Tiara konnte es nicht fassen.
Einer ihrer Vorfahren....
Das konnte doch unmöglich wahr sein. Ihre Eltern waren keine Halbdrachen gewesen. Das hätte sie gewusst. Und ihre Großeltern hatte sie nicht gekannt. Sie waren gestorben, ehe sie auf der Welt war. Doch wären sie Halbdrachen gewesen, dann hätten es ihre Eltern doch mit Sicherheit gewusst und ihr davon erzählt.
Und hatte Oroma nicht gesagt, dass es keine weiteren Halbdrachen gab?Und selbst wenn Thranduils Geschichte wahr wäre... Halbdrachen würden niemals einen Elben töten. Schon gar keinen König. Warum auch? Dazu hätten sie doch keinen Grund.
"Ihr lügt. Es gibt keine weiteren Halbdrachen. Ich bin die einzige" knurrte Tiara leise.
Thranduil lächelte still vor sich hin.
"Bist du wirklich so naiv zu glauben, dass du die einzige bist?" raunte er ihr geheimnisvoll zu und seine Augen funkelten verdächtig.
"Was meint ihr?" fauchte Tiara gereizt. Sie wollte nun endlich wissen, was hier gespielt wurde. Immerhin wäre es mit ihr sowieso bald zu Ende. Da wollte sie doch schließlich wissen, was für Geheimnisse noch in ihrem Leben standen. Und in ihrer Familie.
"Ich will dir diesen Gefallen tun, Tiara. Bevor es mit dir zu Ende geht, solltest du alles über deine Familie erfahren. Wie schrecklich sie war. Wie zerstörerisch sie war" sagte Thranduil und begann wieder damit, vor Tiara auf und ab zu laufen. Tiara verfolgte den König mit verengten Augen.
Thranduil blieb vor der Felswand, links von Tiara stehen und starrte auf das Gestein, als würden darin die Bilder seiner Vergangenheit gezeigt werden. Dann begann er zu erzählen.
"Mein Vater hat die Halbdrachen als erster entdeckt. Schon damals gab es wenig von ihnen. Und schon damals war ich der Meinung, das Drachen, und seien sie auch zur Hälfte Elben, von Grund auf böse und zerstörerisch sind. Doch Mein Vater wollte alle Halbdrachen aufspüren, um sie zu schützen und ihre Existenz zu sichern. Er wollte mir beweisen, dass Halbdrachen nicht so waren, wie ich sie mir immer vorgestellt hatte und so nahm er mich mit in den Norden, wo er einen weiteren Halbdrachen vermutete.
Er hatte mit seiner Vermutung auch recht. Es lebte tatsächlich ein Drache dort. Doch als mein Vater von ihm verlangte, er solle sich in seiner anderen Gestallt zeigen, wurde er wild und stützte sich auf ihn. Es hat ihn nicht gekümmert, dass es der König war. Es hat ihn nicht gekümmert, das er ein Leben aus löschte. Man sollte doch meinen, Halbdrachen hätten die Intelligenz eines Elben. So hatte es mein Vater immer gesagt. Doch an jenem Tag zeigte uns der Drache, dass mein Vater falsch gelegen hatte"Thranduil unterbrach seine Erzählung und warf Tiara einen verachtenden Blick zu. Hatte er sie gerade für dumm erklärt?
Ehe die Elbin darüber nachdenken konnte, sprach Thranduil schon weiter."Der Versuch, meinen Vater zu retten, schlug fehl. Als ich ihn, in all dem Dreck und Staub, fand, war er bereits Tod und der Drache geflohen. Seine letzten Worte, die er kurz vor der Begegnung mit dem Drachen zu mir gesagt hatte, werde nie vergessen: "Beschütze die Halbdrachen..."
Aber wie konnte ich die beschützen, die mir meinen Vater genommen hatten?
Als Austausch für meinen Vater erhielt ich diese Narbe. Und an diesem Tag habe ich geschworen, jeden Drachen und Halbdrachen zu töten, der es wagt, mein Reich zu betreten. Ich konnte den Wunsch meines Vaters nicht erfüllen. Nicht nachdem, was geschehen war....Nicht nachdem, was sie ihm angetan hatten.
Im Laufe der Jahre erlegte ich viele Halbdrachen, die, getarnt als Elben, hier im Düsterwald unter meinem Volk gelebt hatten. Aber an dem Tag, an dem ich dein Geheimnis entdeckte, vielen mir die Absichten meines Vaters wieder ein: Er wollte die Halbdrachen immer zu seinen Verbündeten machen. Sie nie verletzen oder gar töten. Darauf hin habe ich mich entschlossen, dir nur deine Kräfte zu nehmen. Das Problem war nur, dass ich damals noch nicht wusste, wie es ging. Ich wusste nur, dass man dein Amulett mit einer speziellen Waffe zerschlagen muss, damit du deine Kräfte verlierst. Das es sich hierbei um Mithril handelte, habe ich erst viele Jahre später herausgefunden. Als ich dich gefangen genommen habe und du das Amulett nicht selbst zerstören wolltest, habe ich keine andere Wahl gesehen, als dich zu verbannen.
Für dich war die Verbannung eine Bestrafung. Eine Bestrafung, weil du die Dorfbewohner getötet hattest. Aber eigentlich war es deine zweite Chance, die ich dir gegeben habe. Ich weiß selbst nicht, warum ich ausgerechnet dir das Leben geschenkt habe. Vielleicht, weil du dich so gut mit Legolas verstanden hast. Aber deine zweite Chance hast du, als du mein Reich wieder betreten hast, verschwendet"Thranduil schwieg. Während seiner ganzen Erzählung war er kein einziges Mal laut geworden. Fast so, als ob er nicht mit Tiara, sondern mit jemand anderem sprechen würde.
Jetzt verstand Tiara auch, warum Thranduil Drachen so hasste. Es war logisch. Wenn sein Vater von einem Drachen getötet worden war....Aber es war mit Sicherheit kein Halbdrache gewesen. Halbdrachen taten so etwas nicht. Nicht mit Elben. Nicht mit dem König.
"Was ist mit dem Drachen geschehen?" fragte Tiara mit ruhiger Stimme, in der Hoffnung, Thranduil würde ebenso in einem ruhigen Tonfall Antworten. Das tat er auch.
"Das, meine Liebe, wirst du noch früh genug heraus finden. Wichtig ist nur, dass er noch lebt. Aber nicht mehr lange" meinte er beiläufig und trat zurück in den Schatten. So, dass die junge Elbin nur noch andeutungsweise seine Figur ausmachen konnte.
"Aber woher wollt ihr denn wissen, dass dieser Drache einer meiner Vorfahren war, wenn er sich nie in seiner anderen Gestalt gezeigt hat?" fauchte Tiara.
"Ganz einfach. Mein Vater hat, bevor er in den Norden gegangen ist, alle Informationen über dieses Monster aufgeschrieben, die er hatte. Nach seinem Tod habe ich seine Aufzeichnungen gefunden. Mein Vater wusste, wer dieser Halbdrache war" antwortete Thranduil aus dem Schatten heraus.
"Es kann keiner meiner Vorfahren sein. Wer war er wirklich?" brüllte Tiara wütend.
Plötzlich schoss Thranduil mit gezogenem Schwert aus dem Schatten hervor und presste es fest gegen Tiaras Hals. Die Elbin war erneut dazu gezwungen, die Luft an zu halten. Die scharfe Klinge durchtrennte die dünne Haut am Hals zwar nicht. Aber dennoch schien sie zu brennen wie Feuer. Es fühlte sich an, als drückte Thranduil ein glühenden Eisenstab an ihren Hals.
Tiara lief eine einzelne Träne aus dem Auge, welche an ihrer Wange hinab lief. Sie versuchte den Schmerz zu verdrängen. Doch es war fast unmöglich.
"Auch das.... wirst du noch früh genug erfahren. Aber glaube mir,... Ich kenne deine Familie besser als du" raunte er ihr leise ins Ohr.
Dann zog er ein Schwert zurück und Tiara schnappte nach Luft. Dort wo die Mithril Klinge an ihren Hals gedrückt hatte, fühlte sich die Haut seltsam taub an.
"Dich wird es vielleicht interessieren, dass dich deine beiden Freunde nicht retten können" fuhr der Elbenkönig gelassen fort.
Tiara sah ihn nur aus einer Mischung von Wut, Misstrauen, Angst und Unverständlichkeit an.
"Was meint ihr?" knurrte sie leise.
"Ich meine, dass deine Liebe Freundin Tauriel ebenfalls in einem Verlies sitzt und Legolas von meinen Wachen festgehalten wird. Allerdings würde mich interessieren, ob die beiden von deinem kleinen Geheimnis wissen...." sagte der Elbenkönig und musterte Tiara ganz genau.
Tiara schwieg und starrte Thranduil nur feindselig an.
"Dein Schweigen sagt mehr als tausend Worte. Ich glaube, es wird Zeit, dass dein alter Lehrer von deinen Fähigkeiten erfährt" raunte der König leise und lächelte geheimnisvoll.
Dann wandte er Tiara den Rücken zu und verschwand in der Dunkelheit.
Tiara hörte noch, wie die Zellentür ins Schloss fiel und Thranduils Schritte immer leiser wurden, bis sie vollständig verklungen.Tiara war überfordert. Das waren einfach zu viele Informationen auf einmal gewesen. Einer ihrer Vorfahren sollte König Oroper getötet haben... Aber wer? Tiara verstand es einfach nicht.
Aber wen Thranduil mit 'Lehrer' gemeint hatte, war ihr leider vollkommen bewusst. Denn Legolas war der einzige, der sie jemals unterrichtet hatte. Er und Tauriel. Ihre Eltern hatten ihr zwar lesen, schreiben und andere nützliche Dinge fürs Leben geleert. Doch Tiara war sich mehr als sicher, dass Thranduil in diesem Fall seinen Sohn meinte.
Tiara schluckte einen Schwall Angst hinunter. Legolas wusste bereits von ihrem Feuer. Aber noch nichts von ihrer Drachenseele. Wie würde er reagieren? Würde er es überhaupt glauben? Bestimmt nicht ohne Beweise... ! Und wie sollte Thranduil das auch beweisen können?
Legolas würde ihm so kein Wort glauben! Oder?
Zu allem Überfluss kam dazu noch die Angst vor dem Tod. Denn Thranduil hatte ihr Amulett. Ohne dies würde sie in den nächsten zwei Tagen gewiss den Tod finden. Und wenn Thranduil es davor zerstören würde, wäre die Sache auch nicht besser. Denn dann wäre alles dahin. Das Feuer, die Drachenseele... Alles.
Und sie wäre machtlos ....
Und schutzlos...
...Für alle Ewigkeiten gefangen in den Kerkern Thranduils...
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Drachenherz in Mittelerde
Fanfiction"Wo warst du in den letzten 50 Jahren?" "Auf der Flucht!" "Auf der Flucht vor wem?" "Vor deinem Vater!" Tiara kehrt nach 50 Jahren wieder in ihre ehemalige Heimat zurück, aus der sie einst verbannt wurde. Dem Düsterwald. Die Waldelbin ahnt noch n...