Kapitel 39

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Er legte nun wieder auf und steckte sein Handy wieder weg, um sich dann erstmal einen Kaffee zu holen. Er brauchte jetzt erstmal einen Moment zum durchatmen. Für ihn war das alles einfach viel zu viel auf einmal. Das machten seine Nerven nicht mit. Erst als er sich wieder etwas gesammelt hatte, ging er zurück zu den anderen, die noch immer unverändert im Raum standen.
Den gesamten Tag verbrachten sie im Krankenhaus, bevor Liam dann mit den Kindern wieder in das Hotel fuhr. Wirklich viel Schlaf fand er allerdings auch in dieser Nacht nicht und fuhr dann wieder zu der Klinik. Dort angekommen klingelte Liams Handy.
"Ja?", meldete er sich.
"Hallo! In welchem Krankenhaus seid ihr denn?", hörte er seine Mutter reden.
"Keine Ahnung, wie das heißt. Das ist so eine ganz große Klinik. Seid ihr schon da?"
"Ja. Kannst du dich mal an die Straße stellen? Ich weiß nicht, ob wir hier richtig sind."
"Ich seh euch.", sagte Liam und legte nun auf, um mit den Kindern zusammen auf die beiden zu zu gehen.
"Haben wir es wohl doch gefunden.", meinte Grace und schloss ihren Sohn nun in ihre Arme, bevor sie sich den Kinder zu wand.
"Man seid ihr groß geworden! Unglaublich!", sagte sie und umarmte jedes der Kinder kurz. Gemeinsam gingen sie nun rein, wo Sean sich mit den Kindern in die Cafeteria setzte, während Liam und Grace nun den Raum betraten. Diana saß dort und redete ganz konzentriert auf Jim ein. Dabei hielt sie seine Hand und strich immer wieder sanft darüber.
Langsam gingen sie nun zu ihr.
"Hey! Ist alles okay?", fragte Liam, doch sie schien ihn gar nicht wahr zu nehmen. Erst als er sanft eine Hand auf ihre Schulter legte, zuckte sie kurz zusammen, doch den Blick hatte sie noch immer auf die Hand in ihren Händen gerichtet. Nur das leichte Beben ihrer Schultern verriet Liam, dass sie wieder weinte.
"Hey. Nicht weinen. Alles wird gut.", sagte er beruhigend, doch sie regte sich noch immer nicht. Hilfesuchend schaute er sich nach seiner Mutter um und diese ging nun zu ihr. Wortlos umarmte sie sie und so verharrten sie, bis Grace sie schließlich wieder los ließ.
"Alles wird gut. Er ist ein Kämpfer Er wird das überleben. Da bin ich mir ganz sicher.", sagte sie nun, doch Diana regte sich noch immer nicht. Sie war völlig fertig und mit den Nerven total am Ende. Das merkte man ihr deutlich an.
"Geschlafen hast du in den letzten Tagen nicht, oder?", fragte Grace nun und Diana schüttelte mit dem Kopf.
"Du bist total fertig und gehörst eigentlich ins Bett, aber ich kann mir schon vorstellen, dass du ihn nicht alleine lassen willst. Das ist in Ordnung. Wir verstehen das, aber du musst trotzdem wenigstens ein bisschen schlafen. Das wird schon alles wieder. Wir sind alle für dich da. Wir wissen, wie es dir geht. Glaub mir. Ich weiß genau, wie du dich fühlst, aber es gibt noch Hoffnung. Er hat noch eine Chance zu überleben und ich bin mir sicher, dass er das schafft. Er weiß ganz genau, dass du ihn brauchst und er wird für dich kämpfen. Du bist bei ihm und das wird ihm die Kraft geben zu überleben. Er spürt, dass du da bist und er hört dich reden. Da bin ich mir sicher. Er merkt, wie schlecht es dir geht und er wird dich nicht alleine lassen. Er wird für dich kämpfen!", sagte Grace ernst. Diana hob nun ihren Blick und Grace erkannte erst richtig, wie fertig sie doch war. Sie war so blass, dass sie schon fast durchsichtig wirkte und ihre Augen waren vom ganzen Weinen rot geschwollen, was noch durch tiefe Ringe unter den Augen unterstützt wurde.
"Du siehst schrecklich aus.", sagte Grace und strich ihr sanft über die Wange.
"Genau so fühl ich mich auch.", schluchzte Diana mit zittriger Stimme.
"Ich weiß, wie du dich fühlst. Ich war selber schon in deiner Situation. Deswegen bin ich ja hier. Ich und Sean fliegen morgen mit den Kindern nach Hause. Wir kümmern uns um sie. Da musst du dir keine Sorgen machen. Liam bleibt hier bei dir und ist für dich da. Du musst dich um nichts kümmern. Wir machen das schon."
"Danke!"
"Ich bin immer für dich da. Du hast uns damals so sehr geholfen. Da helfen wir dir jetzt."
Nun herrschte wieder Schweigen und Grace verließ den Raum nach einer Weile wieder, während Liam bei Diana blieb. Mittlerweile hatte er sich einen weiteren Stuhl organisiert und sich zu ihr gesetzt. Sanft hatte er einen Arm um sie gelegt und sie hatte ihren Kopf auf seiner Schulter platziert, während sie noch immer Jims Hand hielt und immer wieder sanft darüber strich.
"Denkst du er spürt das?", fragte Liam irgendwann.
"Ich weiß es nicht, aber ich hab irgendwie das Gefühl, dass es ihm hilft.", sagte Diana noch immer mit zittriger Stimme.
"Du tust mir so leid! Ich wünschte ich könnte einfach irgendwie schnipsen und er würde die Augen auf machen und alles wäre wieder gut. "
"Das geht leider nicht."
"Ja. Leider. Ich wünschte ich könnte es jetzt und könnte dir das alles irgendwie erleichtern."
"Du darfst ruhig auch traurig sein. Er ist dein bester Freund."
"Süße, momentan will ich einfach nur für dich da sein. Du brauchst das."
"Danke!"

Den ganzen Tag saßen sie so und schwiegen die meiste Zeit, bis Diana dann gegen Abend ein schlief. Ihren Kopf hatte sie noch immer auf Liams Schulter und Jims Hand hatte sie fest in ihren. Selbst im Schlaf strich sie immer wieder unbewusst darüber. Liam blieb nur ruhig sitzen und hing seinen Gedanken nach. Das waren die Momente in denen ihn die Trauer überkam. Jim war sein bester Freund. Natürlich machte auch er sich große Sorgen und dazu kam noch, dass er Diana leiden sah. Es machte ihn total fertig sie so leiden zu sehen. Das war einfach schrecklich.
Es war schon spät am Abend, als Grace und Sean dann mit den Kindern rein kamen.
"Wir fahren jetzt in das Hotel. Ich denke mal du wirst hier bleiben, oder?", fragte Grace.
"Ja. Vielleicht kommt sie dann mal ein bisschen zur Ruhe.", antwortete Liam.
"Okay. Sollen wir dir irgendwie was mit bringen?"
"Könntet ihr vielleicht meine Sachen zusammen packen und her bringen?"
"Ja klar. Sonst noch was?"
"Nein."
"Gut. Wir kommen dann morgen nochmal vorbei."
"Ja. Bis dann!"
Sie verließen den Raum nun wieder und Liam war wieder allein mit Diana und Jim.
Müde schlief auch er schließlich ein, bis sie sich am nächsten Morgen neben ihm zu bewegen begann. Direkt war auch er hellwach und sagte sanft: "Guten Morgen, Süße!"
"Morgen.", sagte sie knapp, doch ihr erster Blick fiel auf Jim. Jeden Morgen hatte sie die Hoffnung, dass er einfach die Augen aufschlug, doch er lag noch immer unverändert dort.
Es dauerte nun nicht lange, bis auch die anderen kamen, um sich von ihnen zu verabschieden. Liam begleitete sie noch mit nach draußen, bevor er sich nun den Dreien zu wand.
"Wenn irgendwas ist, könnt ihr jeder Zeit anrufen. Ihr habt alle Nummern. Okay?", sagte er und von ihnen kam ein Nicken.
"Gut. Ihr müsst der Oma dann zeigen, wo was ist und seid bitte lieb zu ihr. Und zu Sean auch! Ihr schafft das schon.", redete er weiter.
"Papa, wir sind schon groß! Wir kommen klar! Mach dir keine Sorgen! Wir sind alt genug, um auf uns selber auf zu passen!", sagte Justus nun und zauberte seinem Vater damit ein stolzes Lächeln auf die Lippen.
