20.

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Ich nicke leicht. „Ich öffnete die Haustür und auf dem Boden lag ein Paket. Es stand kein Absender drauf. Nur mein Name. Ich habe das Paket aufgehoben und die Tür wieder zugemacht. In dem Paket war eine Karte." Ich atme tief ein und aus. „Ich-Ich habe auf der Karte gestanden. Ich-Ich."
„Schon gut. Du brauchst es nicht zu sagen. Ich weiß, was auf der Karte stand", sagt er beruhigend und streicht mir über den Rücken. „Und dann war da noch die Ki-Kiste mit der Ratte."
„Shht, ist schon gut. Du brauchst keine Angst zu haben. Dir wird nichts passieren." Ich lege meinen Kopf zurück an seine Brust und spüre, wie mir leichte Tränen in die Augen schießen.

„Ich weiß, von wem das ist", sage ich, nachdem ich mich beruhigt habe. Miran nimmt mein Gesicht in seine Hände und sieht mich erwartungsvoll und mit leichter Wut in den Augen an.

„Der Mann, der mich entführt hat, als ich elf war. Er war es. Er hat mich immer Ari genannt. Er wurde nie gefunden und ich habe bis heute nichts mehr von ihm gehört."

Miran schaut mich schockiert an. Er legt seine Stirn an meine.
„Ich werde nicht zulassen, dass dir noch einmal etwas passiert, Nehir. Ich werde immer bei dir sein und dich nicht allein lassen. Dieser Mann wird dir nichts tun. Ich werde dich mit meinem Leben beschützen Yeşil gözlüm."

Behutsam legt er seine Lippen auf meine und küsst mich zärtlich. Der Kuss ist sanft und voller Liebe. Wir lösen uns und unsere Nasenspitzen berühren sich.

„Seni Seviyorum" „ben de seni seviyorum yeşil gözlüm" wispert er zurück.

Am nächsten Morgen erwache ich in meinem Bett. Ich schaue zur Seite, aber Miran ist nicht da. Er hat mich gestern Abend ins Bett gebracht, weil ich auf dem Balkon eingeschlafen bin.

Schnell mache ich mich frisch und ziehe mich um. Als ich die Treppe hinuntergehe, höre ich Miran mit den anderen reden.

Im Wohnzimmer angekommen, schauen mich alle an. Meine Tante kommt auf mich zu und umarmt mich. „Kuzum, ich habe mir solche Sorgen gemacht, geht es dir gut?" Sie schaut mich besorgt an. „Teyze, mach dir keine Sorgen. Mir geht es schon viel besser. Miran hat sich gut um mich gekümmert." Ich lächle sie an und sie lächelt zurück.

„Worüber habt ihr euch gerade unterhalten?" Ich schaue in die Runde. Alle weichen meinem Blick aus. „Du wirst nicht mehr zur Schule gehen", ertönt die Stimme meines Verlobten. „Das ist doch nicht dein Ernst?"
„Siehst du, das habe ich dir nicht gesagt. Sie wird es nicht gutheißen." höre ich Arians Stimme. Arian kommt auf mich zu und bleibt vor mir stehen. Er nimmt meine Hände in seine.

„Nehir, ich will nicht, dass du weiter zur Schule gehst. Wir wissen nicht was dein Onkel vorhat. Was dieser anonyme Mann vorhat. Sein Päckchen ist eine indirekte Drohung an dich. In der Schule bist du schutzlos. Niemand kann auf dich aufpassen. Dir kann jederzeit etwas passieren." Ich entziehe ihm meine Hände und schüttle den Kopf. „Niemand weiß genau, wer ich bin. Mir wird in der Öffentlichkeit nichts passieren."
„Da kannst du dir nicht sicher sein."
„Nein, Miran, hör auf. Ich werde wie geplant weiter zur Schule gehen. Es sind sowieso nur noch drei Monate bis zu meinem Abschluss. Das kannst du mir nicht verbieten." fahre ich ihn an und verschwinde.

Ich gehe nach oben in mein Zimmer und direkt auf den Balkon. Ich stelle mich an den Rand und genieße die frische Luft.
Ich kann ihn wirklich verstehen.
Er macht sich Sorgen um mich, aber es ist nur die Schule, mir wird nichts passieren. Wer sollte mir in der Öffentlichkeit etwas antun wollen? Es reicht schon, dass ich nach der Schule kein normales Leben führen kann und ein Land zu regieren habe. Ich will doch nur ganz normal wie andere in meinem Alter zur Schule gehen, mit Freunden ausgehen, studieren und meinen Traumberuf ausüben.
„Nehir?" Ich drehe mich um und blicke in braune Augen. Ich lehne mich gegen das Geländer. „Es tut mir leid, aber du musst mich auch verstehen. Ich will nicht, dass dir wieder etwas passiert und wir können nie wissen, wann dich jemand angreift. In der Schule ist niemand der dich beschützen kann." Er macht einen Schritt auf mich zu und fährt sich mit der Hand durch die Haare.

„Ich verstehe, aber du musst mich auch verstehen Miran. Ich habe es satt hier eingesperrt zu sein. Jahrelang musste ich mein wahres Gesicht verstecken. Ich bin wie gefangen. Die Schule ist der einzige Ort wo ich hingehen kann. Du weißt gar nicht, wie lange ich mit meiner Tante darüber diskutieren musste, dass ich überhaupt zur Schule gehen darf. Ich musste so viel riskieren, um wie alle anderen in meinem Alter zur Schule gehen zu dürfen und dann auch noch meinen Abschluss zu machen."

Er schüttelt den Kopf: „Nein Nehir. Was, wenn dir etwas passiert? Das könnte ich mir nie verzeihen. Du leidest schon genug mit deiner psychischen Erkrankung, wenn dir noch einmal etwas passiert. Wer weiß, was diesmal passiert."

Ich gehe auf ihn zu und stelle mich direkt vor ihn. Ich lege meinen Kopf in den Nacken und schaue zu ihm hoch. Ich lege meine Hände auf seine Brust und mache einen Schmollmund.

„Aşkim lütfen. Bitte nimm mir das nicht weg. Bitte lass mich weiter zur Schule gehen. Wenn ich die ganze Zeit hier eingesperrt bin, werde ich noch depressiver." Ich sehe ihn mit meinen Kulleraugen an.

Ruhumun HuzuruWo Geschichten leben. Entdecke jetzt