Die nächsten Tage waren voller Zweifel und Angst. War es richtig, was sie taten? Quälten sie ihn damit vielleicht nur? Sollten sie ihm doch lieber die letzte Ehre erweisen? Oder brauchte er einfach nur ein bisschen Zeit? Würde er jemals wieder aufwachen? All diese Fragen quälten sie Tag für Tag und mit jedem Tag an dem nichts passierte, wurde es schlimmer und unerträglicher.
So verstrichen Stunden, Tage und Wochen. Tag und Nacht saßen sie bei Jim und kannten mittlerweile alle Schwestern und Ärzte. Die eine Schwester sahen sie allerdings nie wieder. Sie war wohl öfter negativ aufgefallen und gefeuert worden. Das machte allerdings nichts rückgängig und die Zweifel blieben.
Schon bald war ein weiterer Monat vergangen und schließlich noch einer.
Drei Monate lag Jim bereits im Koma, als es passierte.
Liam war gerade los gegangen, um etwas zu Essen zu holen, während Diana bei Jim saß. Wie immer, hielt sie seine Hand und strich immer wieder über seinen Handrücken, bis die Hand sich plötzlich bewegte. Erschrocken zuckte sie zusammen und dachte erst sie hätte sich das alles nur eingebildet, doch als sie auf sah erkannte sie, dass er die Augen geöffnet hatte.
"Jim!", sagte sie glücklich und fiel ihm um den Hals.
"Was...", setzte er an und schaute sich hektisch um.
"Ganz ruhig. Bleib einfach ruhig liegen. Du bist in Washington in einer Spezialklinik. Du lagst jetzt drei Monate im Koma. Deshalb bleibst du am Besten einfach nur ruhig liegen. Liam kommt gleich wieder. Der kann dann einen Arzt holen. Ich bleibe bei dir.", sagte sie und in dem Moment öffnete sich auch schon die Tür des Raumes und Liam kam rein.
"Ist er etwa...", setzte er an und als sie nickte hätte er fast die Tasse in seiner Hand fallen lassen.
"Kannst du einen Arzt holen?", fragte sie nun und so stellte er das ganze Zeug nun ab und verließ den Raum, um kurz darauf mit einem Arzt wieder zu kommen. Dieser untersuchte Jim nun genau und sagte schließlich: "Es ist wie ein Wunder, aber er lebt. Gebt ihm noch ein paar Monate und dann ist alles wieder gut."
Vor lauter Glück kamen Diana nun direkt die Tränen und Liam schloss sie sanft in seine Arme.
"Ich glaube du musst Grace anrufen.", sagte er nach einer Weile und drückte ihr sein Handy in die Hand. Sie nickte nur und rief direkt zuhause an.
"Ja?", meldete Grace sich.
"Hallo Grace!", sagte Diana.
"Diana! Du klingst glücklich. Hast du etwa gute Nachrichten?"
"Und wie! Er ist gerade aufgewacht!"
"Unglaublich! Endlich! Wie geht's ihm? Wann kommt ihr wieder?"
"Es geht ihm so weit ganz gut und wir werden dann in ein paar Monaten kommen. Wann genau steht nicht fest."
"Toll! Jetzt können wir alle endlich mal wieder auf atmen! Grüß ihn schön von uns und pass auf, dass er ganz schnell wieder gesund wird!"
"Mach ich."
"Dann bis ganz bald!"
"Ja. Bis dann!"
Sie legte nun wieder auf und gab Liam sein Handy wieder. In dem Moment war sie einfach nur glücklich. Endlich hatte die Angst ein Ende und sie alle konnten einfach wieder glücklich sein.
Die nächsten Wochen waren gegenüber der Wochen zuvor ein Kinderspiel. Jeden Tag ging es Jim ein bisschen besser und drei Monate später konnten sie das Krankenhaus dann wieder verlassen und es folgte noch eine weitere Überraschung. Auf Grund seiner Heldentat wurde Jim die Medal of honor vom Präsidenten höchst persönlich überreicht bekommen. Was er gemacht hatte, wusste Diana immer noch nicht, aber so genau wollte sie das auch gar nicht wissen. Das war wahrscheinlich besser.
Schon früh am Morgen verschwand Liam, wie gewohnt, um aus der Cafeteria etwas zu Essen zu holen. Dort angekommen erkannte er allerdings, dass Grace und Sean mit den Kindern wohl schon früher gekommen waren, denn ihm kamen drei Kinder entgegen gerannt. Glücklich schloss er sie in seine Arme und fragte: "Was macht ihr denn schon hier? Ich dachte ihr kommt erst in einer Stunde."
"Ja. Wir mussten nochmal um buchen. War alles ein bisschen chaotisch.", erklärte Grace.
"Und ihr Drei? Alles gut?", fragte er nun.
"Wir haben euch vermisst!", sagte Justus.
"Wir euch auch. Das könnt ihr glauben. Sechs Monate sind verdammt lang!", sagte er und ließ die Drei nun wieder los.
"Dann kommt. Wir holen was zu Essen und gehen dann zu den anderen.", sagte Liam nun und so besorgten sie erst einmal Frühstück, bevor sie dann wieder zurück gingen. Auf dem Weg dort hin kam ihnen Diana entgegen und die Kinder rannten ihr direkt entgegen.
"Hey ihr Drei! Wie geht's euch? Habt ihr den Flug gut überstanden?", fragte sie glücklich und schloss sie in ihre Arme.
"Ja. Alles gut.", antwortete Justus.
"Schön! Dann kommt. Onkel Jim wartet schon.", sagte Diana und ging mit den anderen zusammen zu Jim.
"Ihr seid ja schon da!", bemerkte er.
"Ja. Wie geht's dir?", fragte Grace direkt und ging zu ihm.
"Mir geht's gut. Keine Sorge.", sagte Jim und schloss sie direkt in seine Arme.
"Warum machst du so einen Mist? Ich hab mir echt Sorgen um dich gemacht!"
"Musst du nicht. Alles ist gut."
"Ja du bist lustig! Du lagst verdammt nochmal drei Monate im Koma und wärst fast gestorben! Du kannst froh sein, dass Diana die ganze Zeit an dich geglaubt hat und so geduldig war! Sonst wärst du jetzt tot!"
"Zum Glück hab ich aber so eine tolle Schwester, die auf mich aufpasst, und alles ist gut. Du musst dir also keine Sorgen machen."
"Wenn du so einen Mist nochmal machst, gibt's Ärger! Ich sag's dir! Drei Monate lang haben wir Angst um dein Leben und du sagst dann wir sollen uns keine Sorgen machen! Du bist doch echt komplett bescheuert!"
"Ich lebe doch. Ist doch alles gut. Jetzt reg dich nicht so auf. Es hat dich keiner gezwungen mich nach Mums Tod direkt halb zu adoptieren."
"Irgendwer muss doch deine Mutter vertreten!"
"Das macht Diana schon zu genüge. Keine Sorge."
"Das stimmt auch wieder."
"So. Jetzt hast du mich aber lang genug in Beschlag genommen. Da sind noch so drei Jugendliche, die ich kaum noch wieder erkenne.", sagte Jim nun und schob Grace nun zur Seite, um die Drei zu begrüßen. Diese blieben allerdings schüchtern bei ihren Eltern stehen.
"Mein Gott! Drei Jahre ist man nicht da und schon werdet ihr so riesig und seid schon fast erwachsen! Unglaublich!", sagte er und Anna war nun die Erste, die in Tränen ausbrach und ihm in die Arme sprang.
"Du bist deiner Mutter so ähnlich!", lächelte Jim und schloss sie sanft in seine Arme. Nun kam auch Justus zu ihm und nach einem leichten Schubser von seiner Mutter folgte auch Felix. Vorsichtig setzte Jim sich nun mit Anna auf dem Schoß auf das Bett und ihre Geschwister setzten sich zu ihr. Sanft legte Jim nun einen Arm um jeden der Beiden und sagte: "Insgeheim seid ihr doch noch meine drei Kleinen. Ihr habt echt so viel von einer Mutter! Das glaubt ihr gar nicht."
Mit einem Lächeln nickte Liam und auch Diana grinste breit.
"Seht ihr? Die stimmen mir auch zu.", sagte Jim, doch die Kinder schien das nicht wirklich zu interessieren. Sie waren einfach nur glücklich, dass alles doch noch gut gegangen war und das sie ihren Onkel wieder hatten. Für Anna war das in den letzten Monaten alles zu viel. Sie war noch immer am Weinen.
"Hey. Nicht weinen. Alles ist gut. Sei lieber mal glücklich.", sagte Jim, doch von ihr kam nur ein leises Schniefen. Diana reichte ihr nun ein Taschentuch und strich ihr sanft über das Haar.
"War alles ein bisschen viel.", erklärte sie ihrem Bruder, doch er hatte das schon verstanden. Er ließ die Jungs nun wieder los und schloss Anna sanft in seine Arme. Sie kuschelte sich dicht an ihn und nur noch das leichte Beben ihrer Schultern verriet, dass sie weinte.
