatte mal eines gesehen, also machte ich mich schnell auf den Weg. Kaum angekommen, wurde ich freundlich begrüßt. „Entschuldigen Sie bitte, aber ich könnte etwas Hilfe gebrauchen." Sagte ich leicht verunsichert zu der Verkäuferin. „Ich bräuchte eine Erstausstattung für ein Baby." Fügte ich hinzu. „Da sind Sie bei uns genau richtig!" entgegnete mir die Verkäuferin. Sie führte mich durch das Geschäft und zeigte mir viele wichtige Utensilien. Ich nahm Fläschchen, Milch, Kleidung, Windeln und eine Babytrage mit, damit ich freie Arme hatte und mit dem kleinen Bündel sicher im Hotel ankommen würde. Ich bezahlte eine ordentliche Summe, aber das war mir erstmal nicht so wichtig. Hauptsache ich könnte dem kleinen Wesen helfen. Die Verkäuferin half mir noch die Trage anzulegen und verabschiedete sich. „Danke." Sagte ich zum Abschied und verließ das Geschäft. Das kleine schlief in der Trage sofort ein und ich beeilte mich. Wie sollte ich das den anderen erklären, dachte ich und konnte das Hotel schon sehen. Ich schritt zügig durch die Eingangstür, wo ich Vaggie, Charlie und Husk begegnete. Husk verschluckte sich direkt an seinem Getränk und hustete sich die Seele aus dem Leib. Vaggie starrte mich an, als hätte sie ein Gespenst gesehen und Charlie stand mit fragendem Blick und erhobenen Zeigerfinger da. „Ähm..." Stammelte sie. „Woher hast du das Baby?" Fragte sie mit hoher Stimme. „Chillt Leute. Ich hab das Kleine ausgesetzt in der Gosse gefunden!" gab ich ihr als Antwort. „Und dann schleppst du das Gör hier an?!" Hustete Husk. „Was hätte ich denn machen sollen und ich habe mich umgesehen! Da war keiner!" Knurrte ich Husk mit glühenden Augen an. „Okay, Okay ist ja schon gut!" sagte er mürrisch. Charlie sah mich verständnisvoll an und sagte: „Du hast das richtige getan!... Leider kommt es öfter mal vor, dass Säuglinge ausgesetzt werden. Die Höllengeborenen haben oft viele Kinder und sind nicht unbedingt immer die besten Eltern..." „Und was passiert mit den ausgesetzten Kindern?" Fragte ich. „Nun ja es gibt Waisenhäuser, aber leider völlig überfüllt..." Ich überlegte kurz... „Kann ich das Baby nicht behalten?" Fragte ich Charlie und konnte selbst nicht glauben was ich da vor hatte. „Nun ja, also wir haben dafür keine Gesetze hier unten, also Theoretisch spricht nichts dagegen." Sagte sie skeptisch. Nun schaltete sich Vaggie ein. „Bist du sicher das du ein Baby großziehen kannst?" Fragte sie mich. „Ich weiß es nicht, aber ich möchte es probieren!" Lächelte ich sanft. „Heilige Scheiße!" rief Husk. „Das erklär mal Angel!" Lachte er los. Ich funkelte ihn wütend an und ging aufs Zimmer. Ich öffnete die Trage und lag das kleine auf dem Bett ab. Es erwachte und schaute mich an. Mir stockte der Atem als ich feststellte, dass es genau so blaue Augen hatte wie ich. Ich schaff das schon, dachte ich und wickelte das Tuch ab. „Oh du bist ein Junge!" viel mir direkt auf. Ich wickelte ihn etwas unbeholfen und zog ihm etwas von den Sachen an, die ich gekauft hatte. Ich schnappte ihn mir und ging mit den Flaschen und der Milch in die Küche, um ihm ein Fläschchen vorzubereiten. Langsam wurde der kleine quengelig und fing an zu meckern. Ich sang ein Lied und ging dann mit ihm auf dem Arm und einer fertigen Milchflasche in der Hand in den Aufenthaltsbereich. Ich setzte mich und gab ihm das Fläschchen, was er ganz gierig trank. Dabei wippte ich hin und her. Er beruhigte sich und schlief selig in meinem Arm ein. Ich stellte die Flasche weg und wischte ein Milchbläschen von seinem kleinen Mundwinkel ab. „Wie konnte man dich nur einfach allein in dieser Gosse zurücklassen?" flüsterte ich und lehnte mich zurück. Ich vergaß komplett die Zeit und konnte mich gar nicht an diesem kleinen Bündel satt sehen. Waren das Muttergefühle, die ich verspürte? Nach und nach traten die anderen Bewohner an mich herum und betrachteten den schlafenden Drops. Sogar Alastor wollte den Knirps aus der Nähe betrachten. „Das könnte unterhaltsam werden." Grinste er und verdrehte den Kopf. „Er ist schon ziemlich niedlich!" Lächelte Vaggie und lag einen Arm um Charlie. „Das wird hier einen ganz neuen Wind reinbringen." Sagte Charlie. Auf einmal kam Anthony durch die Tür marschiert und schaute nicht schlecht, als er die Versammlung im Foyer sah. „Was ist denn hier los?!" brachte er völlig irritiert hervor. Husker trat einen Schritt zur Seite und nun sah er mich, wie ich mit dem Säugling auf dem Arm da saß und einfach nur zärtlich lächelte. „Sind wir bei versteckte Kamera?" rief er ungläubig und kam dichter auf mich zu. „Wem gehört das da?" Fragte er völlig verwirrt und überrumpelt. Ich schaute ihm in die Augen und sagte: „Ich habe ihn adoptiert." Antwortete ich. Man sah ihm den Schock an und er fing an irgendwas vor sich hin zu stammeln. Husk beendete den Wahnsinn und führte ihn von mir weg zur Bar. „Der kriegt sich schon wieder ein, sagte Vaggie. „Man wird ja nicht täglich aus dem nichts Vater!" Lachte Sir Pentious zischend.
