Kapitel 63

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  Nun wandten sie sich allerdings doch wieder dem Hengst zu und schrubbten ihn, bis man ihn wieder halbwegs als Schimmel identifizieren konnte. Diana widmete sich nun seiner Mähne, die sie eigentlich immer zu Zöpfen hoch geflochten hatten. Die langen Haare würden ihn sonst nur stören. Diese Zöpfe öffnete sie nun, um seine Mähne einmal gründlich durch zu kämmen.
"Wow! Was für eine Mähne! Unglaublich!", sagte Beezie begeistert.
"Ja. Die ist wirklich toll, aber näh die mal ordentlich ein.", meinte Diana.
"Geht das überhaupt?"
"Ja. Ich hab da mittlerweile so meine Technik entwickelt. Es sind dann halt sehr dicke Zöpfe, aber es sieht dann eigentlich gar nicht so schlecht aus. Es ist halt extrem zeitaufwendig das alles ein zu flechten und so eine lange Mähne zu pflegen ist auch ein bisschen nervig."
"Wie machst du das? Ich bin ja schon zu blöd Cortes vernünftige Zöpfe zu machen. Das muss dann meine Pflegerin immer machen."
"Genug Übung. Wenn man einen Dressurreiter als Mann und einen Springreiterin als Tochter hat, flechtet man sehr oft viele Mähnen ein. An so einem richtigen Turnier Wochenende hab ich teilweise fünf Pferde eingeflochten. Da kann man das irgendwann ganz gut.", meinte Diana, während sie dem Hengst nun die Mähne zu einem festen Zopf am Mähnenkamm entlang flocht.
"Das hast du aber auch schon öfter gemacht.", bemerkte Beezie.
"Das mach ich jeden Tag mindestens einmal."
"Kann Liam nicht flechten?"
"Doch. Sogar recht gut, aber wenn ich den sowieso putze, flechten ich dem die Mähne auch nochmal. Außerdem sieht es bei ihm halt nicht ganz so ordemtlich aus und hält nicht so lange. Deswegen mach ich das meist."
"Die Pferde sind ja schon fast eher deine, als wirklich seine."
"Nein. Das kannst du so auch nicht sagen. Er macht auch wirklich viel mit denen und er würde das auch alles selber machen, aber da fehlt die Zeit. Liam geht voll arbeiten und reitet nebenbei jeden Tag drei Pferde. Wenn der, so wie heute, erst um vier kommt geht es dann eben schneller, wenn ich ihm schnell helfe. Da mach ich dann die Pferde fertig und er reitet. So sind wir dann um neun zuhause und nicht erst um 11."
"Als was arbeitet der denn?"
"Der arbeitet im Büro von Bakers als Industrie Kaufmann."
"Er hält es ernsthaft aus den ganzen Tag im Büro zu sitzen?"
"Ja. Ich kann es auch nicht verstehen, aber das ist voll sein Ding.", meinte Diana, während sie den Hengst nun bandagierte und schließlich sattelte, während Beezie ihn trenste.
"Wird Grand Prix Dressur nicht eigentlich auf Kandarre geritten?", fragte sie verwirrt.
"Ja, aber wir reiten hier noch Pferde freundlich. Die Kandarre wird nur zu den Turnieren ausgepackt. Im Training reitet er nur mit Trense."
"Wow! Einer der wenigen Dressurreiter, der nicht jeden Tag mir Kandarre, Sporen und Rollkur reitet!"
"Wenn er das machen würde, hätte ich ihn schon erwürgt und das weiß er auch. Ich halt mich ja wirklich raus, was seine Dressur Pferdchen an geht, aber da hört für mich der Spaß auf!"
"Ich hab schon gehört. Du hast deswegen dem Rath eine geknallt."
"Das war hauptsächlich, weil er dabei noch so dreist war und meinte mich begrabschen zu müssen. Das hat meine Nerven dann doch über strapaziert."
"Der hat sich getraut dich an zu fassen?"
"Ja. Und ich denke das wird er nie wieder tun."
"Und Liam muss dann brav mit weichem Gebiss und ohne Sporen reiten?"
