Mit Tränen in den Augen löste sie sich schließlich von ihm.
"Warum weinst du jetzt?", fragte er verwundert. Er verstand nicht, was los war. Sie weinte doch sonst nie, wegen so kitschigen Zeug.
"Er wird nicht dabei sein können.", schluchzte sie nun.
"Nein. Wahrscheinlich nicht. Aber wir machen jede Menge Fotos und holen das alles nach, sobald er wieder kommt.", sagte er und legte sanft einen Arm um sie.
"Wenn er jemals wieder kommt.", schluchzte sie.
"Das wird er. Er wird auf jeden Fall wieder kommen. Er hat dir versprochen, dass er heil wieder hier an kommt und er wird sein Versprechen halten."
"Und wenn nicht?"
"Ach Süße. Jetzt sei doch mal nicht so pessimistisch. Er kommt garantiert wieder. So leicht bringt den nichts um. Er wird wieder kommen."
"Ich vermisse ihn nur so schrecklich. Ich hab das Gefühl ich hätte ihn ewig nicht gesehen."
"Ich vermisse ihn ja auch. Wir beide warten jetzt seit acht Jahren darauf, dass er wieder kommt. Es bringt aber auch nichts deswegen jetzt den Kopf in den Sand zu stecken und nur noch zu heulen. Er wird wieder kommen. Irgendwann wird er wieder kommen."
"Ich wünschte er könnte jetzt hier sein."
"Ja. Das wäre toll, aber so einfach ist das leider nicht. Aber es kommt bestimmt bald wieder ein Brief und irgendwann wird er wieder kommen."Lange blieben sie noch an dem See über dem mittlerweile der Mond stand, bevor sie schließlich nach Hause gingen. Dort angekommen, fiel ihr eine Zeitschrift auf, die aus dem Briefkasten schaute.
"Hast du heute noch nicht nach der Post geguckt?", fragte sie verwundert.
"Ich dachte das hättest du gemacht.", meinte er.
Aufgeregt schloss sie nun den Briefkasten auf und nahm einen Haufen Briefe und die Zeitschrift heraus. Alles nahm sie mit rein, wo sie zu sortieren begann. Die Zeitschrift drückte sie direkt Liam in die Hand und schaute die Briefe durch. Rechnungen, Briefe von Kunden und noch mehr Rechnungen. Der letzte Brief zauberte ihr jedoch ein Lächeln ins Gesicht. Ein Brief von Jim! Endlich!
Glücklich öffnete sie ihn direkt und las. Jeden Satz las sie aufmerksam und war einfach glücklich ein Lebenszeichen von ihm zu bekommen.
Er schrieb, dass er nicht viel Zeit hatte und berichtete über einiges, was in der letzten Zeit bei ihm so passiert war.
Sie kramte nun einen Brief hervor und begann zu schreiben. Eine Seite nach der anderen schrieb sie voll und schrieb ihm über alles, was passiert war. Über die ganzen tollen Shootings, die tollen Menschen, die sie dabei kennen gelernt hatte und über den Antrag. Sie schrieb ihm all ihre Sorgen und wie sehr sie ihn doch vermisste. Auch schrieb sie ihm,wie sehr sie es sich doch wünschte, dass er bei ihrer Hochzeit dabei sein würde. Dass sie ihren großen Bruder endlich wieder sehen würde. Alles, was sie beschäftigte, schrieb sie sich von der Seele und daraus entstand ein ewig langer Brief.
Bereits am nächsten Morgen schickte sie diesen ab, bevor sie zu ihrem ersten Shooting für die Woche fuhr.Die nächsten Wochen waren voll mit Arbeit und Planungen für die Hochzeit. Sie hatten beschlossen in zwei Monaten zu heiraten und bis dahin musste alles organisiert sein. Zwischendurch schrieb sie immer wieder mit ihrem Bruder, der sich nun wieder regelmäßig mindestens einmal in der Woche bei ihr meldete. Trotzdem wünschte sie sich nichts sehnlicher, als ihn endlich wieder zu sehen. Sie vermisste ihn einfach so schrecklich!
Zwei Monate später war es dann so weit. Ihr großer Tag. Schon früh am Morgen saß sie beim Frisör, wo sie ihre Hochsteck Frisur bekam und geschminkt wurde. Danach schälte sie sich in ihr langes, weißes Kleid und sie fuhren zu dem Ort an dem alles statt finden sollten. Einer tollen Halle, die mitten in einem Wald lag. Das hatten sie sich so ausgesucht, denn es war Herbst und die Bäume färbten sich in den tollsten Farben. Daher war der komplette Raum auch in Orange und rot Tönen dekoriert. Alles war aufeinander abgestimmt und es passte einfach perfekt.
Auf der großen Wiese unter den Bäumen standen einige Stühle auf denen unsere Familien saßen.
Als ich dort nun an kam, wartete mein Schwiegervater bereits. Da meine Elter beide bereits gestorben waren, hatte er angeboten diesen Job zu übernehmen. Langsam führte mich nun durch die Gasse zwischen den Stühlen bis nach vorne. Dort stand Liam bereits und wartete angespannt. Ich wusste, dass er mindestens genauso aufgeregt war, wie ich. Wenn nicht sogar noch mehr.
Vorne angekommen harkte ich mich nun aus und nahm stattdessen Liams Hand. Mit ihm drehte ich mich nun zu dem Pfarrer um und wir gaben uns das Ja-Wort. Über glücklich küssten wir uns und steckten uns schließlich die Ringe an, als Liam mich an stupste.
"Was denn?", fragte ich verwundert. Er deutete nur wortlos in die Ferne und als ich in diese Richtung schaute, begann ich sofort zu weinen. Dort stand ein Mann in Uniform und ich erkannte ihn sofort. Kreischend und weinend zugleich rannte ich auf meinen Bruder zu und sprang ihm in die Arme. Lächelnd hielt er mich fest und sagte: "Hallo Kleine!"
"Was machst du denn hier?", schluchzte sie.
"Du hast doch geschrieben, dass ich kommen soll. Hier bin ich. Ich hab's sogar noch pünktlich geschafft. Herzlichen Glückwunsch!", sagte er.
"Danke!"
"Ich weiß aber noch nicht wie lange ich bleiben kann. Es kann jeder Zeit die Nachricht kommen, dass ich wieder los muss."
"Ich lass dich einfach nicht mehr los."
"So einfach geht das nicht. Ich muss irgendwann wieder los."
"Ich hab dich so vermisst!"
"Ich dich auch. Acht Jahre sind echt schrecklich lang."
"Viel zu lang! In der Zeit ist so viel passiert!"
"Das kann man ja wohl sagen! Liam du Schlingel! Ich hab dir gesagt, dass du auf sie aufpassen sollst und nicht, dass du sie direkt heiraten sollst!", sagte Jim nun zu Liam, der mittlerweile ebenfalls bei uns angekommen war.
"Entschuldigung, aber bei so einer tollen Frau konnte ich einfach nicht anders.", sagte dieser und strich ihr tröstend über den Rücken.
"Pass gut auf sie auf! Sie ist das Letzte, was ich noch habe!", warnte Jim.
"Mach ich. Ich würde nie zulassen, dass ihr etwas passiert.", versprach Liam ihm und strich ihr erneut sanft über den Rücken.
"So Kleine. Dann übergeb ich dich mal wieder an deinen Mann. Ihr habt einen Tanz zu eröffnen und ganz viel zu feiern!", sagte Jim nun.
"Ich lass dich nicht mehr los!", schluchzte sie jedoch.
"Tja Liam. Ich würde sagen du bist für heute erstmal abgeschrieben.", meinte Jack nun. Er war ein guter Freund und der Trauzeuge von Liam.
"Damit kann ich leben. Jim ist nun mal ihr ein und alles. Da muss ich eben mal zurück stecken.", meinte Liam, während er ihr immer wieder tröstend über den Rücken strich.
"Komm, meine Kleine. Du kannst dich in den nächsten Wochen noch genug an mir fest krallen. Heute ist deine Hochzeit. Da solltest du dich nicht heulend an deinem Bruder fest krallen, sondern lieber mit deinem Mann feiern. Los!", sagte Jim und setzte sie nun vorsichtig auf dem Boden ab. Langsam löste sie sich von ihm und schaute zu ihm hoch.
"Los. Du siehst so wunderschön aus! Da will ich dich auch glücklich sehen!", sagte er und strich ihr sanft eine Träne von der Wange.
"Das sind Freudentränen!", schluchzte sie.
"Diana, das ist dein Tag! Da will ich dich lachen sehen und dich heute Nacht irgendwann sturz betrunken nach Hause bringen!", sagte er.
"Dann endet das wieder, wie bei meinem Abschluss."
"Ne. Liam hat diesmal auch betrunken zu sein!"
"Ich hab dich so vermisst!"
"Wir haben jetzt genug geheult. Jetzt wird gefeiert!", sagte Jim und schubste sie sanft zu Liam rüber.Der Rest des Tages verging mit jede Menge Feiern und literweise Alkohol. Nach dem glücklichen Wiedersehen waren alle in Feier Laune und es wurde bis spät in die Nacht hinein gefeiert.
Erst, als es schon langsam wieder hell wurde, gingen auch die letzten Gäste nach Hause und es blieben nur noch Liam, Diana und Jim übrig. Letzterer war der Einzige gewesen, der kaum etwas getrunken hatte und noch komplett klar war. Von den anderen beiden konnte man das nicht wirklich behaupten, denn sie waren alle beide sturz betrunken.
"Na kommt ihr Zwei. Ich bring euch nach Hause. Ihr werdet mir morgen früh dankbar dafür sein.", sagte Jim nun mit einem Lächeln und stand auf. Diana tat ihm das nach. So wirklich stehen konnte sie jedoch nicht mehr.
"Komm her. So gibt das nichts.", sagte er und hob sie vorsichtig hoch. So ging er nun mit seiner Schwester auf dem Arm und einem stark schwankenden Liam neben sich zu seiner alten WG. Schon damals hatte er hier mit Diana und Liam gewohnt. Der einzige Unterschied war, dass sie damals noch alle getrennt geschlafen hatten. An diesem Tag legte er Diana neben Liam und ging selbst in sein altes Zimmer. Alles war noch, wie er es verlassen hatte. Nicht ein Detail war anders.
Das war einer der Momente in denen er merkte, wie sehr er sein Zuhause und alles dort doch vermisst hatte. Gerade seine Schwester war alles für ihn und sie hatte ihm acht Jahre lang so sehr gefehlt! Da war er einfach nur extrem glücklich sie endlich wieder zu sehen! Und noch glücklicher machte ihn, dass sie in Liam einen so tollen Mann gefunden hatte und mit ihm so glücklich war. Sie hatte jemanden gefunden, der auf sie auf passte und der alles für sie tun würde. Liam war Diana genauso wichtig, wie sie es ihm war. Das wusste Jim. Er kannte Liam jetzt schon so viele Jahre und er war sich ganz sicher, dass er gut auf seine Kleine aufpassen würde. Mit ihm an ihrer Seite konnte er sie mit ruhigem Gewissen allein lassen.
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Missing you
Teen FictionAchtung! In diesem Buch werden die Themen Krieg, Drogen, selbstverletzendes Verhalten sowie einige psychische Krankheiten behandelt. Diana ist Pferde Fotografin und wohnt mit ihrem Freund Liam in Ocala. An sich hat sie ein wirklich tolles Leben mit...