Nina Nesbitt - The Best You Had
Sonntag, 7. März
Und das Leben als schwangere Frau wird immer anstrengender. Amir kommt im April auf die Welt, bald ist es also so weit. Ich habe mich für ein weißes Beistellbett entschieden, sodass Amir mich in seiner Nähe hat und dann besser schlafen kann. Durch das Schwimmen und meine Gymnastik in meinem Mutterschaftsurlaub bin ich noch recht fit, muss aber auch oft durchschnaufen. Amir macht es mir manchmal echt zu schaffen, aber sonst ist er ein braver Junge und bringt mich durch seine kleinen Füßchen, die gegen meinen Bauch treten, sehr zum Lächeln. Can und ich haben uns um die Behördenangelegenheiten gekümmert, also habe ich eine Last weniger auf meinen Schultern - oder meinem Bauch. Ich müsste in der neunundzwanzigsten Woche sein, wenn sich meine Frauenärztin nicht irrt. Es war ja recht spontan, was meine Schwangerschaft angeht, aber wir wissen, dass Amir im April auf die Welt kommen wird - gesund und munter. Cans Mutter wohnt jetzt auch in Hamburg mit ihren Söhnen, die auch hier studieren. So ist sie auch in der Nähe von Shevin und uns und dazu kann sie auf Amir aufpassen, wenn ich wieder arbeiten gehe. Ich darf nicht zu viel vom PJ verpassen, sonst muss ich es nachholen und ich weiß, dass sich Cans Mutter wunderbar um ihn kümmern wird. Schlafen ist zwar sehr kompliziert, aber durch Cans Streicheleinheiten und das Lauschen seines Herzschlags kriege ich es irgendwie hin. Ab und zu stößt mein Bauch irgendwo an. Anfangs hatte ich echt Angst, aber nach einer Zeit habe ich mich daran gewohnt und lege immer meine Hände auf meinen Bauch, sodass es nicht zu ernsthaften Schäden kommen könnte. Ich habe mich in Foren umgeguckt, war deswegen in Saunas und benutze diese Liebeskugeln, um mein Beckenboden weiter zu trainieren - die Dinger sind echt gut.
Can und ich fahren zur Uni, um an unseren Doktorarbeiten zu ackern. Ich darf zwar jetzt nicht mehr mit chemischen Stoffen arbeiten, aber ich muss mir nur Beobachtungen notieren und diese dann tippen. Can ist so gut wie fertig, aber ich brauche noch ein wenig mehr Zeit. "Wie war die OP?", frage ich ihn. "Es war gut. Ich durfte viel mitmachen und habe am Ende genäht." Hach, wie ich den OP-Saal vermisse, aber jetzt kann ich futtern und schlafen wie ich will. Aber ich muss zugeben, dass meine Arbeitsatmosphäre recht angenehm war, weil ich mich ausruhen und hinsetzen konnte - während der Arbeit und nicht nur in der Pause. Can sah bestimmt verdammt schnuckelig beim Assistieren und Nähen aus. Ich weiß immer noch nicht, ob mein drittes Fach die Thoraxchirurgie werden soll oder doch die Unfallchirurgie. Ich will Heftiges sehen. Ich zucke kurz zusammen, weil sich meine Mutterbänder wieder dehnen. Dieser stechende Schmerz stört, aber er vergeht schnell. Can besteht auch seit neustem wieder auf das Kissen, das ich mir auf den Bauch legen muss. Heute ist auch die Hochzeit von Tom und Marcel, was mich echt freut. Sie waren ganz aus dem Häuschen, als sie von meiner Schwangerschaft erfahren haben und haben mir Designerkleidung für Amir geschenkt. Sie haben mir sogar ein Kleid für die Hochzeit geschenkt. Es ist ein wunderschönes, plissiertes Kleid in einem blassen Roséton, welches locker fällt und einen tiefen Schnitt am rechten Bein zeigt - soweit ich weiß. Es ist wunderschön, wenn auch ein wenig gewagt. Can habe ich es nicht gezeigt, aber er wird mir nicht verbieten es zu tragen, weil ich schwanger bin - das ist echt gut für mich. Can schlägt mir keinen einzigen Wunsch ab.
Ab und zu haben wir uns mal wieder in die Haare bekommen aber dann hat Amir wieder zugetreten und ich habe freudig Cans Hand an meinen Bauch gehalten. Sofort war die angespannte Stimmung fort. Mein kleiner Junge ist unser Streitschlichter. Mama und Baba freuen sich sehr auf das Kind, vor allem meine Mama. Sie hat mir ganz viele Geschichten aus ihren vier Schwangerschaften erzählt. Unter anderem, wie bei mir die Nabelschnur um meinen Hals hing und ich ganz blau war. Schon damals war ich eine Kämpferin. "Bald ist es so weit, Can. Ich bin so aufgeregt." Ich atme tief durch und drücke seine Hand. "Hoffen wir mal, dass du sie mir nicht brichst, wenn du Amir rauspresst." "Ich will eine Wassergeburt und habe auch schon mit Dr. Linde gesprochen und sie hat es mir auch empfohlen. Dann liege ich schön im warmen Wasser und presse mein Baby hinaus. Gott, wie herrlich", seufze ich euphorisch und steige aus dem Wagen. Oft brauche ich Cans Hilfe, aber manchmal kriege ich es alleine hin. Ich begrüße meinen Doktorvater, ehe ich mir meine Proben aus der Tiefkühltruhe nehme. Ich weiß gar nicht, ob sie wirklich so heißt, aber sie erinnert mich daran und deswegen nenne ich sie so. "Trotz Schwangerschaft stets dabei", lächelt mein Doktorvater. "Das ist doch selbstverständlich, ich bitte Sie", gebe ich am Ende gespielt empört von mir. Can beobachtet uns heimlich und das mit einem kritischen Blick. "Schließlich muss ich ja den Nobelpreis kriegen. Aber langsam habe ich das Gefühl, dass das nichts wird. Ich habe einen guten Anfang, aber die Geschwülste kommen nach zwei Tagen wieder." Ich seufze und lege die Probe auf den Objektisch und schaue sie mir genauestens an. "Toll, wer hat am Mikroskop herumgefummelt?", seufze ich, weil ich die Schärfe einstellen muss und auch den Objektträger verschieben muss, weil ich meinen Krebs nicht finde. Ich murre genervt.
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Akzeptanz
RomanceFortsetzung von Ignoranz. Zuerst Arroganz lesen, gefolgt von Ignoranz, bevor mit diesem Buch begonnen wird. Nach der Trennung weiß Shana nicht mehr weiter. Die ganzen Momente voller Liebe, Leidenschaft, Hass und Zweifel sind vorbei. Can will auf Abs...