"Ja. Das seid ihr. Passt auf euch auf!", sagte er noch und umarmte die Drei, bevor sie dann in das Auto stiegen und davon fuhren. Justus hatte schon Recht. Seine drei Kleinen waren jetzt schon fast erwachsen und er konnte sie schon ohne Bedenken allein lassen. Trotzdem fiel ihm dieser Abschied nicht leicht, denn er wusste nicht wie lange er seine Kleinen jetzt nicht sehen würde. Es war einfach niemanden klar, wie es weiter gehen sollte. Er hatte immernoch die Hoffnung, dass Jim so bald wie möglich wieder aufwachte und alles wieder gut war, aber das wusste keiner. Es stand in den Sternen, ob Jim überhaupt jemals wieder aufwachen würde und genau dieser Punkt war es vor dem er Angst hatte. Er wollte seinem Engel nicht erklären müssen, dass er nie wieder aufwachen würde. Für ihn war es schon schwer genug gewesen ihr zu erklären, dass er im Koma lag. Dazu kam noch, dass Jim sein bester Freund war und er ihm auch nicht gerade wenig bedeutete. Auch Liam machte sich nicht wenig Sorgen um seinen Freund, aber diesen Gedanken schob er momentan erstmal zur Seite. Erstmal musste er jetzt für Diana da sein. Für sie war das alles viel schlimmer und sie brauchte einfach jemanden, der für sie da war und sie stützte.
Er betrat die Klinik nun wieder und besorgte erst einmal für sich und Diana etwas zu essen und einen Kaffee.

Die nächsten Tage und Wochen waren dann sehr schwer. Tag und Nacht saßen sie bei Jim am Bett und Diana weinte nicht selten stundenlang. Liam saß bei ihr und war einfach für sie da. Wenn sie weinte, tröstete er sie und wenn sie schlief, wachte er über sie. Jeden Abend telefonierten sie mit den Kindern und jeden Abend gab es wieder nichts Neues.
Ein Monat verging so, bis eine Schwester irgendwann sagte: "Ich würd mir das an Ihrer Stelle nicht mehr antun und ihm einfach die letzte Ehre erweisen."
"Nein! Er lebt noch und ich bin mir ganz sicher, dass er das schafft!", sagte Diana sofort.
"Ja. Er lebt noch, weil er durch all die Maschinen am Leben gehalten wird. Er ist jetzt schon einen Monat hier. Er hat keine Chance mehr."
"Ich gebe ihn nicht auf! Niemals! Er lebt noch und er wird das überleben!"
"Wie Sie meinen. Ich würd mir das nicht antun.", meinte die Schwester, bevor sie wieder ging. Diana brach nun in Tränen aus und Liam legte einen Arm um sie. Sanft zog er sie zu sich und sagte: "Ganz ruhig. Dich zwingt niemand zu irgendwas. Die Frau hat keine Ahnung. Die kennt ihn nicht. Er schafft das!"
"Ich hoffe es!", schluchzte Diana.
"Shhhh. Alles wird gut. Da bin ich mir ganz sicher."
Lange saßen sie so, bis Diana sich langsam wieder beruhigte.
"Ich gehe und hole uns was zu Essen.", sagte Liam nun und stand auf, um genanntes zu tun. Diana blieb bei Jim sitzen und strich immer wieder sanft über seine Hand. Schon seit Wochen hielt sie sie in ihrer.
"Bitte Jim! Bitte! Ich will dich nicht verlieren! Ich brauche dich! Bitte kämpfe! Bitte! Tu es für mich und die Kinder. Wir brauchen dich! Ich tue alles, aber bitte überlebe das! Ich flehe dich an. Bitte! Bitte mach einfach die Augen auf und sag, dass alles in Ordnung ist! Bitte beweise, dass die Frau Unrecht hat! Du lebst noch. Du bist nicht tot! Du lebst!", redete sie leise auf ihn ein und hoffte einfach, dass er es hörte. Sie wünschte sich nichts sehnlicher, als endlich wieder mit ihm zusammen sein zu können. Sie wollte nicht, dass er starb! Sie konnte sich nicht mal mehr von ihm verabschieden. Er durfte sie so einfach nicht allein lassen!

Missing youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt