Als sie gerade die perfekte Position gefunden und einige Fotos gemacht hatte, fuhr dann ein Auto vor. Davon ließ sie sich allerdings erstmal nicht stören, bis Allison hinter ihr fragte: "Muss man dabei im Dreck liegen?"
"Wenn man schöne Bilder haben will, ja.", erklärte Diana und ihrer Kundin klappte die Kinnlade runter.
"Was ist denn mit ihr los?", fragte Allison verwundert.
"Die kriegt als kleines Fangirl nur gerade einen Anfall. Zu viele von ihren Vorbildern auf einmal.", erklärte Diana und stand nun auf, um sich den gröbsten Dreck von den Klamotten zu klopfen.
"Fährst du eigentlich auch mit nach Rio?", fragte sie nun.
"Ja. Das Team besteht aus Kasey, Laura, Steffen, Liam und mir."
"Dann herzlichen Glückwunsch!"
"Danke!"
Nun kamen auch die Anderen zu ihnen und Diana fiel Liam direkt um den Hals.
"Ich hab doch gesagt, dass du das kannst!", sagte sie stolz.
"Ja. Das hast du.", meinte er völlig emotionslos.
"Was ist denn mit dir los? Jetzt freu dich doch mal! Du reitest Olympia! Das war doch immer dein großer Traum!"
"Ich freu mich ja."
"Aber?"
"Nichts aber."
"Was ist los?"
"Nichts. Alles gut."
Skeptisch schaute sie ihn an. Irgendwas stimmte da nicht, aber sie wollte jetzt auch nicht noch mehr nach bohren. Nicht mit so vielen Zuschauern. Das konnte sie dann mal in Ruhe machen. Jetzt gratulierte sie erst einmal den Anderen und Alex organisierte sich jede Menge Autogramme. Kurz darauf stand Allison auch schon mit einem Glas Sekt in der Hand vor ihr.
"Ich bin am Arbeiten! Ich trinke später gerne mit euch, aber lasst mir jetzt noch einen Moment.", widersprach Diana.
"Als ob das dir was aus macht. Ich kenn dich. Du machst auch sturzbesoffen noch tolle Fotos.", meinte Allison.
"Später. Außerdem muss ich noch fahren.", sagte Diana und wand sich wieder ihrem Shooting zu.
Etwa eine Stunde lang machte sie noch jede Menge Fotos und hatte dabei nicht gerade wenige neugierige Zuschauer hinter sich. Jeder ihrer Arbeitsschritte wurde genaustens überwacht.
"Könnt ihr vielleicht irgendwas anderes machen? Ihr seid ja schlimmer, als die NSA! Ich kann so nicht arbeiten!", schimpfte Diana schließlich und kurzfristig zeigte es auch Wirkung. Dann standen sie allerdings auch schon wieder hinter ihr und sie gab es schließlich auf.
Als sie dann fertig war, tranken sie alle zusammen ein Glas Sekt und kurz darauf hatte Laura auch schon die nächste Flasche in der Hand und drückte Liam ein Glas in die Hand.
"Ne. Ich trink nichts mehr.", meinte dieser.
"Was ist denn mit dir los? Wir reiten Olympia! Das muss man feiern! Also sei gefälligst mal glücklich!", schimpfte Allison.
"Das bin ich, aber ich trinke trotzdem nichts mehr."
"Na dann kannst du ja fahren.", meinte Diana und nahm Allison das Glas aus der Hand. Sie merkte, dass irgendwas mit Liam nicht stimmte und es war wohl nicht unbedingt gut, wenn Allison jetzt noch genauer nach forschte. Das würde es jetzt wahrscheinlich nur noch schlimmer machen.
So feierten sie nun noch eine Weile, bevor sie dann wieder nach Hause fuhren. Dort gingen die Kinder direkt ins Bett und auch Liam war schnell verschwunden. So setzte Diana sich nun alleine mit ihrem Laptop auf dem Schoß auf die Couch, um die Fotos zu bearbeiten. Ihre Gedanken drifteten allerdings immer wieder zu Liam. Was war nur los mit ihm? Irgendwas stimmte da doch ganz und gar nicht!Gegen zwölf Uhr nachts kam Liam dann zu ihr und setzte sich wortlos zu ihr, um dann in die Leere zu starren.
Diana packte nun ihren Laptop zur Seite und rückte näher an ihn.
"Was ist los?", fragte sie.
"Nichts.", meinte er.
"Verarschen kann ich mich selber. Irgendwas beschäftigt dich total. Das seh ich doch! Ich kenn dich zu gut als das du mich verarschen könntest, also gib es gleich auf."
Liam schwieg nur.
"Schatz, was ist los? Du bist total fertig. Bitte sag mir, was dich so sehr beschäftigt! Ich will dir nur helfen!"
"Ich hab eben mit meiner Mutter telefoniert. Sean hat sich von Kasey getrennt. Sie hat ihn mit seinem Kumpel betrogen.", erklärte Liam nun.
"Oh. Das ist heftig."
"Ja. Mum meint er ist total fertig und ich hab Angst, dass er Mist baut."
"Sollen wir hin?"
"Am liebsten würde ich sofort fliegen, aber das geht nicht."
"Warum nicht? Das wär doch kein Problem. Ich würd auch mit kommen."
"Du musst arbeiten."
"Na und? Die paar Shootings kann ich auch verlegen."
"Du kannst nicht dauernd wegen irgend einer Kleinigkeit deine ganzen Planungen durcheinander schmeißen."
"Kleinigkeit?!? Du sitzt hier völlig fertig und sagst mir, dass du Schiss hast, dass dein Bruder sich umbringt und dann willst du mir erklären, dass das eine Kleinigkeit ist?!?"
"Ich weiß ja auch nicht."
"Aber ich weiß. Ich sprech mit Allison. Die kümmert sich bestimmt um die Pferde. Und dann fliegen wir ganz schnell nach Irland. Und wenn es nur für ein paar Tage ist, aber wir müssen jetzt dahin. Sean braucht Hilfe und deine Mutter kann das einfach nicht mehr."
"Und wie willst du das machen? Du musst arbeiten und ich hab Training!"
"Es gibt Dinge, die wichtiger sind als Arbeiten und Training! Ich denke du stimmst mir zu, dass das Leben von deinem Bruder dazu gehört!"
Liam schwieg nun wieder.
"Hey... Wir kriegen das schon hin. Ich organisier das alles. Geh du wieder ins Bett. Du bist ja völlig fertig. Ich komm dann auch gleich."
Liam nickte nur und ging. Diana schnappte sich direkt ihren Laptop und buchte den nächst besten Flug nach Irland, um dann Grace an zu rufen.
"Ja?", meldete diese sich.
"Hey! Ich bins. Diana.", sagte sie.
"Hey! Was gib's?"
"Ich hab gerade mit Liam gesprochen. Der ist total fertig. Was ist mit Sean?"
"Dem geht's total beschissen. Ist ja auch kein Wunder. Die beiden waren zehn Jahre zusammen. Er wollte ihr einen Antrag machen und dann erwischt er sie mit seinem besten Freund in seinem Bett."
"Das ist hart."
"Ja. Was hat die Psychologin denn für eine Idee, was wir da machen könnten?"
"Ich weiß auf jeden Fall, dass Liam sich tierische Sorgen macht und dass wir morgen Nachmittag zu euch fliegen. Die Tickets sind gebucht. Wir sind dann am Freitag so um drei Uhr morgens bei euch."
"In unserer oder in eurer Zeit."
"In eurer Zeit."
"Okay."
"Kann uns da irgendwie abholen oder sollen wir uns ein Taxi organisieren?"
"Ne. Ich hol euch."
"Willst du dir das wirklich zumuten mitten in der Nacht drei Stunden hin und zurück zu fahren?"
"Ja. Das geht schon. Ich mach das."
"Okay. Danke!"
"Kein Problem. Pass du mir gut auf meinen Sohn auf!"
"Mach ich."
"Warum hat der mich eigentlich eben angerufen? Hast du ihn genötigt oder ist er etwa tatsächlich mal auf die Idee gekommen mich von alleine an zu rufen?"
"Hat er dir nicht erzählt, was er heute geritten ist?"
"Nein. Er hat gar nichts erzählt. Ich hab ihm das erklärt und kurz danach hat er wieder aufgelegt. Was hat er denn geritten?"
"Das Auswahl Training für Olympia."
"Und?"
"Wir fliegen nach Rio!"
"Hä?"
"Olympia ist dieses Jahr in Rio! Liam reitet Olympia!"
"Oh mein Gott! Hammer! Das ist ja unglaublich! Mein Sohn! Mein kleiner Liam reitet Olympia! Warum sagt mir das niemand?"
"Das hab ich doch gerade."
"Warum jetzt erst?"
"Wir wissen es doch selber erst seit ein paar Stunden. Außerdem wollte Liam das wohl tun, bevor er erfahren hat, was mit Sean ist. Ich dachte das hätte er."
"Ne. Bei mir ist davon nichts angekommen."
