LXXIV.

33 7 0
                                    


1977

Ihre Schritte verlangsamten sich erst kurz vor der Eulerei. Es gab einfach keine Möglichkeit die Mädchen irgendwie noch abzuhängen. Zwar erhoffte sie sich bei ihrem zügigen Schritttempo nicht die Kapitulation der anderen beiden, eigentlich ergaben sich die schnellen Schritte aus der Aufregung, die sie empfand, jedoch wollte sie die Eile auch dazu nutzen, dass die anderen etwas später am Ziel ankamen und sie etwas Zeit gewann, um  ihrem Vater in seine Rolle einzuweihen.
Leider ging der Plan nicht wirklich auf; sowohl Jena als auch Ella erwiesen sich als ausgesprochen sportlich. Bis zur Peitschenden Weide waren sie ihr dich auf den Fersen.
Glücklicherweise war sie dennoch schneller dort als die beiden, was sich aus ihrer überlegenen Beinlänge ergab, die selbst Jena, die sogar Giselle in der Körpergröße übertraf, nicht besaß.
Giselle rannte die Treppen zur Eulerei zweierweise hinauf, räumte mit halbem Arm zwei junge Zauberer aus Hufflepuff aus dem Weg und stellte oben angekommen fest, dass sie tatsächlich einen großen Vorsprung  verschaffen hatte. Kurz sah sie Jenas grünes Haar auf der Treppe noch ganz unten aufblitzen.
Ihren Vater unter den vielen Eulen in der Eulerei zu erkennen, war eine etwas schwieriger Leistung; wonach sollte sie suchen? Die Gestalt welchem Tieres hätte er wohl aufgenommen?
Aus irgendeinem Grund war sie sich ganz sicher, dass er nicht die Gestalt einer Eule angenommen hatte. Diese Vermutung beruhte auf ihrem Wissen betreffend Verwandlung: Für die Tiergestalten in verschiedenen Zaubern wie zum Beispiel dem Patronus Zauber oder auch bei der Animagus Gestalt, waren immer die Persönlichkeit des Zauberers und sein Talent verantwortlich.
So wie sie ihren Vater kannte, war er ein Zauberer von großer Macht, der sein Können nie gerne nach Außen präsentierte, sondern eher zurückgezogen für sich behielt und so davon profitierte. Er blieb lieber im Hintergrund, obwohl er viel mehr Achtung auf sich selbst hätte lenken können.
Es lag also ihrer Meinung nach auf der Hand, dass seine Gestalt ein Tier sein musste, dass auf seinem Gebiet zwar nahe zu unbesiegbar war, jedoch sich nie nach Aufmerksamkeit sehnte. Ein Tier, dass keine Schwierigkeiten dabei hatte sich alleine durch zu schlagen, das Unabhängigkeit benötigte und trotz starker Überzeugungen heutig seinen Kurs wechseln konnte.
Kaum hatte sie sich ein mal langsam mit gehobenen Blick im Kreis gedreht, sah sie etwas auf sich zufliegen: es war ein wunderschöner Falke. Ein Falke, ein Tier das auch gegen den Wind fliegen konnte und aufgrund seiner besonderen Flugtechniken vielen anderen Raubvögeln überlegen war, jedoch nur sehr selten das Auge der Menschen auf sich zog.
Giselle streckte ihren rechten Arm aus, sodass der Vogel elegant darauf landen konnte. Danach sah das Tier sie mit seinen intelligenten Augen prüfend an.
"Du musst dich ganz schnell zurück verwandeln... beeil' dich. Sie können jeden Moment da sein. Übrigens schön dich zu sehen."
Kaum hatte sie diesen Satz ausgesprochen schon war der Falke von ihrem Arm verschwunden. In weniger als einer Sekunde stand niemand anderes vor ihr, als ihr Vater. Am liebsten wäre sie ihm um den Hals gefallen, aber dafür blieb keine Zeit mehr. Es waren Schritte auf der Treppe zu hören und das erste, was sie ihm nach solange Zeit sagen konnte war "Spiel einfach mit". Nicht die idealste Begrüßung, aber in Gesellschaft der beiden Mädchen konnte sie schlecht ihrem Vater erklären, was für eine Rolle er spielen sollte.
Außer Atem kamen die beiden an und verrenkten sich fast schon auf der Treppe den Hals, um Giselles Verehrer möglichst früh zu erkennen.
"Das ist mein Verehrer Paul. Paul Harrison." Wie sie es hasste zu improvisieren. Sie hätte sich schon viel früher einen Decknamen für ihn überlegen können. Und warum musste es jetzt gerade die Namen der Beatles sein?! Und noch dazu so quer durcheinander gemischt?!
"Paul, das sind Jena und Donatella."
Freundlich aber verwirrt schüttelte er die Hände der beiden.
"Nett dich kennen zu lernen, Paul." Ella versuchte mal wieder sofort mit allen Freundschaft zu schließen.
"Sie sind doch nicht etwa mit dem Sänger verwandt oder?"
Giselle musste wieder feststellen, dass Ella Muster bezüglich Kodierung sehr schnell erkannte. Wie sonst hätte sie der Sache direkt auf den Zahn fühlen können?
"Nein...bin ich nicht..." erwiderte ihr Vater etwas zögerlich. Dann machte er zu Giselle etwas leiser eine Bemerkung: "Du wolltest doch alleine kommen...".
Sie erhob daraufhin die Stimme: "Ja du hast vollkommen recht. Die beiden sind so wie so nur eher zufällig hier. Stimmt es ihr beiden? Ihr wolltet doch bestimmt nur nachsehen, ob nicht zufällig Briefe für euch heute Nachmittag noch eingetroffen sind."
Die zwei nickten nachdenklich. "Wie ihr sehen könnt sind hier soweit keine Briefe und bestimmt würdet ihr und entschuldigen." Mit ihren Augen deutete sie auf das Treppenhaus.
"Naja... Stimmt schon du hast Recht... wir... ähm... wollten ohnehin schon gehen. Nicht wahr Jena?!" langsam kam Ella in Verlegenheit. Sie nahm Jena an der Hand und versuchte sie unauffällig in Richtung Treppe ziehen. Allerdings stolperte sie an einer Unebenheit zwischen den Latten und drohte zusammen mit Jena auf den dreckigen Boden zu stürzen, als sie sich in der letzten Sekunde an eine Gestalt im Türsturz klammern konnte.
Für einen Moment glaubte Giselle einen Herzstillstand zu erleiden. Das hatte jetzt wirklich noch gefehlt. Die einzige Person, die ihre schöne Lüge von einem Verehrer enthüllen konnte, war auf die Bühne getreten: Sirius Black.

Jinx Of Time- Der Fluch Der ZeitWo Geschichten leben. Entdecke jetzt