"Nein. Ich hab kein Problem damit wenn er mit Kandarre und Sporen reitet. Er kann damit auch umgehen. Liam hat so eine weiche Hand. Da kannst du ihm jedes Gebiss geben. Und Sporen nutzt er allgemein kaum. Du musst dich mal auf Nightsea setzen. Die ist so verdammt weich an den Hilfen. Die reagiert auf jede noch so kleine Berührung. Und das ist bei allen von seinen Pferden so. Du musst mal drauf achten, was der für Hilfen gibt. Das ist so gut, wie nichts und die Pferde laufen perfekt."
"Du bist ja nur am schwärmen."
"Er reitet einfach verdammt gut. Ich hab ja schon wirklich viele professionelle Reiter gesehen, die auch wirklich sehr gut sind, aber ich hab bisher nur wenige gesehen, die ihre Pferde so perfekt an den Hilfen hatten und jede Lektion so präzise und einfach vollkommen perfekt geritten sind, wie Liam."
"Danke!", sagte Liam nun, der mittlerweile zu ihnen gekommen war und die letzten Sätze mit gehört hatte.
"Das ist einfach so. Du reitest mit so einer Perfektion und trotzdem noch Pferde freundlich. Ich kenne nur wenige Reiter, die das so können. Es macht einfach unheimlich viel Spaß dir zu zu gucken und das behaupte ich wirklich nicht von vielen Dressur Reitern.", redete sie weiter.
"Jetzt ist aber gut! Genug Lob! Erstmal muss ich noch was tun!", sagte Liam und nahm ihr nun die Zügel aus der Hand, um sich locker auf den Rücken des Hengstes zu schwingen und zum Viereck zu reiten, um auch ihn locker warm zu reiten.
"Dieses Pferd ist unglaublich! Er ist einfach wunderschön und dazu noch diese Gänge! Zum dahin schmelzen!", schwärmte Beezie schon nach kurzer Zeit mit glänzenden Augen.
"Ja. Er ist toll! Aber verdammt schwer zu reiten! Das sieht bei Liam alles so locker und einfach aus, aber sitz den mal vernünftig aus. Also ich kann den weder im Trab noch im Galopp sitzen. Das ist unmöglich."
"Liam beweist gerade das Gegenteil. Vielleicht kannst du das auch einfach nicht."
"Liam?", rief Diana nun über den Platz.
"Was denn?", rief er zurück.
"Beezie meint er wäre einfach aus zu sitzen und sie könnte das."
"Na dann kannst du uns das ja mal demonstrieren.", meinte Liam und parierte nun vor ihnen durch, um ab zu steigen.
"Ich soll in einen Dressur Sattel steigen?", fragte Beezie.
"Ja. Du meinst ja du könntest ihn aus sitzen.", meinte Diana und so musste sie sich tatsächlich in den Sattel schwingen. Im Schritt ritt sie nun an und rief: "Das geht dich noch voll! Ich weiß gar nicht, was du hast."
"Na dann Trab mal an!", meinte Diana. Genau das tat Beezie nun und schon nach der kleinsten Berührung mit dem Schenkel trabte der Hengst schwungvoll und voller Elan an. Beezie gab wirklich ihr bestes ihn irgendwie ordentlich aus zu sitzen, doch es war einfach unmöglich diesen unglaublichen Schwung irgendwie zu kompensieren.
"Scheint wohl doch nicht so einfach zu sein!", rief Diana lachend und auch Liams Lächeln wurde immer breiter. Als sie den Hengst dann an galoppierte, machte sie das Ganze nicht wirklich besser, denn schon beim ersten Galoppsprung wurde sie komplett aus dem Sattel katapultiert und konnte sich nur mit Mühe und Not oben halten. So gab sie schon bald auf. Es war einfach unmöglich dieses Pferd vernünftig aus zu sitzen. So stieg sie nun wieder ab und fragte: "Wie schaffst du es dieses Pferd aus zu sitzen? Das ist unmöglich!"
"Du musst einfach nur locker in der Hüfte sein und vernünftig mit gehen. Dann kriegst du das auch hin.", meinte Liam, während er nun wieder auf stieg.
"Das hab ich doch gemacht!", protestierte Beezie.
"Nein. Du saßt einfach nur da darauf und warst steif, wie ein Brett. Locker bleiben und mit schwingen. Du musst die Gangarten fühlen. Dann klappt das auch.", meinte Liam, bevor er nun wieder an ritt, un den Hengst noch etwas lockerte.
