Kiana Ledé - I Choose You
Samstag, 18. Januar
Wir werden heute zu Cans Mutter fahren. Ich bin mehr als nur aufgeregt. Can und ich machen wieder Fortschritte. Wir haben gestern noch miteinander geschrieben. Zwar ging es ganz pragmatisch um Medizin, aber es war trotzdem schön mit Can schreiben zu können. Was soll ich anziehen? Dunkel oder hell? Blau oder eher rot? Na ja, ich habe nur die Kleider, die Can mir geschenkt hat, was Rotes anbelangt. Ich hole mir meine schwarze Hose raus und noch einen royalblauen Pullover. Ich liebe es, wenn ich Hosen anziehe, die frisch aus der Wäsche kommen. Dann sind sie immer so eng und schmiegen sich perfekt an den Bauch an. Das Oberteil ist etwas tiefer geschnitten und geht etwas über die Schultern, was ich so sehr mag. Unter dem Pullover trage ich ein schwarzes Unterhemd, damit man meinen BH nicht sieht. Zum Glück ist es nur ein Essen unter Frauen - und Can. Meine Haare binde ich zu einem Zopf zusammen und lasse links und rechts einige Locken herunterbaumeln. Ich habe mir einen wasserfesten, roten Lippenstift geholt und einen Lipliner. Sollte ich ihn auftragen? Dann wäre ich Feuer und Wasser. Ich wäre ein Kalt-Warm-Kontrast. Spontan entscheide ich mich dazu und muss feststellen, dass ich diese Kombination äußerst ästhetisch finde. Schnell lege ich mir noch goldenen Schmuck um und schreibe Can, dass er mich abholen soll. Ich bin aufgeregt
'Ich stehe schon unten.' Oh, na dann.
Schnell ziehe ich mir meine Leder Oldschool Vans in schwarz an und sause die Treppen hinunter. In Cans Auto halte ich den Gurt in der Hand, will mich aber erst anschnallen, wenn ich Can umarmt habe. Er schaut mich mit leuchtenden Augen an. Es bereitet mir solche Glücksgefühle, wenn ich bemerke, dass er sich freut. Langsam beuge ich mich vor und nehme ihn in den Arm. Seine starken Arme drücken etwas feste zu und wollen mich gar nicht mehr loslassen. "Hey", murmelt er. "Hi." Ich streiche über seinen breiten Rücken, der von seinem schwarzen Mantel bedeckt wird und löse mich dann langsam von ihm. Er bemerkt meine roten Lippen, seine Pupillen weiten sich. "Schöner Lippenstift", raunt er, was mich erröten lässt. Ja, der wasserfeste Lippenstift, der den Lippen den Fick-meinen-Mund-Effekt verleiht. "Dankeschön." Ich spitze meine Lippen und schnalle mich an. Zum Glück ist das Auto warm. Es riecht so schön hier drinnen. Nach Vanille, Leder und Can. Eine wunderbare Kombination. Wir fahren los, es ist still, jedoch nicht unangenehm. Es ist nur etwas angespannt. "Wie geht's?", fragt er mich. "Gut und selbst?" Can seufzt. "Ich bin aufgeregt, dass wir zu meiner Mutter fahren. Es ist wieder so neu. Ich habe wenig geschlafen." Sofort schnellt mein Kopf zu ihm. "Wieso? Hattest du Albträume?" Er schüttelt den Kopf. "Ich bin nur aufgeregt, mehr nicht." Leise seufze ist. Zum Glück sind es keine Albträume. "Du weißt, dass du mich aus dem Schlaf reißen kannst, falls du einen Albtraum hast?" Seine fülligen Lippen spitzen sich. "Ich war mir letztens nicht sicher. Es war ein Albtraum, aber irgendwie hatte ich Angst dich anzurufen", gesteht er leise. Oh nein, er hat wirklich Gewissensbisse. "Ich würde mich freuen, wenn du mich anrufen würdest, Can." Ich will soviel Kontakt aufbauen, wie es nur geht. Von mir aus kann er mich auch anrufen, wenn ich dusche. Can nickt kaum vernehmbar und schaut von Innenspiegel zu Außenspiegel und dann wieder zurück. "Hast du Hunger?" Meine Augen verdrehen sich sofort. "Wir sind zum Essen eingeladen." Es ist wirklich, als wären wir wieder zusammen, nur ohne das Küssen.
Can spitzt seine Lippen und zuckt mit seinen Schultern. "Pommes?" "Nein", sage ich sofort. "Hast du deine Tabletten genommen?" "Ja." "Chili Cheese Nuggets?" "Nein." Ich finde es lustig, dass er mir Essen andrehen will und muss dementsprechend schmunzeln. "Einen Burger?" "Nein, Can." "Zwei Burger." "Can", gebe ich mahnend von mir. "Ein Burger und eine kleine Pommes?" "Can, ich will zu deiner Mutter und dort essen, Punkt." Er brummt unzufrieden, der alte Brummer. Es tut echt gut, dass wir so normal miteinander reden können. Wann wir uns wieder küssen werden? Bis jetzt hat er keine Annäherungsversuche gemacht. Ich weiß gar nicht, ob ich es zulassen würde - also jetzt. Es ist irgendwie immer noch alles so frisch, nicht abgeheilt. Ich weiß, dass ich das alles niemals vergessen werde, aber ich hoffe, dass ich ihm aus tiefstem Herzen vergeben kann. Ich sehe das Küssen und den Sex mit den Frauen unbewusst als Betrug, weil ich ihn immer noch geliebt habe, als er es getan war, doch wir waren dort nicht mehr zusammen, also kann und darf ich es nicht als Betrug zählen. Wann Can wohl wieder ausgerastet ist oder wann er wohl wieder ausrasten wird? Ich will darüber gar nicht nachdenken und ich will nicht wissen, wie gravierend die Schäden dann sein werden. "Ich habe mich für die Neurologie entschieden", informiere ich ihn. "Dann gehe ich auch dahin." Das ist gut, sehr gut sogar. "Das Oberteil sieht sehr schön aus, das passt zu deinen Locken und der Lippenstift auch." Als er über den Lippenstift spricht, wird seine Stimme rauchiger und tiefer. Ob er wieder an perverses Zeugs denkt? Damit hätte ich kein Problem. Es soll alles wieder beim Alten sein. "Dankeschön, das ist ein neuer. Der ist wasserfest." Sein Kiefer zuckt kurz und seine Hände umklammern das Lenkrad fester. "Das freut mich", raunt er. Ich glaube, ich turne Can gerade an. Das wäre doch irgendwie paradox, wenn er jetzt erregt wäre oder nicht? Ich meine, wir sind auf dem Weg wieder zueinander zu finden, aber irgendwie ist es komisch, wenn er erregt ist, noch bevor wir uns wieder geküsst haben.
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Akzeptanz
RomanceFortsetzung von Ignoranz. Zuerst Arroganz lesen, gefolgt von Ignoranz, bevor mit diesem Buch begonnen wird. Nach der Trennung weiß Shana nicht mehr weiter. Die ganzen Momente voller Liebe, Leidenschaft, Hass und Zweifel sind vorbei. Can will auf Abs...