Kapitel 37

12 0 0
                                    

Gemeinsam fuhren sie nun in die Schule, wo sie als erstes mit der Direktorin sprachen. Diese war total nett und sofort einverstanden damit, dass die Kinder an diesem Tag dann nicht weiter in der Schule blieben. So führte sie sie nun zu dem Klassenraum der Drei und sprach kurz mit der Lehrerin, bevor sie dann den Raum betraten. Die Kinder brauchten einen Moment, bis sie verstanden, aber dann kamen sie alle Drei auf sie zu gerannt und fielen ihrem Onkel in die Arme. Die anderen Kinder schauten nur verwundert zu, bis die Lehrerin dann erklärte: "Das ist der Onkel von Anna, Justus und Felix. Er ist Soldat und gerade erst aus dem Krieg zurück. Sie haben ihn jetzt acht Jahre lang nicht gesehen. Deshalb werden sie an dem Rest des Unterrichtes heute nicht teilnehmen."
"Du bist einen Tag zu spät!", sagte Justus nun.
"Ja. Tut mir leid. Ich hab es nicht eher geschafft.", erklärte Jim.
"Warum warst du so lange weg?", schluchzte Anna, die direkt zu weinen begonnen hatte.
"Ich muss doch Geld verdienen. Dafür muss ich nunmal weg. Das ist alles nicht so einfach.", sagte Jim und hob das Mädchen nun hoch, um mit den anderen zusammen den Raum wieder zu verlassen. Sie hatten den Unterricht lang genug gestört.
So verließen sie nun die Schule und fuhren wieder nach Hause, wo Jim dann erstmal von den Kindern aus gequetscht wurde. Sie waren unheimlich neugierig und wollten einfach alles wissen.
So ging es den gesamten Vormittag, bis sie dann noch einmal zum Stall gingen. Anna hatte Springtraining und da schauten alle zu.
Am Strall angekommen, kam ihnen als aller erstes Allison entgegen.
"Hey! Du bist ja auch wieder hier! Seit wann das denn?", fragte sie und umarmte Jim zur Begrüßung.
"Ich bin heute Morgen angekommen.", erklärte Jim.
"Wie lange warst du jetzt weg?"
"Fast acht Jahre."
"Unglaublich! Wie die Zeit doch vergeht!"
"Was soll ich da sagen? Ich komme wieder und die kleinen Kinder sind einfach mal fast erwachsen, mein Kumpel gehört zu den Champions der Dressur Reiter und meine Schwester ist Star Fotografin."
"Du hast vergessen, dass deine Neffin erfolgreich springt, dein einer Neffe wirklich gut Fußball spielt und der andere Fotos macht, die schon fast an die von seiner Mutter ran kommen."
"Was ist nur aus den drei Kleinen geworden? Als ich sie das letzte Mal gesehen hab, konnten sie gerade mal laufen. Und jetzt?"
"Tja. Du warst einfach zu lange weg."
"Ja. So acht Jahre sind schon echt extrem."
"Dann komm das nächste Mal gefälligst eher wieder!"
"Ich geb mein Bestes, aber das lässt sich schwer beeinflussen. Ich kann meinen Gegnern nicht sagen, dass sie jetzt gefälligst sofort aufhören sollen, weil ich nach Hause will. Sie hören dann jedenfalls eher selten auf mich."
"Man kann es ja mal versuchen. Stell ich mir irgendwie lustig vor."
"Ja. Ich bezweifle nur, dass es funktioniert."
"So. Ich muss jetzt los. Ab zum Training.", sagte Allison und verschwand nun wieder. So machten sie nun Bella fertig und kurz darauf kam dann auch Lucy, die sie an diesem Tag trainierte.
"Ach hi! Du bist ja auch wieder hier!", bemerkte sie und umarmte Jim ebenfalls zur Begrüßung.
"Ja. Ich bin auch wieder da.", sagte er.
"Schön! Da freuen wir uns alle!"
"Und du bist jetzt mit Kent zusammen?"
"Ja. Wir haben vor zwei Jahren geheiratet."
"Ich weiß."
"Dafür, dass du so lange nicht hier warst, kennst du dich aber aus!"
"Ja. Ich hab von allem Bericht erstattet bekommen. Ich weiß über nahezu alles bescheid, was hier passiert ist."
