Kapitel 12

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Beyoncé - Halo

Ich weiß nicht wann Can zurückgekommen ist. Hoffentlich hat er nichts Schlimmes gemacht. Ich konnte aber etwas beruhigter schlafen, weil Can auf derselben Seite geschlafen hat, wie ich. Trotzdem bin ich um 03:03 aufgestanden. Seufzend sitze ich auf der Bettkante und beschließe mich auf die Dachterrasse zu gehen. Mit einer Stoffshort und einem T-Shirt latsche ich zum Aufzug und seufze, als ich mich oben hinsetze. Die Stadt ist ruhig, leuchtet aber schön. Ich dachte, dass die Terrasse abgeschlossen wird, aber anscheinend kann man den Pool auch nach Mitternacht benutzen. Wie schön es wäre, wenn ich mitten in der Nacht mit Can hier wäre. Ich werde hellhörig, als ich höre, wie zwei Deutsche hier hinkommen. "Hey, da ist ja das temperamentvolle Mädchen." Die beiden haben mich noch nie in Rage gesehen. Woher sollen die das wissen? Ich beschließe mich, sie zu ignorieren, auch wenn sie sich neben mich setzen. Mir schlägt das Herz schneller, weil ich mit zwei wildfremden Männern mitten in der Nacht alleine bin. Ich spiele mit meinen Nägeln herum und schaue auf den Boden, der lila beleuchtet wird. "Schätzchen, wir tun dir nichts." Ich hebe zögernd den Blick an und sehe diesen Marcel trotzdem argwöhnisch an. "Was sucht ein niedliches Mädchen, wie du hier alleine?" Was sollen diese Komplimente? "Das könnte ich euch auch fragen." Marcel schaut seinen Kollegen an und fängt mit ihm an zu lachen. Muss ich das verstehen? "Süße, wir wollten eigentlich etwas Spaß haben, aber wir wussten nicht, dass hier jemand um diese Uhrzeit ist." Spaß? Um diese Uhrzeit? Wieso muss ich direkt an Sex denken? "Wir wollten Sex haben." Meine Augen weiten sich. Sie sind schwul, deswegen sind sie so offen. "Ouh", murmele ich und spüre, wie ich mich entspanne.

"Das wusste ich nicht." Ich hätte es mir aber auch wirklich nicht ganz denken können. Mir sind die beiden sofort sympathisch. "Jetzt weißt du es und bist unser ungeplanter Störenfried. Den Wassersex müssen wir auf ein anderes Mal verschieben", sagt Marcel grinsend und schaut zu seinem Freund. Süß. "Ich habe mich ja gar nicht vorgestellt. Ich bin Tom." Tom gibt mir lächelnd die Hand und drückt zu, was ich ebenfalls tue. "Sie hat ja voll kleine Hände", grinst er. Damit hat Can mich immer geärgert. "Wie lange seid ihr schon zusammen?", frage ich schüchtern und spiele mit meinen Fingern. Es irritiert mich leicht, dass beide nur in Boxershorts hier sind. Na ja, sie hatten ja auch Pläne. "Schon seit fast zwei Jahren." Beide schauen sich lächelnd an und küssen sich kurz. So süß es auch ist, meine Brust zieht sich zusammen. Can und ich haben nur ein Jahr, zwei Monate und acht Tage gehalten. "Ich wünsche euch noch viel Glück", flüstere ich und senke den Blick. "Schätzchen, was bedrückt dich?", fragt Marcel, der den Kopf schief legt. Sein Ohrstecker macht ihn noch sympathischer. Soll ich einfach mit zwei Wildfremden reden? "Wir kennen euch. Du kennst ganz schön viele hübsche Jungs." Ich muss schmunzeln. "Vor allem der Junge von gestern", schnurrt Tom, woraufhin Marcel ihn gegen die Schulter haut. Das lässt mich lächeln. "Woher kennt ihr uns?" Beide schauen sich an und dann mich. "Can ist ein bekannter Junge in Hamburg", sagt Marcel und zieht die Augenbraue hoch. "Und ein echt hübscher", schnurrt Tom, woraufhin Marcel aufstöhnt. "Dann geh und lass dich von ihm ficken." Beleidig schaut er weg, was mich grinsen lässt. Den Fakt, dass Tom Can attraktiv findet, stecke ich mal weg. Ramazan wird sich freuen. "Ihr kommt also auch aus Hamburg?" Was ein Schicksal. "Tom ist Make-up Artist und ich arbeite in einer Modelagentur. Ich studiere dabei noch Modedesign." Ich nicke lächelnd. Die beiden werden mir von Minute zu Minute sympathischer.

"Ihr seid doch zusammen, soweit ich weiß. Habt ihr Streit? Versöhnungssex hilft bei solchen Dingen", sagt Marcel, was mich erröten lässt. Statt zu antworten, zucke ich mit meinen Schultern. "Sie möchte nicht darüber sprechen. Bohr nicht weiter nach", meint Tom, woraufhin Marcel grinst. "Darf ich bei dir bohren?" Wir drei fangen an zu grinsen. "Studierst du an der Uni Hamburg?" Marcel verneint es. "Am HAW, ich werde mein Bachelor machen. Du schlaues und hübsches Mädchen studierst Medizin, nicht wahr?" Ich wusste gar nicht, dass ich einen Bekanntheitsgrad habe. Ich nicke. "Wie alt bist du?", fragt mich Tom und lächelt. Ich sehe erst jetzt sein Lippenbändchenpiercing. "Ich bin dreiundzwanzig geworden und ihr?" Beide heben ihre Augenbrauen. "So eine süße und junge Jungfrau. Das erlebt man nicht immer." Wie bitte? Ich ziehe meine Augenbrauen zusammen. Wieso wissen die, dass ich noch Jungfrau bin? Wieso wissen die überhaupt so viel über mich? "Das sieht man dir an, glaub mir." Tom zwinkert mir zu, was mich erröten lässt. "Wie sieht man es mir an?", murre ich. "Du warst direkt vorsichtiger, als wir hier waren. Ach, ich habe es dir einfach angesehen", meint Tom dann. "Ouh, okay. Und ihr seid wie alt?", frage ich nach. "Tom ist frische sechsundzwanzig und ich bin vierundzwanzig. Das Studium habe ich nicht sofort begonnen. Nach dem Abi habe ich gemodelt und mich dann dazu entschieden", erzählt er mir und lächelt, was ich erwidere. Ich kann nach langem wieder lächeln, wow. "Ich hoffe, ich trete dir nicht zu nahe, wenn ich sage, dass du eine tolle Figur hast", sagt Tom, was mich wieder erröten lässt. Ich fand mich jedoch schöner mit den vier Kilo mehr auf den Rippen. "Dankeschön", murmele ich und spiele an einer kurzen Haarsträhne herum. "Bring sie nicht in Verlegenheit und mach mir lieber solche Komplimente", meckert Marcel, der dann einen Kuss auf die Wange bekommt.

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