So war es auch an diesem Tag. Allerdings war alles ein wenig stressig und so kamen sie erst spät am Abend in den Stall. Dort angekommen trennten sich ihre Wege dann und Diana machte sich daran ein wenig mit Flame zu arbeiten.
Sie hatte ihn gerade wieder in die Box gestellt, als sie Liam plötzlich leicht panisch ihren Namen rufen hörte.
"Was denn?", fragte sie und ging einen Stall weiter, wo Liam vor Nightseas Box stand. Noch immer leicht panisch deutete er auf die Stute, die nass geschwitzt und schwer atmend in ihrer Box stand.
"Ja. Die kriegt ihr Fohlen. Und warum musst du da gleich panisch werden? Ist doch alles gut.", meinte Diana unbeeindruckt und öffnete nun die Boxentür, um zu der Stute zu gehen.
"Hallo, Kleine! Geht's endlich los?", flüsterte sie und strich der Stute sanft über den Kopf. Vertrauensvoll schloss sie die Augen und blieb ruhig stehen. Es dauerte nun nicht lange, bis die Fruchtblase platzte.
"Oh Gott! Was machen wir denn jetzt?", fragte Liam und begann panisch hin und her zu laufen. Das wiederum ließ die Stute hektisch werden.
"Du bleibst jetzt mal locker. Du bist doch der, der schon haufenweise Fohlengeburten miterlebt hat. Warum regst du dich überhaupt so auf?", fragte Diana.
"Ja, aber das war nie mein eigenes Pferd.", meinte Liam.
"Du holst jetzt mal Justus ab und regst dich auf dem Weg ab. Wenn du sie jetzt noch irre machst, bringt das auch nichts. Ich kümmer mich um sie.", sagte Diana und so verschwand Liam nun wieder. So konnte die Stute dann erstmal zur Ruhe kommen und legte sich schließlich hin. Diana setzte sich zu ihr in das Stroh und die Stute legte vertrauensvoll ihren Kopf auf ihren Schoß. Sanft strich Diana darüber und sagte: "So ist fein. Ganz ruhig. Alles ist gut."
Die Stute blieb nur schwer atmend liegen und streckte alle vier Beine von sich.
"Braves Mädchen. So ist gut.", flüsterte Diana und strich ihr immer wieder sanft über den Kopf.
"Mama?", hörte sie Anna schließlich rufen und die Stute hob unruhig den Kopf.
"Ganz ruhig. Bleib liegen. Das ist nur Anna.", flüsterte sie, bevor sie ihrer Tochter zu rief: "Ich bin bei Nightsea."
Kurz darauf stand Anna dann auch schon vor der Boxentür und fragte besorgt: "Was hat sie?"
"Sie bekommt das Fohlen.", erklärte Diana.
"Oh.", kam es nur von Anna.
"Was wolltest du denn?"
"Hast du Flame schon geritten?"
"Ja. Mit dem bin ich eben ein bisschen gesprungen."
"Okay."
"Weißt du ob Papa die Beiden schon geritten ist?"
"Bonavista ist er eben geritten und Sunshine hat heute frei."
"Okay. Und wo hast du deinen Bruder gelassen?"
"Der ist nach Hause. Da läuft irgend eine Dokumentation, die er unbedingt sehen wollte."
"Achso. Okay."
"Und wo ist Papa?"
"Der holt Justus ab."
"Aha. Und was machst du da?"
"Sie ein bisschen beruhigen und seelisch unterstützen. Das braucht sie jetzt ein Bisschen."
"Darf ich zu dir kommen?"
"Ja klar."
Kurz darauf saß Anna dann auch schon neben ihr im Stroh. Und schaute gespannt zu. Wirklich viel passierte allerdings nicht. Die Stute lag einfach nur da und atmete schwer.
"Was macht sie da?", fragte Anna, als die Stute begann mit den Beinen zu strampeln und sich unruhig zu wälzen.
"Sie hat Schmerzen. So eine Geburt ist nicht so einfach.", erklärte Diana, während sie der Stute immer wieder beruhigend über den Kopf strich.
