Kapitel 109

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Charlie Puth - Titanium

Freitag, 23. Oktober

Es ist eine Menge Zeit vergangen. Es ist so viel Zeit vergangen und das schnell. Ich habe das Hammerexamen geschrieben und bestanden und auch Can durfte es dank der Schulerprobung schreiben und hat ebenfalls bestanden. Er hat schnell einen guten Eindruck hinterlassen, weil er ja eben nicht mehr irgendwie gestört war. Demnach durfte er auch nach fast vier Monaten entlassen werden. Alles ist seitdem gut. Es gab bis jetzt keine Probleme und Ranja und Nadim haben sogar geheiratet und auch Derya ist nun verheiratet. Can und mir geht es Gott sei Dank gut, Soufian wurde erfolgreich abgeschoben, wir haben uns seitdem nicht mehr stark gestritten. Weder meinen noch seinen Geburtstag haben wir gefeiert, weil er da noch in der Behandlung war. Ich habe ihm einfach einen Kuchen gebacken und mit unseren Freunden und ihn in der Klinik den Tag genossen. Unsere Eltern haben uns oft besucht und auch wir waren bei ihnen, sobald Can die Möglichkeit hatte. Der Winter kommt leider bald wieder. Tom und Marcel wollen im März oder April heiraten, weil sie einen Todesfall in der Familie hatten. Sie sind mir echt ans Herz gewachsen und haben uns auch schon besucht, was mich immer sehr freute. Can und ich arbeiten jetzt im Krankenhaus für das eine Jahr. Unsere anderen Jobs haben wir gekündigt. Ich bin seitdem komplett zufrieden, habe mein Gewicht zurückerlangt und sogar ein wenig zugenommen, nur gibt es eine Sache, die mich ein wenig bedrückt. Ich warte einfach nur auf Can, damit ich mit ihm darüber reden kann. Er würde sicherlich nicht wütend reagieren, aber wie soll ich das schaffen? Can ist im Krankenhaus, wegen seiner Untersuchung. Bis jetzt ist kein Rezidiv vorhanden und der Tumor ist komplett weg. Wieso braucht er so lange? Sonst dauert es nie so lange. Er ist schon seit einer Stunde weg. Das Essen wird noch kalt. Ich rufe ihn lieber an. Gerade will ich nach meinem Handy greifen, als Cans Mutter mich anruft.

"Ja?", gebe ich lächelnd von mir.

"Shana", schnieft sie. Sofort rutscht mir mein Herz in die Hose. Ist Can etwas passiert?

"Was ist los?", flüstere ich und höre sie wimmern, was mir Tränen in die Augen ruft.

"Ist Can schon zu Hause?", schnieft sie wieder. Ich schüttele den Kopf. Mir wird flau im Magen.

"Nein, wieso?" Mein Brustkorb zieht sich zusammen. Was ist los?

"Sein Vater ist gestorben." Mir wird kalt. Nein, das darf nicht sein. Unwillkürlich steigen mir die Tränen auf und ich weiß nicht, was ich sagen soll.

"Wie? Wann? Warum?" Ich stehe auf und weiß nicht, was ich tun soll. Can ist außer sich, Can weint sicherlich. Mein Herz zieht sich zusammen.

"Sein Herz hat versagt, er ist im Restaurant umgefallen." Ich wische mir die Tränen weg und schaue an die Decke. Sein Vater war doch ein so lieber und gutmütiger Mensch.

"Sind meine Eltern schon bei euch? Wann ist die Beerdigung?", frage ich schniefend.

"Es wird die Tage sein. Bitte pass auf Can auf. Ich weiß doch, wie sensibel er ist", gibt sie heiser von sich, weswegen mir mehr Tränen aufsteigen. Meine Unterlippe bebt.

"Ich kümmere mich um ihn, bleib stark, Mutter. Wir kommen heute oder morgen schon", gebe ich angebrochen von mir.

"Dankeschön, meine Tochter. Gib mir bitte Bescheid, wenn er zu Hause ist."

"Mache ich... ciao." Ich wische mir die Tränen weg und lege auf.

"Oh Gott", flüstere ich. Mein Hinterkopf schmerzt schon vom Druck. Wo ist Can? Was genau geht gerade in ihm vor? Wie soll er das alles vertragen? Er liebt seinen Vater doch so sehr. Ich mache mir solche Sorgen um Can. Er hat doch immer noch Verlustängste. Er wird sicherlich Fieber bekommen. Schnell schaue ich nach, ob wir noch Fiebersaft besitzen und kontrolliere dann, ob wir Suppe dahaben. Ich weiß nicht, was ich machen soll. Diese Nachricht kam so plötzlich und mit voller Wucht. Sein Vater ist gerstorben. Sein so lieblicher Vater, der immer Verständnis zeigte. Ich fahre mir seufzend über mein Gesicht, nehme mir mein Handy und versuche Can zu erreichen, der aber nicht an sein Handy geht. "Scheiße", flüstere ich. Sein Schmerz lässt mich so verdammt sentimental werden und auch der Schmerz seiner Mutter macht mich verrückt. Ich muss aber die Ruhe bewahren. Emotionaler Stress tut mir nicht gut - es tat mir noch nie gut. Wieder und wieder rufe ich Can an, doch er geht kein einziges Mal dran, sondern lässt sein Handy anscheinend klingeln. Wo ist er? Trinkt er? Raucht er? Weint er? Ich will ihn einfach nur in die Arme nehmen und ihn trösten. Ich will meinen Can so schnell es geht wieder glücklich machen. Ich verweile auf dem Sofa, male mir in Gedanken aus, wo Can nur ist, bis dann die Tür aufgeschlossen wird. Ich stehe sofort auf und sehe in seine geröteten Augen, die mich ausdruckslos anschauen. Das bricht mir das Herz. "C-can", flüstere ich vorsichtig. Er schaut auf den Boden, zieht sich seine Schuhe aus und läuft ins Badezimmer. Ich laufe ihm ganz langsam nach, weil ich nicht weiß, wie genau ich an die Sache rangehen soll. Ich wollte mit ihm doch heute sprechen. Wie soll ich das machen?

AkzeptanzWo Geschichten leben. Entdecke jetzt