"Und was hast du so angestellt?"
"Ja was ein Soldat halt so macht."
"Wo warst du eigentlich?"
"Im Irak."
"Hui. Dafür siehst du aber echt noch gut aus!"
"Ja. Ich mach den Job jetzt schon lang genug. Da hat man irgendwann nicht mehr so viele Verletzungen."
"Geh jetzt lieber nicht näher drauf ein. Dann lässt dich deine Schwester gar nicht mehr gehen."
Eine Stunde lang wurde nun trainiert, bevor Lucy dann wieder los musste und sie noch Bella versorgten. Gemeinsam gingen sie dann wieder nach Hause, wo sie sich den Rest des Tages unterhielt. Erst spät am Abend schickte Diana die Kinder dann ins Bett. Sie mussten am nächsten Tag wieder in die Schule und sollten vorher wenigstens noch ein bisschen schlafen. Dann setzte sie sich allerdings wieder zu Jim und Liam.
"Ihr habt drei ganz tolle Kinder! Aus denen ist wirklich was geworden!", sagte Jim stolz.
"Ja. Es ist einfach toll zu sehen, wie die erwachsen werden. Und vor allen Dingen wie schnell!", sagte Diana.
"Wollt ihr denn noch Kinder?"
"Nein!", kam es von ihr und Liam gleichzeitig. Sie waren sich schon einig, dass sie das garantiert nicht nochmal durchmachen würden. Drei Kinder reichten voll und ganz.
"Ach warum das denn? Das kann ich gar nicht verstehen!", lachte Jim.
"Nochmal überleben das meine Nerven nicht!", sagte Liam.
"Hast du Grace eigentlich schon angerufen?", lenkte Diana direkt ab.
"Nein. Noch nicht.", sagte Jim.
"Das musst du dringend machen! Die wartet schon seit Wochen auf einen Brief von dir."
"Ach man. Die weiß doch, dass ich nicht gerne schreibe. Muss ich der jetzt auch noch jede Woche schreiben?"
"Nein, aber so ab und zu wäre ein Lebenszeichen doch ganz schön. Die macht sich auch Sorgen um dich."
"Manchmal hab ich echt das Gefühl sie hat uns adoptiert."
"Ja. Das hat sie mehr oder weniger."
"Die muss sich doch keine Sorgen machen. Ist doch alles gut."
"Jim, du bist ein Soldat! Du wirst es vielleicht nicht glauben, aber es gibt so ein paar Menschen in deinem Leben, die jeden Tag an dich denken und beten, dass dir nichts passiert."
"Du machst dir viel zu viele Sorgen. Ich pass schon auf mich auf. Keine Sorge."
"Ja das sagst du so einfach. Du kämpfst verdammt nochmal jeden Tag um dein Leben! Da mach ich mir natürlich Sorgen! Das tun wir alle hier! Du könntest jede Sekunde sterben! Und das macht mir Angst! Ich habe Angst davor irgendwann einen Brief auf zu machen und da steht drin, dass du tot bist! Ich habe verdammt nochmal Angst, dass du stirbst und ich mache mir jeden Tag Sorgen um dich!"
"Ach Kleine. Komm her.", sagte er nun und kurz darauf saß sie auf seinem Schoß und kuschelte sich an ihn.
"Ich weiß, dass das schwer für dich ist und das wird auch immer so bleiben, aber es ist nunmal mein Job. Es ist mein Job für unser Land zu kämpfen und notfalls mein Leben dafür zu geben. Ich werde alles dafür geben, dass das niemals eintritt. Ich weiß, dass du das nicht verkraften würdest, aber ich kann dir nicht versprechen, dass es nicht irgendwann so weit ist. Ich bin dazu verpflichtet im Notfall mein Leben aufs Spiel zu setzen, um mein Land zu verteidigen. Ich kann dir nicht versprechen, dass ich nicht irgendwann im Krieg sterbe. Aber bis dahin bin ich bei dir und passe auf dich auf.", sagte er und schloss sie sanft in seine Arme. Er wusste wie schwer diese Ungewissheit jeden Tag für sie war und wie fertig sie das machte, aber er konnte es nicht ändern. Es war sein Job und es würde auch immer sein Job bleiben.