"Sie ist genau, wie du damals. Ganz genauso.", sagte er und strich dem Mädchen beruhigend über den Rücken. In dem Moment fühlte er sich um 30 Jahre zurück versetzt, als seine Schwester noch so alt war. Genau so hatte er mit ihr auf dem Schoß stundenlang gesessen, als ihre Mutter starb. Tag und Nacht hatte er sie genau so getröstet und es war einfach unglaublich, dass das nun schon so lange her war. Jetzt hatte sie drei Kinder und ihre Tochter war ganz genauso, wie sie damals. Vielleicht ein bisschen schüchterner, aber sonst ganz genauso. Äußerlich erkannte man Liam allerdings sehr genau wieder. Die roten Haare und die Sommersprossen hatten sich einfach durchgesetzt. Nur die tollen, eisblauen Augen hatte sie von ihrer Mutter. Um diese unglaublichen Augen hatte er seine Schwester immer beneidet. Er selbst hatte braune Augen, die er wohl von seinen Vater gehabt haben musste, denn seine Mutter hatte auch blaue Augen.
"Onkel Jim?", fragte Justus nun. Er war eindeutig der Mutigste von den Dreien und hatte das Kommando. Gleichzeitig kümmerte er sich allerdings um sie alle. Auch er hatte rote Haare und Sommersprossen. Dazu dann allerdings braune Augen.
"Was denn?", fragte Jim.
"Warum bist du eigentlich Soldat? Das ist doch total doof. Du lebst den ganzen Tag total gefährlich und könntest andauernd sterben. Und dazu bist du Kilometer weit von deinem Zuhause und von deiner Familie entfernt.", fragte der Junge neugierig.
"Weil es schon immer mein Traum war. Schon als ich klein war, wollte ich ein Held sein und anderen Leuten helfen. Dieser Job ist zwar anstrengend und gefährlich, aber er macht gleichzeitig auch unheimlich viel Spaß und du kannst am Abend von jedem Tag stolz auf dich sein. Du tust da wirklich etwas, um anderen Menschen zu helfen und rettest jeden Tag unheimlich viele Leben. Ich mache diesen Job, weil ich für mein Land kämpfen will und etwas in der Welt verändern will.", erklärte Jim.
"Jetzt red denen das nicht noch schön! Sonst kommen die auch noch auf die Idee so etwas zu machen! Es reicht, wenn ich um dich Angst haben muss! Ich kann es jetzt nicht noch gebrauchen, dass meine Kinder in den Krieg ziehen!", schimpfte Diana.
"Okay. Damit eure Mutter nicht meckert auch die negativen Seiten. Du siehst jeden Tag haufenweise Menschen sterben und musst damit rechnen, dass du jede Sekunde sterben kannst und auch mit ansehen, wie deine Kollegen und besten Freunde sterben. Deshalb hat jeder Soldat irgendwann mit psychischen Problemen zu kämpfen und nach so einem Krieg hast du wirklich einen Knacks weg. Das sind die Nachteile.", erklärte Jim.
"Ihr fangt so einen Mist bitte gar nicht erst an! Ich lass euch nicht weg! Und wenn ich euch anketten muss!", sagte Diana ernst.
"Das macht die wirklich. Da ist eure Mutter eiskalt. Die zieht das durch. Ich würd es an eurer Stelle lieber lassen. Es gibt so viele andere, tolle Berufe. Tut euch und vor allen Dingen euren Eltern das nicht an.", sagte Jim.
"Das hab ich nicht vor.", meinte Justus.
"Na dann ist ja gut. Was habt ihr denn sonst so vor?", fragte Jim nun.
"Irgendwas kaufmännisches. Was genau weiß ich noch nicht.", antwortete Justus.
"Ich will studieren und Fotograf werden.", berichtete Felix.
"Aha. Und was willst du werden?", fragte Jim nun an Anna gerichtet.
"Ärztin.", schluchzte sie.
"Wow! Ihr habt aber schon ziemlich genaue Vorstellungen!", bemerkte Jim.
"Ja. Die wissen genau, was sie wollen.", sagte Liam stolz. Er war einfach glücklich drei so tolle Kinder zu haben. Sie wussten genau, was sie wollten und sie würden ihre Träume und Ziele verfolgen. Da war er sich ganz sicher.
Sie unterhielten sich noch lange, bis Jim schließlich sagte: "So. Ich glaube jetzt sollten wir so langsam mal los."
Von den anderen kam ein Nicken und so stand er nun auf. Anna hob er einfach hoch und trug sie vorsichtig mit raus. Sie war ein absolutes Fliegengewicht und so war das kein Problem für ihn.
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Missing you
Teen FictionAchtung! In diesem Buch werden die Themen Krieg, Drogen, selbstverletzendes Verhalten sowie einige psychische Krankheiten behandelt. Diana ist Pferde Fotografin und wohnt mit ihrem Freund Liam in Ocala. An sich hat sie ein wirklich tolles Leben mit...