I.

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2017

Es gibt Richtungen der Magie, mit denen die Schüler in den Zauberschulen nicht bekanntgemacht werden, weil sie so speziell sind, dass sie nicht Teil einer allgemeinen Schulbildung sein können.
So eine Richtung ist das genetisch bedingte Zeitreisen, das seit den Anfängen in zwei Familien vererbt wird.
Giselle de Minuit war die letzte Person auf Erden, die durch diese Fähigkeit gesegnet oder auch verflucht wurde.

Ihre Mutter war ebenfalls von diesem Phänomen betroffen, jedoch unterschieden sich Mutter und Tochter darin, dass Giselle zusätzlich Nachkomme der alten französischen Zaubererfamilie de Minuit war. Auch in dieser Hinsicht war sie die letzte Erbin, denn sie war die einzige Tochter von Charles de Minuit.
Bedauerlicherweise hatte das Mädchen bereits kurz nach ihrer Geburt ihre Mutter auf mysteriöse Art verloren und wuchs alleine mit ihrem Vater in der Provence auf. Nie hatte sie den Umstand des Todes ihrer Mutter begriffen, denn Zeitreisende konnten nur durch eigene Hand sterben also durch Suizid.
Sie konnte sich beim besten Willen nicht erklären, weshalb ihre Mutter sie im Stich gelassen hatte und sich selbst das Leben genommen hatte. Auch ihr Vater gab sich keine besonders große Mühe mit ihr über diese Angelegenheit zu reden und beantwortet ihre Fragen meistens indem er immer wieder betonte, ihre Mutter habe sie keineswegs aus fehlender Liebe oder aus Verantwortungslosigkeit verlassen und versuchte somit die Zweifel seiner Tochter zu beseitigen. Was ihm jedoch nur teilweise gelang, Giselle ließ sich nämlich nie mit solch einfachen Antworten abschütteln und fragte liebe noch häufig nach dem Warum.
Er erklärte ihr immer wieder, dass zum Zeitpunkt des Todes ihrer Mutter alles anders gewesen sei, zu Herrschaftszeiten des dunklen Lords, in der viele Dinge vorgefallen seien, die nicht so einfach zu erklären und zu begründen waren. Sie wurde dabei das Gefühl nicht los, dass er ihr immer etwas verheimlichte.

Eigentlich war ihr Vater mit den Sichtweisen Voldemorts zum Teil  einverstanden und so wurde auch Giselle dazu erzogen unter anderem auf ihren Blutstatus stolz zu sein. Jedoch hatte das Mädchen niemals Verständnis für solch grausame Taten, die dieser Zauberer, Voldemort, vollbracht hatte, entwickelt.

Seit uralten Zeiten war es Brauch in der Familie der de Minuits die Kinder nicht auf eine Zauberschule zu schicken, wie zum Beispiel Beauxpatons oder Hogwarts, da in Frankreich das private Unterrichten der Kinder in Sonderfällen (zum Beispiel Familientraditionen) durchaus von Seiten des Ministeriums gestattet war.
Der eigentliche Grund für diese Tradition lag schon Ewigkeiten in der Vergangenheit; Ambrosius de Minuit hatte sich in 1642 gegen die Lehrmethoden in Beauxpatons aufgelehnt, da einige Elemente seines Erachtens nach aus dem Lehrplan fehlten, die nach seiner Meinung unerlässlich waren, wie zum Beispiel die Grundlagen der dunklen Künste. Die Schule weigerte sich allerdings seinen Vorschlag um zu setzen und so beschloss Ambrosius de Minuit jegliche Verbindung zu der Schule ab zu brechen. Er entschied sich dafür, seinen Sohn aus der Schule zu nehmen die eigenständige, selbstbestimmte Bildungsvariante der de Minuits zur Tradition zu machen.
Zu Hause wurde Giselle nach eigenen Methoden mit der Magie bekannt gemacht durch Zaubermeister aus der ganzen Welt, die sie in den unterschiedlichsten Fächern unterrichteten und sogar zum Teil über den Rahmen einer gewöhnlichen Schulbildung hinausgingen.
Ihr Vater meinte immer, und damit war Giselle auch vollkommen einverstanden, dass ein Lehrer sein vollständiges Wissen an seine Schüler weiterreichen musste, denn nur dann konnte das Wissen überhaupt erhalten bleiben, nicht in Vergessenheit geraten und so den Fortschritt sichern.

Durch die Fähigkeit, die ihr von ihrer Mutter vererbt wurde, stand es Giselle in der Macht in die Vergangenheit vor ihrer eigenen Geburt zu reisen, wann und wo sie es auch immer wollte. Sie konnte mehrmals an den gleichen Zeitpunkt zurückkehren ohne sich selbst zu begegnen, konnte Ereignisse so oft zurückspulen, wie sie es wollte, denn als Zeitreisende konnte sie sich auf einmal nur in einer Zeitebene befinden.
Allerdings gab es auch Dinge, die sie unter allen Umständen vermeiden musste. Auf diesem Gebiet hatte sie die Schwester ihrer Mutter, ihre Tante Rosemary, belehrt, die ebenfalls einst Zeitreisende gewesen ist; bis sie den größten Fehler beging, den man als Zeitreisende machen konnte.
Wissend über die Geschehnisse der Zukunft, widersetzte sich Rosemary ihrer Zeitsteuerung, der intuitiven Verhaltensweise, die den Zeitreisenden die Geschehnisse der Vergangenheit so lenken ließ, dass sich die Gegenwart durch ihr Auftreten in der Vergangenheit nicht veränderte, und deplassierte an den Tag ihrer eigenen Geburt, um ihre Mutter (also Giselles Großmutter) vor ihrem Tod zu warnen.
Man muss wissen, wenn ein Zeitreisender seine Gabe ausnutzt und die Zukunft verrät, wobei als Verrat die Warnung vor dem Tod oder Mord gilt, ist er nicht mehr würdig die Gabe zu besitzen und verliert sie. Es besteht für einen Zeitreisenden durchaus die Möglichkeit in der Vergangenheit leben zu retten, jedoch nur im Rahmen der Zeitsteuerung.
So geschah es, dass ihrer Tante Rosemary ihre Fähigkeit verlor; ihre Mutter, Hanna Bròdy, starb trotz ihrer Warnung (die Gründe für ihren plötzlich Tod blieben ebenfalls ungeklärt) und Rosemary verharrte an ihrem Geburtstag als zwanzigjährige in der Vergangenheit.
Sie musste von da an für immer in dieser Zeitebene bleiben.
Eigentlich wäre sie die jüngere Schwester von beiden gewesen, aber da sie den eigentlichen Umstand ihrer Geburt zu verändern versucht hatte, wurde sie plötzlich zur älteren von beiden.
Giselle hatte sich diese Geschichte gefühlt oder auch tatsächlich zehntausend mal anhören müssen, denn ihre Tante versäumte keine Gelegenheit auf diese zurück zu kommen. Mittlerweile kannte ihre Nichte die Tragödie innen und auswendig und war sich ganz sicher, dass ihr so etwas nicht passiert wäre.
Leider ließ sich bei Giselle jedoch ein Fehler des Zeitreise-Gens feststellen, wofür keiner wirklich den Grund kannte. Es war der, wie sie es bezeichnete, Zeitstillstand.
Das Gebiet des Zeitreisens gilt als eine recht wenig erforschter Zweig der Magie, da die davon betroffenen bis auf Giselle schon ausgestorben waren und so keiner mehr wirklich Interesse daran hatte das Phänomen zu untersuchen (vor allem, weil es eben keine Möglichkeit mehr gab Untersuchungen durchzuführen). Keiner konnte ihr sagen, woher dieser Fehler kam, aber eine Lösung damit zu leben hatte sie gefunden; Sobald ihr etwas in der Vergangenheit zustieß, wodurch sie ihr Bewusstsein verlor, blieb für sie die Zeit stehen. Sie musste bei diesem Vorfall immer wieder in Dauerschleife den Moment des Unfalls erleben, während die Zeit mit ihrem Umfeld ganz normal weiter ging. Von außen sah es auch so aus, als wäre sie bloß bewusst los.
Wenn jemand in der Vergangenheit von diesem Umstand wusste, konnte ihr leicht geholfen werden; man musste sie durch einen Stich mit dem Deplassierungsgerät, einem kleinem uhrenrenähnlichem Werkzeug, das eine eingebauten Nadel besaß und  zum genauen Einstellen des Datums der Zeitreise diente, zufügen und Giselle erwachte kurze Zeit später in ihrer eigentlichen Gegenwart am gleichen Ort, wo sie die Zeitreise begonnen hatte.
Erzählte sie niemandem in der Vergangenheit über ihre Besonderheit, musste sie besonders auf sich aufpassen.

Bis vor kurzer Zeit hätte sich Giselle durchaus glücklich genannt; sie hatte ihren Schulabschluss mit fabelhaften Noten bekommen, sie hatte tolle Erfahrungen in der Vergangenheit gesammelt und vieles mehr.

Doch hatte sich von einem Tag auf den anderen alles geändert.
Viele Jahre nach dem Sturz des dunklen Lords kamen Auroren auf den Namen der de Minuits zurück. Sie suchten immer noch nach Anhängern Voldemorts überall auf der Welt und nicht nur nach den Todessern, den direkten Anhängern, nein auch den Befürwortern der dunklen Magiers waren sie auf der Spur.
Giselle und ihre Familie bekamen deshalb vor kurzem Besuch aus London; es waren Auroren, die drauf bestanden, ihren Vater festzunehmen und mit mit nach London zu nehmen, um ihn bis zu seinem Prozess vor dem Wizengamot bei sich zu behalten.

Aber es kam noch schlimmer. Giselle selbst durfte bei der Verhandlung nicht dabei sein, aber das Ergebnis erfuhr sie mit als erstes. Ihr Vater wurde zu lebenslanger Haft nach Askaban verurteilt, mit der Begründung er sei einer der ehemaligen Gefolgsleute Voldemorts, der dem Ministerium schon einmal entwischt sei und gegen den nun jemand ausgesagt hätte. Jemand hätte seine Schuld sogar bezeugt, hieß es.
Giselle selbst hatte wie immer auch diesmal Zweifel an der Aufrichtigkeit dieses Beschlusses, zudem weil es um ihren Vater ging, dem einzigen Stückchen Familie, was ihr noch übrig geblieben war. Sie war der Überzeugung, dass ihr Vater sich nie hatte als Todesser einstufen lassen und er hatte auch kein Dunkles Mal an seinem Arm. Zwar hatte er zu vielen Zaubererfamilien mit großer Vergangenheit guten Kontakt gehabt (sowohl Englischen als auch Französischen), teilte auch mit einigen seine Meinung, jedoch war er selbst nie einer von Voldemorts direkten Gefolgsleuten gewesen.
Leider waren die Auroren und das Wizengamot von seiner Unschuld nicht zu überzeugen und beurteilten ihm als schuldig aufgrund der Aussage eines Todessers gegen ihn. Giselle konnte es nicht verhindern; ihr Vater kam nach Askaban.
Und sie war am verzweifeln. Ihr Vater war einer der wenigen Personen, die sie wirklich liebte.
Tag und Nacht überlegte sie fieberhaft, wie sie ihn helfen sollte und schließlich hatte sie auch eine Idee.
Zwar war ihre Idee mehr als verrückt, nahezu unmöglich, aber um ihren Vater zu retten, hätte sie alles getan.
Sie musste die Sache an der Wurzel anpacken und in Vergangenheit verhindern, dass Harry Potter den dunklen Lord besiegt, jedoch ohne dabei die Zukunft auch nur irgendwie zu verraten. Nur dann würden sie ihren Vater nicht einsperren. Nur dann würde die Gegenwart so werden, wie sie ist.

Jinx Of Time- Der Fluch Der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt