Kapitel 36

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Citizen Four - Cold Water

Ich öffne meine Augen und erschrecke mich, als ich Can sehe. Can ist gestern solange geblieben, bis ich wirklich eingeschlafen war. Er hat sich die ganze Zeit entschuldigt und gefragt, ob ich etwas haben möchte. Wann wurde er reingelassen? "Wie? Was?", murmele ich. "Ranja musste arbeiten und ich stand ein bisschen vor der Tür herum." Er zuckt schüchtern mit seinen Schultern und zeigt zu Shelly, wo Rosen und einige Einkaufstüten stehen. Wann war der Junge bitte einkaufen? Ranja muss samstags später im Büro sein, das weiß ich. Manchmal hat sie auch frei, aber heute nicht. "Hab Geschenke für dich", nuschelt er. Ich schließe seufzend meine Augen. Das Spiel geht wieder von vorne los. "Shana, es tut mir wirklich so leid. Ich konnte gestern nicht schlafen." Das sehe ich dir auch an. Seine Augen sind rot und es zieren dunkle Augenringe seine so schönen und leuchtenden Augen. "Ich wollte dir auch so einen komischen Teddy kaufen, aber du hast schon dieses Einhorn." Er rümpft seine Nase. "Den gibt es schon sehr lange. Von wem hast du den denn?" Ich schmunzele leicht, wegen seiner Eifersucht. "Ramazan, wir haben einen Mädelsabend gemacht." Das waren noch schöne, weniger schwere Zeiten. "Aber Teddys als Geschenk sind genauso ausgelutscht und einfallslos, wie die silbernen Armbänder, wo Name und Datum eingraviert sind", sage ich. Er nickt. "Willst du Frühstück?", fragt er vorsichtig. "Irgendwann muss ich ja etwas essen." Sofort steht er auf und kommt mit einem Tablett voller Essen zurück. Ich schaue ihn verdutzt an. Seine Mühe schätze ich. "Ich habe bemerkt, dass du immer bis zu zehn Stunden Schlaf benötigst. Gestern bist du um 01:32 Uhr eingeschlafen und bist jetzt um 11:09 Uhr aufgewacht. Das Frühstück ist noch warm." Er legt es auf meinem Schoß ab und setzt sich wieder auf meinen Stuhl. Wow. "Danke, Can. Das wäre aber nicht nötig gewesen." Mein Ton ist immer noch monoton, was ihn verunsichert. "Doch, du musst dich stärken." Ich bemerke, dass er meine Armbänder trägt. Ungeduldig spielt er am Haargummi herum und wippt mit seinem rechten Bein. "Du musst schlafen", sage ich. "Das geht ohne dich nur sehr schwer", flüstert Can. Ich seufze kaum vernehmbar und fange an zu essen. "Iss mit mir." Can verneint es. "Ich habe schon gegessen." Kurz schiele ich zur Tüte und esse dann schnell weiter. Wieso hat er mir etwas gekauft?

Als ich zu Ende gegessen habe, will ich das Tablett in die Küche bringen, doch als Can mein Vorhaben bemerkt, springt er auf und übernimmt das Ganze für. Unsicher steht er vor meinem Bett und kratzt sich seinen Nacken. "Darf ich mich auf das Bett setzen oder ist das zu viel für dich?" Kurz schließe ich meine Augen und verdränge das komische Drücken und Kribbeln im Brustkorb. Es ist schön, dass er Rücksicht nimmt. Ich schlage die Decke zurück und rutsche ein Stück zur Seite. Er setzt sich mit versteckter Freude zu mir und berührt mich, während er sich setzt. Man merkt, wie hibbelig er ist. "Wie geht es dir?", fragt er. "Ich weiß es nicht. Gestern war kein schöner Tag." Er legt vorsichtig seine Hand auf meinen Rücken und fährt dann langsam über meinen Hinterkopf. "Ich wollte das wirklich nicht, Shana", flüstert er. Seine Berührungen sorgen für eine Gänsehaut. "Willst du in die Tüte gucken?", fragt er, was ich mit einem Schulterzucken beantworte. Can holt sofort die Tüte hervor und stellt sie vor mir ab. Dort sind viel Schmuck und zwei Pullover drin. "Danke, Can, aber das musstest du nicht tun." "Doch, ich muss noch so viel tun. Du hast wegen mir eine Gehirnerschütterung, du musst oft leiden und das nur wegen mir." Beschämt schaut er auf die Bettdecke. Ich weiß nicht, was ich darauf antworten soll. Er hat recht, aber was soll ich ihm schon an den Kopf werfen, wenn ich weiß, dass da etwas ist, was Cans komplettes Leben beeinflusst? Ich nehme Can in den Arm und lege mich mit ihm hin. Ich brauche Oxytocin, genau wie er. Sofort schlingen sich seine Arme um mich. "Ich soll um 13:30 Uhr im Krankenhaus sein", informiere ich ihn. "Darf ich heute bei dir bleiben? Oder du kommst zu mir?", fragt er und küsst meinen Hals, was meinen linken Lymphknoten Kribbeln lässt. Ich sollte mich eigentlich etwas von ihm distanzieren, aber was bringt uns das im Endeffekt? "Ich komme zu dir." Ich spüre wie sich seine Haltung verändert und dass er sich sicherer fühlt. "Wir können heute die Nacht durchmachen." "Aber du hast total wenig geschlafen, Can." Ich fahre ihm über seinen Rücken, was ihn seufzen lässt. "Ich brauche nicht viel Schlaf. Wenn ich mich etwas ausruhe, geht das schon." Langsam streichele ich seine Wange und schließe die Augen, lasse die Ruhe, die uns gerade durchströmt, auf mich einwirken.

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