"Naja. Jetzt weißt du es."
"Warum bist du eigentlich noch wach? Bei euch müsste es doch mitten in der Nacht sein."
"Ja. Ich war bis eben gerade noch am Arbeiten. Die Fotos wollen bearbeitet werden. Ich hatte heute ein ziemlich aufwendiges Shooting. Meine Kundin war übrigens ein sehr großer Fan von Liam. Der sind bald die Augen aus dem Kopf gefallen, als sie den gesehen hat. Unglaublich."
"Pass bloß auf! Komische Fangirls sind erbarmungslos. Lass den dir bloß nicht ausspannen!"
"Du kennst doch Liam. Der ist eine Nonne! Der würde nie auch nur auf die Idee kommen mich zu betrügen."
"Wär schön, wenn das jeder so sehen würde."
"Ja. Das würde einiges an Chaos ersparen."
"So. Ich muss los. Die Tiere wollen gefüttert werden."
"Okay. Pass gut auf Sean auf! Ich kann so jetzt ziemlich schlecht einschätzen, wie es ihm geht, aber ich kann mir vorstellen, dass das sehr schwer für ihn ist. Pass auf, dass er nicht auf komische Gedanken kommt und Mist baut! Das würd ich Liam ganz gerne ersparen."
"Ich geb mein Bestes. Jegliche spitzen oder schwarfen Gegenstände hab ich schonmal versteckt. Ich kann ihn nur leider nicht in die Gummizelle stecken."
"Ne. Das macht mehr kaputt als dass es hilft."
"Weißt du schon, wie lange ihr bleibt?"
"Ja. Ich hab Montag einen wichtigen Termin. Wir fliegen Sonntag Morgen wieder, aber notfalls können wir ihn mit nehmen."
"Okay. Danke!"
"Für irgendwas muss mein Studium ja gut gewesen sein. Mein eigentliches Ziel konnte ich damit ja nicht erreichen."
"Was war denn dein eigentliches Ziel?"
"Danach meine Mutter verstehen zu können. Das kann ich bis heute nicht und ich denke das werd ich auch nie. Ich kann sie leider nicht mehr fragen."
"So psychische Dinge versteht man meist erst, wenn man selber in der Situation ist. Ich hab Liam damals auch nie verstanden, bis du mir das dann alles erklärt hast."
"Ja, aber Liam kannst du wenigstens noch fragen. Bei meiner Mutter könnte sich das ziemlich schwierig gestalten."
"Es rückt wieder näher, oder?"
"Morgen in einer Wochen."
"Bist du dir sicher, dass du Sean dann noch da haben willst?"
"Das geht schon. Ich hab damit abgeschlossen. Ich legte ihr da ein paar Blumen hin und bleib einen Moment. Das war's dann."
"Wie lang ist es jetzt her?"
"35 Jahre."
"So lang schon?"
"Ja. Eine halbe Ewigkeit."
"Wie die Zeit vergeht!"
"Oh ja! Unsere Drei sind jetzt schon 18. Das ist unglaublich!"
"Jetzt muss ich aber wirklich los! Wir sprechen dann morgen!"
"Ja. Bis dann!", sagte sie und legte nun wieder auf, um zu Liam zu gehen. Dieser lag bereits wieder im Bett und starrte Löcher in die Luft. Sie legte sich nun neben ihn und erklärte: "Ist alles organisiert. Wir fliegen morgen Nachmittag hin und Sonntag Morgen wieder zurück. Wahrscheinlich nehmen wir Sean dann mit zurück. Ich denke dem tut es mal ganz gut da raus zu kommen. Mit deiner Mutter ist auch schon alles abgesprochen."
"Danke!", sagte Liam und gab ihr einen Kuss, den sie erwiderte.
"Gar kein Problem. Das geht doch ruck zuck. Ich muss dann morgen früh nur noch meine ganzen Shootings verschieben und mit Allison sprechen, dass die sich um die Pferde kümmert. Die wollte ich so mitten in der Nacht jetzt nicht noch anrufen. Das könnte sie mir vielleicht übel nehmen."
"Nicht nur vielleicht."
"Montag muss ich dann aber auf jeden Fall wieder arbeiten. Da hab ich einige wichtige Shootings. Die kann ich nicht verschieben."
"Und was ist in der Zeit mit Sean?"
"Der kommt entweder mit oder bleibt bei dir. Das kriegen wir schon alles. Ich muss da nur auf jeden Fall hin. Das eine ist ein einflussreiches Gestüt bei dem ich die ganzen Hengste fotografieren soll, das andere ist eine Tochter von irgend einem Scheich aus Dubai, die wohl auch sehr viel Einfluss hat und dann hab ich noch ein Shooting in Richtung Fantasy wo ich dann jede Menge bearbeite und die Bilder für viel Geld verkaufe. Da sitze ich dann zwar wieder stundenlang dran, aber es gibt ordentlich Geld."
"Da arbeitest du doch wieder Tag und Nacht durch. Wie willst du dich da noch um Sean kümmern?"
"Liam, jetzt bleib doch mal locker. Das wird schon. Natürlich wird das alles wieder stressig und schwierig, aber das ist bei uns doch mittlerweile völlig normal. Wir kriegen das alles irgendwie hin und noch steht ja gar nichts fest. Vielleicht will Sean auch gar nicht mit kommen. Ich hab nicht mit ihm gesprochen."
"Weißt du, wie es ihm geht?"
"Deine Mutter meint nicht besonders gut."
"Hast du irgendeine Ahnung, was wir machen können?"
"Das kann ich so nicht beurteilen. Ich hab doch noch nicht mal mit ihm gesprochen. Was los ist, kann ich dir erst sagen, wenn ich vor ihm stehe und mit ihm gesprochen hab und selbst dann kann ich dir nicht genau sagen, was wir machen können. Für so etwas gibt es keine Musterlösung, die in allen Fällen hilft."
"Es wäre schön, wenn es eine geben würde."
"Ja. Das würde einiges einfacher machen, aber es gibt eben keine. Ich denke mal wir können da nicht viel mehr machen, als für ihn da sein und aufpassen, dass er keinen Mist baut. Das ist nunmal schwer und da muss er mehr oder weniger alleine durch."
"Ich bin nur froh, dass du so einen Mist nie machen würdest."
"Und wenn dann würde ich es wenigstens so anstellen, dass du nichts mit kriegst."
"Wag es nicht!"
"Das würd ich nie tun und das weißt du auch. Mit wem sollte ich dich denn betrügen? Und vor allen Dingen warum? Ich hab einen berühmten Dressurreiter als Mann und fahr nach Rio zu Olympia. Was will ich mehr?"
"Keine Ahnung."
"Ich bin glücklich wie es ist. Wenn Jim jetzt noch da wäre, wäre ich wunschlos glücklich."
"Bald ist Sommer. Dann kommt er wieder."
"Da bin ich mir nicht so sicher."
"Er hat gesagt, dass er zum Abschluss von den Kindern wieder da ist und wenn er das sagt dann stimmt das auch."
"Er hat nur gesagt, dass er versucht zu kommen. Mehr nicht."
"Das ist Jim. Der wird alles dran setzen dann kommen zu können. Schon allein, um dich nochmal zu erleben, wie bei deinem Abschluss."
"Das sehen wir dann noch, ob ich sowas nochmal mache."
"Wieso?"
"Es könnte passieren, dass ich unseren Kindern dann ganz vielleicht dezent peinlich bin und dass sie danach nie wieder mit mir sprechen. Außerdem muss ich gucken, wie ich arbeiten muss. Wenn ich am nächsten Morgen zum Turnier muss, kommt das nicht so gut, wenn ich dann komplett verkartert da rum laufe."
"Als ob dir das was ausmacht."
"Mir nicht, aber den anderen vielleicht. Da kommen dann nicht die schönsten Fotos bei raus und ich kann mir auch wirklich schöneres vorstellen, als mit höllischen Kopfschmerzen auf einem riesigen Turnier zu sein."
"Ein bisschen Zeit haben wir ja noch."
"Ja. Bis dahin kann sich noch viel ändern. Was hättest du eigentlich morgen Vomittag vor? Wolltest du noch in den Stall?"
"Ja. Ich will die Drei dann vorher nochmal reiten. Kommst du auch mit?"
"Klar. Ich reite Flame dann nochmal. Ich muss vorher nur noch eine Weile telefonieren und meine ganzen Termine verschieben. Und Koffer packen wäre auch nicht schlecht."
"Dann machen wir das zuerst und gehen dann zum Stall."
"Und bis wir dann wieder zurück kommen, können wir schon wieder los."
"Ja.", sagte Liam und gähnte.
"Wir sollten schlafen. Es ist schon spät."
"Gute Idee."
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Missing you
Roman pour AdolescentsAchtung! In diesem Buch werden die Themen Krieg, Drogen, selbstverletzendes Verhalten sowie einige psychische Krankheiten behandelt. Diana ist Pferde Fotografin und wohnt mit ihrem Freund Liam in Ocala. An sich hat sie ein wirklich tolles Leben mit...