An der Bar:
„Geht's dir gut?" Fragte Husk und mixte Angel einen Drink. „Was glaubst du denn?" antwortete er leicht säuerlich. „Ich kann verstehen, dass dich die Angelegenheit nervös macht, aber sie hat den Kleinen Racker gefunden... Sie hat eine richtige Entscheidung getroffen." Erklärte er ihm ruhig und sachlich. „Husk du verstehst das nicht. Ich kann kein Kind großziehen... ich bin schon gefickt, wenn Val das mit Scarlett rausbekommt, aber wenn er erst erfährt, dass ich den Papi spiele... Hast du eine Ahnung wozu dieses Arschloch fähig ist?!" keuchte er und schnappte sichtlich nach Luft. „Beruhig dich Angel! Ich verstehe dich, aber gib ihr doch wenigstens eine Chance... Wir finden eine Lösung für das Dilemma und außerdem wäre nicht einmal Valentino so dumm sich mit Charlie anzulegen. Hier seid ihr in Sicherheit!" sagte er ruhig und gelassen und legte eine Hand auf seine Schulter. Anthony atmete tief ein und aus. „Was wenn ich es verkacke?!" Fragte er ängstlich. „Ich dachte immer der große Angel Dust kann jede Rolle spielen?" grinste Husk etwas frech. Angel trank darauf hin seinen Drink aus und stand selbstbewusst auf.
Ich saß immer noch leicht lächelnd da und hielt das Baby in meinem Arm. Allerdings machte sich langsam die Angst in meinem Kopf breit. Was ist, wenn ich ihn damit überfordere. Vielleicht ist es zu viel verlangt ein Kind mit mir großzuziehen. Daran hatte ich noch gar nicht gedacht, als ich das Kleine heute fand. Das Lächeln verschwand aus meinem Gesicht. Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht merkte, das Anthony zurück kam und sich hinter mich stellte, um einen Blick auf das Neugeborene zu werfen. Der kleine wurde etwas unruhig und öffnete dann seine großen, strahlenden blauen Augen. Er sah Anthony an und quickte einmal auf. Jetzt bemerkte ich auch, dass er hinter mir stand. „Oh, entschuldige, dass ich dich nicht bemerkt habe." Sagte ich zögerlich. Angel hatte rote Wangen und ein Lächeln auf den Lippen. Er reagierte gar nicht auf mich sondern starrte einfach nur das kleine, blauäugige Wunder an. „Hör zu... es tut mir leid, dass ich dich nicht gefragt habe, was du davon hältst, aber ich konnte ihn nicht einfach da lassen..." Begann ich meinen Satz. Er schüttelte den Kopf und schien sich aus seiner Trance zu lösen. „Ich weiß schon..." Antwortete er mir und gab mir einen Kuss auf die Stirn. „Ich hab keinen Plan, ob das funktionieren wird, aber für dich will ich es versuchen." Fügte er seinem Satz hinzu. Ich strahlte ihn an und war überglücklich über sein Verständnis. „Wie soll er eigentlich heißen?" funkte Charlie mit mal dazwischen. „Darüber hab ich mir noch keine Gedanken gemacht, wenn ich ehrlich bin..." gab ich grübelnd zu. Ich hätte da einen Vorschlag..." Sagte Anthony kleinlaut. Ich schaute zu ihm auf und war sehr gespannt. Damit hätte ich im Leben nicht gerechnet, dass er eine Idee für einen Namen parat hält. „Ich fand den Namen Bellamy immer sehr schön..." „Der Name ist wunderbar..." sagte ich und spürte wie mir die Wärme ins Gesicht stieg. „Ich liebe dich!" flüsterte ich kaum Hörbar. Wir blieben alle noch eine Weile beisammen und feierten unseren kleinen Neuzugang.

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