"Guck mal. Da ist schon ein Huf.", sagte Diana und deutete auf einen winzigen Huf, der bereits heraus schaute.
"Die Arme!", sagte Anna mitleidig und strich ihr sanft über den Hals.
Kurz darauf stand Allison bei ihnen und fragte: "Was macht ihr denn da?"
"Geburtshilfe.", erklärte Diana knapp.
"Ach ist es endlich so weit?"
"Ja."
"Und wo ist Liam ab geblieben?"
"Der holt Justus vom Training ab. Er müsste aber eigentlich gleich wieder kommen."
In dem Moment kam Liam auch schon wieder und stellte sich zu Allison vor die Box.
"Ist Justus zuhause?", fragte Diana.
"Ja. Der muss noch lernen. Du übrigens auch Anna!", sagte Liam nun.
"Och Papa. Bitte!", bettelte Anna.
"Ne Anna. Schule ist wichtiger."
"Papa bitte! Ich lerne auch danach! Versprochen!"
"Ne. Das kann hier noch dauern. Du gehst jetzt nach Hause und lernst."
Beleidigt schaute Anna ihre Mutter an, doch die zuckte nur mit den Schultern und flüsterte: "Ich halt dich auf dem Laufenden. Du bist die Erste, die ein Foto von dem Kleinen kriegt."
Beleidigt ging Anna nun und Allison sagte: "Du bist aber böse!"
"Nein. Mathe Arbeit ist jetzt mal wichtiger, als Pferdchen gucken.", meinte Liam jedoch unbeeindruckt.
"Du warst doch früher bestimmt auch so ein Spießer, der den ganzen Tag brav gelernt hat, oder?"
"Ja. War er.", antwortete Diana.
"Gar nicht!", protestierte Liam.
"Da sagt deine Mutter aber was anderes.", meinte Diana.
"Macht ihr mal. Ich geh jetzt ins Bett.", sagte Allison und verschwand wieder. Liam blieb auf der Stallgasse stehen und schaute unsicher zu seiner Stute runter. Sie lag da flach im Stroh und hatte alle Viere von sich gestreckt. Nur das eine Vorderbeine zuckte immer wieder und sie stöhnte leise vor Schmerzen.
"Komm rein und setzten dich zu mir. Ich hab das Gefühl, dass das noch eine lange Nacht wird.", meinte Diana und so setzte er sich nun zu ihr in das Stroh.
"Sie sieht echt nicht gut aus.", sagte er mitleidig.
"Ja. Die hat Schmerzen und wird die wohl noch lange ertragen müssen. Das wird keine schöne Nacht für sie. Ich kenne das."
"So lange wird das gar nicht mehr dauern. Normalerweise nur noch so zwanzig Minuten. Höchstens."
"Und unnormal?"
"Das tritt hoffentlich nicht ein. Irgendwelche Probleme kann ich jetzt nicht noch ertragen."
"Warst du schonmal dabei, als es Probleme gab?"
"Ja. Das ist aber ewig her. Da war ich neun oder so."
"Was war da?"
"Das Fohlen lag falsch. Das war ein ganz schönes Chaos. Das kann ich jetzt nicht noch ertragen."
"Na dann hoffen wir mal das Beste."
Nun herrschte Schweigen. Das Einzige, was zu hören war, war der schwere Atem der Stute und das Rascheln im Stroh, wenn sie sich bewegte.
So verging eine nach der anderen Minute. Mit jeder Minute wurden sie müder und der Stute ging es zusehends schlechter.
"Da stimmt irgendwas nicht.", meinte Liam schließlich und kletterte hinter seine Stute.
"Scheiße!", fluchte er schließlich.
"Was ist los?", fragte Diana besorgt.
"Ich seh nur ein Bein, aber dafür schon die Nase. Das hat das eine Bein ein geklappt."
"Ich Ruf einen Tierarzt."
"Nein. Das bringt nichts. Bis der hier ist, ist es eh zu spät."
"Und was willst du sonst machen?"
"Lass mich einfach machen.", meinte Liam und so blieb Diana brav sitzen und wartete. Immer wieder strich sie ihr beruhigend über den Hals und sagte: "Ganz ruhig. Alles wird gut. Wir helfen dir. Das kriegen wir alles hin."
"Du bist echt die Einzige, die in solchen Situationen noch so ruhig bleibt und optimistisch ist.", meinte Liam.
"Soll ich stattdessen lieber verzweifeln und rum heulen? Das bringt doch nichts. Dann wird sie noch unruhig und dann ist endgültig alles zu spät.", sagte Diana.
"Ich bin schon froh, dass ich dich hab."
"Da geht's mir genauso."
"Na dann ist ja alles gut."
"Was machst du da eigentlich?"
"Das Bein gerade biegen. So. Jetzt funktioniert das auch. Da hat das Fohlchen auch zwei Beine."
"Nur zwei?"
"Der Rest kommt noch."
"Na dann ist ja gut."
"So Kleine. Jetzt nochmal.", sagte Liam nun zu seiner Stute und streichelte ihr sanft über die Kruppe.
"Die ist ja echt klitsch nass!", bemerkte er besorgt.
"Ja. So eine Geburt ist kein Kinderspiel. Das ist total anstrengend.", meinte Diana, während sie die Stute nun vorsichtig mit etwas Stroh ein wenig trocken rieb. Sie genoss die kurze Pause und stand schwerfällig wieder auf. Mit der Nase auf dem Boden lief sie in Kriesen durch die Box, bis sie schließlich stehen blieb und sich zusehends verkrampfte.
"Was tut sie da?", fragte Liam besorgt.
"Pressen.", meinte Diana unbeeindruckt und ging zu ihr, um ihr sanft über den Hals zu streicheln.
"Oh Gott! Leg dich hin!", sagte er schon wieder leicht panisch.
"Bleib locker. Sie weiß schon, was gut für sie ist. Die legt sich dann schon wieder hin.", meinte Diana jedoch ruhig und kurz darauf drehte die Stute auch schon wieder ihre Kreise, bevor sie sich genauso schwerfällig wieder hinlegte. Diana setzte sich direkt wieder zu ihr und sagte: "So ein feines Mädchen! Du weißt schon, was gut für dich ist."
Nightsea blieb ruhig liegen, bevor sie dann mit einem Stöhnen wieder zur Seite kippte und sich vor Schmerzen wälzte.
"Ganz ruhig! Du schaffst das! Wir helfen dir!", sagte Diana beruhigend und strich ihr sanft immer wieder über den Kopf. Die Stute blieb nun flach liegen und strampelte mit dem Vorderbein.
"Ich sehe einen kleinen, schwarzen Kopf!", sagte Diana glücklich.
"Klein ist relativ. Dafür das die Kleine so zierlich ist, ist das ein ganz schön riesiges Fohlen.", meinte Liam.
"Da hat sich der Vater wohl zu sehr durchgesetzt."
"Scheint so."
Diana wand sich nun wieder der Stute zu und sagte: "Komm meine Hübsche! Noch einmal feste! Dann hast du es geschafft!"
Als hätte die Stute sie verstanden, nahm sie ihre letzten Kräfte noch einmal zusammen und kurz darauf lag ein kleines, pechschwarz es Fohlen im Stroh. Sein einziges Abzeichen war eine kleine, weiße Schnippe an der Nase. Liam begann nun direkt damit das Fohlen von der Fruchtblase zu befreien und es ganz vorsichtig mit Stroh trocken zu reiben. Diana tat das gleiche mit der Stute, die nur völlig erschöpft liegen blieb und es genoss umsorgt zu werden. Es dauerte allerdings nicht lange, bis die Stute dann auf stand und ihr Fohlen beschnupperte, um es dann sanft trocken zu lecken.
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Missing you
Teen FictionAchtung! In diesem Buch werden die Themen Krieg, Drogen, selbstverletzendes Verhalten sowie einige psychische Krankheiten behandelt. Diana ist Pferde Fotografin und wohnt mit ihrem Freund Liam in Ocala. An sich hat sie ein wirklich tolles Leben mit...