"Wie macht der das? Bei ihm sieht das so unglaublich leicht und mühelos aus und in Wirklichkeit ist es einfach unmöglich dieses Pferd vernünftig aus zu sitzen!"
"Genau das ist das, was mir auch immernoch ein Rätsel ist. Ich fühl mich jedes Mal wie der größte Vollidiot, wenn ich dieses Pferd reite und es einfach nicht hin kriege vernünftig aus zu sitzen, während er sich da darauf setzt und einfach sitzt wie angeklebt!"
"Schön zu wissen, dass ich wenigstens nicht die Einzige bin, die das nicht kann."
"Ne. Anna saß auch schon drauf. Die hat es auch nicht hin gekriegt. Also es liegt nicht an uns. Liam ist einfach verdammt gut. Und das ist bei ihm allgemein so. Er reitet das und es sieht einfach aus, als könnte das jeder Anfänger und dann sitze ich da drauf und krieg einfach nichts hin."
"Du hast schon recht. Er reitet echt unfassbar gut!"
"Und das ist alles nur warm reiten! Pass auf, bis du die neue Kür siehst! Die für ihn ist sowieso sehr interessant."
"Wieso?"
"Ich hab ihm da so etwas angedreht, dass ziemlich interessant ist."
"In wie weit interessant?"
"Liam reitet am Wochenende ein Turnier mit Aufgabe und Kür. Und auf dem Turnier sind jede Meng große Trainer, die sich neue Talente raus gucken und Liam will da irgendwie rein rutschen und weiter hoch kommen. Dazu muss aber zum einen die Aufgabe und zum anderen die Kür perfekt sein."
"Ja. Logisch."
"Jedenfalls ist er daran verzweifelt eine Kür zu schreiben und dann haben wir das zusammen gemacht. Und bei der Kür ist es so, dass im Prinzip alle das Gleiche reiten. Jeder Reiter reitet gaz klassisch in Passage ein, fängt mit dem Trab an, dann Schritt, Galopp und zum Schluss dann nochmal Trab und das alles zu klassischer Musik. Das macht fast jeder. Und die Richter sitzen dann da, haben am letzten Tag schon stundenlang das Gleiche gesehen und dürfen sich dann nochmal stundenlang fast gleiche Küren an schauen. Wenn dann was vollkommen anderes kommt, dass sie von der Masse ab setzt, wird das natürlich tendenziell besser bewertet. Dementsprechend haben wir eine Kür geschrieben, die mal was völlig anderes ist und die Kinder haben die Musik dazu zusammen geschnitten. Und die ist garantiert nicht klassisch und garantiert was völlig anderes."
"Das klingt ja viel versprechend."
"Du wirst es ja dann gleich sehen."
Als der Hengst dann warm war, ließ Liam ihm noch eine kurze Schritt Pause, während Diana die Musik bereit machte. Kurz darauf ritt Liam nun los und auf sein Zeichen startete Diana die Musik. Zu dem Bass, der laut den Takt vor gab, ritt er in Passage ein und ritt die Kür nahezu perfekt. Nur ein paar winzige Fehler waren drin.
"Und? Was sagst du?", fragte Liam, als er den Hengst dann trocken geritten hatte und nass geschwitzt ab stieg.
"Das ist mal was ganz anderes, aber absolut genial! Noch ein paar kleine Details und dann ist es perfekt! Ich würde dir so jetzt 98% geben.", sagte Beezie begeistert.
"Dem schließ ich mich mal an. Das war unglaublich!", stimmte Diana ihr zu.
"Na dann kann das ja wirklich was werden.", meinte Liam.
"Das kann nicht nur! Das wird was! Wenn du das Sonntag genau so reitest, gewinnst du das Ding! Da bin ich mir ganz sicher!", verbesserte Diana.
"Das sehen wir dann noch.", meinte Liam.
"So. Ich muss jetzt wieder nach Hause. Ich wünsch dir ganz, ganz viel Glück! Du hättest es verdient, nach oben zu kommen! Du machst das schon! Du hast auf jeden Fall deinen größten Fan an deiner Seite. Wir sehen uns dann spätestens in zwei Wochen!"
"Ja. Bis dann!"  

Missing youWo Geschichten leben. Entdecke jetzt