Lange unterhielten sie sich in dieser Nacht noch, bis sie dann schließlich zu Bett gingen.
In den nächsten Wochen war das Thema vergessen und sie waren einfach nur noch glücklich, dass Jim wieder da war. Auch, wenn ihnen allen bewusst war, dass er nicht lange bleiben würden. So kosteten sie jede Sekunde mit ihm noch mehr aus und aus Dianas Reise zu den Malediven wurde schließlich doch noch ein Familienausflug und es war wunderschön! Diana machte die tollsten Fotos und es war allgemein einfach nur großartig! Nicht zuletzt, weil sie die Zeit mit Jim voll und ganz auskosten konnte. Ein Jahr war er nun schon bei ihnen und ihnen war allen bewusst, dass er wohl bald wieder gehen musste. Jedes Mal, wenn sein Handy klingelte, zuckten alle zusammen, doch es sollte ganz anders kommen.
Gut gelaunt kam Diana eines Abends nach Hause, doch dort herrschte bedrückte Stimmung.
"Was ist denn hier los?", fragte sie verwundert. Liam stand nun auf und schloss sie direkt in seine Arme.
"Was ist los? Ist irgendwas passiert?", fragte sie direkt alarmiert. Wenn Liam schon so anfing, konnte das nichts gutes bedeuten.
"Er musste los. Wir wollten dich noch anrufen, aber du bist nicht ans Handy gegangen. Er konnte nicht länger warten.", sagte Liam nun und sie begann direkt zu weinen. Sanft zog er sie noch ein Stück näher zu sich und strich ihr tröstend über den Rücken. Er wusste wie schlimm es für sie so schon war, dass er gehen musste und jetzt konnte sie sich nicht mal von ihm verabschieden. Das musste schrecklich für sie sein.
"Ich soll dir von ihm sagen, dass es ihm schrecklich leid tut und dass er so schnell wie möglich wieder kommt. Du sollst nicht all zu traurig sein.", sagte Liam nach einer Weile.

Lange standen sie noch so, bis Diana sich schließlich wieder im Griff hatte und die Kinder ins Bett brachte. Der Alltag musste weiter gehen. Auch, wenn es ihr verdammt schwer fiel, musste sie einfach weiter machen. Liam war ihr dabei eine große Stütze, aber sie waren beide fast den ganzen Tag unterwegs und sahen sich eigentlich nur abends. Den Rest des Tages musste Diana irgendwie alleine schaffen und das klappte in den ersten Tagen nur sehr schwer. Erst, als dann endlich der erste Brief von Jim kam, tröstete sie das etwas. Er würde wieder kommen. Das hoffte sie zumindest. Die Frage war nur wann und sie hoffte inständig, dass es nicht wieder acht Jahre dauern würde. Es war einfach schrecklich so lange jeden Tag Angst zu haben, dass etwas passieren könnte. Doch es schien, als würde er lange weg bleiben. Ein Jahr nach dem anderen verging und kein Tag verstrich an dem Diana nicht an ihn dachte und hoffte, dass er noch lebte. Sie schrieben zwar auch weiterhin viel und sie berichtete ihm von allem, was passierte, aber es quälte sie zu wissen, dass er jeden Tag sterben konnte und dass sie sich dann nicht mal mehr von ihm verabschieden konnte. Trotzdem musste sie weiter leben und auch ohne ihn irgendwie weiter machen. Und das tat sie drei Jahre lang, bis dann der eine Tag kam, der alles verändern sollte.

Missing youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt