Verräter

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Die Ratsversammlung neigte sich allmählich dem Ende zu, als an der großen Eichentür geklopft wurde.
Thranduil, welcher gerade eine Ansprache gehalten hatte, rollte genervt mit den Augen.
Die Tür öffnete sich und Taram trat ein. Alle Blicke wandten sich dem Elben zu, welcher entschlossen auf seinen König zumaschierte.
Legolas, der zur rechten seines Vaters saß, runzelte die Stirn. Taram trug über seiner Elbenrüstung einen schwarzen Umhang. Das tat er doch sonst nie.
Auch die Berater des Königs waren anscheinend verwundert über Taram. Nicht nur wegen des Umhangs, sondern auch wegen seines Auftritts. er marschierte mit einer solchen Selbstverständlichkeit auf den König zu, als wäre er ein Teil der Familie. Normalerweise wurde Thranduil zornig, wenn er bei ansprachen oder Versammlungen unterbrochen wurde, aber nicht dieses mal. Er blieb ganz ruhig und musterte Taram genau.

"Mein König"

Taram blieb vor Thranduil stehen und verbeugte sich knapp.

"Ich hoffe es ist wichtig. Sonst findest du dich im Kerker wieder" knurrte Thranduil genervt.
"Das wird nicht nötig sein, mein Herr. Ich möchte euch etwas zeigen" antwortete Taram so leise, das selbst Legolas Mühe hatte ihn zu verstehen. Die Augen des braunharigen Elben zuckten verdächtig in die Runde, ehe sie sich wieder auf den König richteten.
"Ist es denn wirklich dringend? Oder kann es warten?" fragte Thranduil mit gedämpfter Stimme.
"Mein Herr, es ist mit Sicherheit äußerst interessant" raunte Taram.

Thranduil seufzte genervt und stand auf.
"Diese Versammlung wird in kürze fortgeführt" sagte er dann laut, ehe er Taram hinaus folgte.

Legolas sah seinem Vater erstaunt nach. Was war das für ein eigenartiges Verhalten gewesen? So kannte er seinen Vater gar nicht. Wäre es eine der Wachen gewesen, welche Thranduils Aufmerksamkeit erregen wollte, so hätte Thranduil ihn an gebrüllt. Dafür hätte Legolas seine Hand ins Feuer gehalten.
Die Berater des Königs fingen an zu tuscheln.

"Was glaubt ihr, was Taram dem König zeigen will, mein Prinz?" flüsterte Rosolé leise.
Legolas schüttelte den kopf.
"Ich weiß es nicht"

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"Du hast dreißig Sekunden um mir zu erklären, weshalb du mich bei einer wichtigen Ratsversammlung gestört hast" knurrte Thranduil leise, als er mit Taram auf dem Leeren Korridor stand.

"Ich habe zwar nicht die Person, welche ihr wolltet", began Taram, "Aber dafür habe ich einen Verräter in unseren Reihen entlarft und ins Verließ geworfen. Oder sollte ich eher sagen Verräterin?"

Thranduil zog eine Augenbraue nach oben. Sein Interesse war geweckt.

"Wer ist es?"
"Schaut es euch an. Sie wird euch den genauen Aufenthaltsort der Hexe mitteilen" antwortete Taram gelassen.
Thranduil legte den Kopf schief.
"Und warum bist du so sicher, das deine Verräterin etwas mit ihr zutun hat?" fragte der Elbenkönig mit bedrohlicher Stimme.
Taram beugte sich leicht zu seinem König vor. Obwohl niemand in der Nähe war, der sie hätte hören können.

"Ich habe es gesehen"

Nun war die Ratsversammlung für den König vergessen. Seine komplette Aufmerksamkeit lag bei Taram und dessen Worten. Die Augen des Düsterwaldelben leuchteten bedrohlich auf und ein böses, kaltes lächeln legte sich auf seine schmalen Lippen.

"Du hast sie gesehen? Wo ist sie?" verlangte der König sofort zu wissen.
"Nein, sie habe ich nicht gesehen. Aber ihr Feuer. Dieses Feuer kann keinen natürlichen Ursprung gehabt haben. Sie muss es gewesen sein. Ich weiß nicht genau, wo sie sich aufhält, in dieser Gegend gibt es kein Dorf. Aber ich arbeite daran. Oder ihr müsst eure Verräterin befragen. Mir wollte sie keine Antwort geben. Folgt mir" entgegnete Taram, der seinen König nun in Richtung Kerker führte.

Als der König und der Soldat im tiefsten aller Verließe ankamen, wies Taram auf die letzte Zelle, die das Licht der Fackeln nicht erreichen konnte. Thranduil warf Taram einen eisernen Blick zu. Dieser nickte nur und nahm sich eine der Fackeln von der Wand.

Als Taram schließlich die Zelle auf gesperrt hatte und mit der Fackel in den kleinen, höchsten 3 quadratmeter großen Raum, hinein leuchtete, verengten sich Thranduils eisblaue Augen zu Schlitzen.

"Ich wusste doch, dass du etwas im Schilde führst. Zwar dachte ich bis Jetzt, das es nur die tieferen Gefühle für Legolas waren. Doch das du auch noch einer Verräterin hilfst, in meinen Wald einzudringen und mit ihr gemeinsame Sache tust... Das hätte ich nicht von dir erwartet"

Thranduils Stimme war leise und gefährlich, als er zu der Elbin hinab sah, die im hintersten Eck der Zelle an der Wand saß und mit giftgrünen Augen zu ihm zurück starrte.

"Nun sag mir, Tauriel,... wo ist deine Freundin Tiara?" knurrte der Sindar König leise.
Tauriel schwieg.
"Keine Antwort? Nun, dann sag mir, wer dich mit dem Pferd meines Sohnes aus dem Palast gelassen hat!" fuhr Thranduil fort.
Wieder schweigen.
"Warum bist du in den Wald geritten?" fragte Thranduil mit giftiger stimme weiter.
Wieder keine Antwort.
"Mein König, sie hatte jemand aus dem Palast gebracht. Ich weiß nicht wer es war, aber er war klein. So groß wie ein Zwerg" sagte Taram leise.
"Ein Zwerg?" Thranduil hob die Augenbraue, "soso, Aber die Zwerge sind geflohen, wenn ich mich recht entsinne. Wer war euer kleiner Freund?"

Tauriel sah ihren König nur weiterhin an, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Nein, sie würde nie etwas über Bilbo, Tiara oder Dalion, der ihr die Flucht erst ermöglicht hatte, verraten.

"Du machst es mir nicht einfach, Tauriel. Aber gut. Es ist deine Wahl. Bis morgen früh hast du Zeit, mir eine Antwort zu geben. Ansonsten..." Thranduil trat aus der Zelle heraus, stieß die Tür zu und bedeutete Taram, abzuschließen, "Könnte es harte Konsequenzen für einen gewissen Prinzen haben"

Er kehrte Tauriel den Rücken zu und wollte gehen, als dann doch eine Stimme aus der Zelle ertönte. Und sie klang entsetzt.

"Ihr würdet eurem eigenen Sohn etwas antun?"

Thranduil blieb stehen und lächelte gefährlich. 'Wenn sie nur wüsste'

"Hast du dich doch daran erinnert, wie man spricht?" rief er lässig und drehte sich zur Zelle herum.

Tauriel war aufgestanden und hatte sich mit ihren Hände an den Eisengitterstäben festgekrallt. Vor Zorn funkelnde grüne Augen starrten Thranduil an. Dieser ließ sich aber nicht beeindrucken, sondern schritt langsam wieder auf die Zelle zu.

"Ihr seit hinterhältig. Verbannt eure eigenen Leute. Tiara hat euch nicht das geringste getan. Ebenso wie ich. Warum habt ihr nur solch eine schwarze Seele?" rief die Elbenkriegerin verzweifelt und wütend zugleich.
"Nichts getan? Du hast nicht die geringste Ahnung, was sie und ihre Sippe mir angetan haben. Was sie meiner Familie angetan haben. Oder was sie meinem Bruder angetan haben" brüllte Thranduil zurück.

Tauriel erstarrte. Sein Bruder? Er hat einen Bruder? Das hatte sie gar nicht gewusst! Ob Legolas etwas davon wusste? Und was meinte er mit Tiaras Sippe? Sie war doch ebenfalls eine Elbin. Oder meinte er ihr Feuer? Konnten das nur ganz bestimme Elben? Tauriel konnte es nicht sagen.

Thranduil warf der rothaarigen Elbin noch einen kalten Blick zu, ehe er ihr den Rücken kehrte und, gefolgt von Taram, aus dem Kerker verschwand. Tauriel sah ihm mit einer Mischung von Wut, Entsetzten und Verwirrung hinterher.



Drachenherz in Mittelerde Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt