Kapitel 83

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James Arthur - Say You Won't Let Go

Wir werden heute zu Cans Eltern fahren. Zwar war ich der Ansicht, dass wir das Gestrige lieber verdauen sollten, aber Can will sich ablenken. Wenn es ihm dadurch besser geht, habe ich nichts einzuwenden. Die Tage wollen wir auch dort übernachten. Für einige Tage bei seiner Familie und einige Tage bei meiner. Wow, Can wird also das erste Mal bei mir schlafen, wie aufregend! Irgendwie schäme ich mich. Wir sind so richtig verheiratet und besuchen unsere Eltern und wir schlafen auch dort miteinander-, ich meine nebeneinander! Oh Gott, das wäre peinlich. Bei Can weiß man jedoch nie, der notgeile Lümmel. Aber ich bin mir sicher, dass er diese Tage eher enthaltsam sein wird, weil er ruhiger und nachdenklicher wirkt. Das Passierte muss verdaut werden, deswegen ist sein Verhalten auch nicht verwerflich. Wenn ich an gestern denke, muss ich lächeln und gleichzeitig auch die Tränen zurückhalten. Gestern war der Tag der Gefühle, die im Sturm herumgeworfen wurden. Dämonen hüten über uns und erschweren uns das Leben, aber ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es nur eine oder mehrere Prüfungen sind. Wir haben viele Prüfungen bestanden, wieso nicht auch diese hier? Das schaffen wir! Wieso sollten wir es nicht schaffen? Erstaunlich, wie viel Optimismus doch in mir steckt. Vielleicht liegt es einfach daran, dass meine Sturheit nicht möchte, dass wir am Boden sind, das könnte ein guter Grund sein.

Can konnte erstaunlich gut einschlafen. Für seine Verhältnisse schläft er jetzt auch tief und das auch länger als sonst. So gut wie immer ist 10:30 Uhr das Maximum. Wir haben schon 11:20 Uhr und ich will ihn nicht wecken. Es freut mich, dass er gut schlafen kann, ohne mit Angst aufzustehen und danach leichtes Fieber zu bekommen. Ich setze mich lächelnd auf und fahre durch sein Haar. Seine Wimpern wirken so lang und so dicht, sie sind beneidenswert. Sein Bart wächst wieder, so habe ich etwas zum Spielen. Ich bemerke, dass er langsam wach wird, als er seine Arme um mein Becken schlingt und seinen Kopf auf meinen Schoß platziert. Wie herrlich sich diese Harmonie und Freude anfühlen, die meinen Körper durchströmen. Als sei Can ein niedlicher Hund, fahre ich über seinen Rücken und seinen Kopf. "Noch ein wenig schlummern?", frage ich, was er verneint und tief brummt. "Ich habe echt lange nicht mehr so lange geschlafen", murmelt er echt rau und tief. Wow, wie tief seine Stimme sein kann. "Das ist doch gut." Meine Finger fahren über seinen Trapezmuskel, was ihn zufrieden brummen lässt. Can, der gute, alte Brummi. "Was magst du heute frühstücken?", frage ich ihn, woraufhin er wieder brummt. "Dich." Ich verdrehe schmunzelnd die Augen. "Heute sind wir keine Kannibalen. Nichts Bestimmtes?" Er verneint es. "Okay", flüstere ich. "Ich geh dann mal das Frühstück machen." Ich will aus dem Bett steigen, als Can mich festhält. "Gleich." Ich komme mir vor wie das Kabel eines Staubsaugers, welches durch den Zurückzieh-Knopf zurückgezogen wird. Nur ist Can kein Staubsauger. "Möchtest du mir etwas erzählen? Ein Empfinden oder ein Gedanke, der in deinem Kopf schwirrt?" "Ich wäre vielleicht tot, ohne dich." Ich kann ein ganzes Hähnchen zum Frühstück vertragen, aber hiervon wird mir übel.

"Sag so etwas nicht", flüstere ich, küsse seinen Hinterkopf und seufze. "Es ist doch nur die Wahrheit", rechtfertigt er sich, und so schlagfertig ich auch bin, mir fällt nichts ein, was ich dagegen sagen könnte. Ich muss mit Can sanfter umgehen, als ich gedacht hätte. Sein gestriger Satz schwirrt mir wieder im Kopf herum. Wieso hasst du mich so sehr? Gott, es ist wie ein Teil der Hölle. "Ich bin ja da für dich", gebe ich dann leise von mir, hoffe, dass es ein, seine psychische Labilität, unterstützender Satz war. "Danke, es tut mir leid." Kaum vernehmbar seufze ich und nehme Can in den Arm. Umarmungen, unsere soziale Medizin, die viel auswirken kann. "Schon gut, heute ist ein neuer Tag, ein positiver Tag." Ich lehne meine Wange gegen seinen Kopf und fahre seine Bartstoppel nach. "Was ist überhaupt mit Derya? Wann möchte sie heiraten?" Can murrt. "Gar nicht, ich will ihren beschissenen Freund gar nicht sehen. Wenn er sie angepackt hat, dann schwöre ich bei Gott, ich werde ihn auseinandernehmen." Verdutzt spitze ich meine Lippen. Can und sein Beschützerinstinkt. "Okay", flüstere ich. "Wir beruhigen uns mal wieder und stehen langsam auf, damit wir frühstücken können." Als ich meinen zweiten Versuchen starten will, hält Can mich wieder fest. "Ich habe Hunger, Can." "Du bist ein vergesslicher Dussel." Can steht seufzend und streckend auf und lässt die Jalousien runterfahren. Upsala, das vergesse ich immer wieder. Cans Po ist echt knackig. "Wollte ich auch gerade machen", nuschele ich. Streng zieht er seine Augenbraue hoch. "Im BH schön ans Fenster stellen, damit ganz Hamburg deine Brüste sehen kann? Wen soll ich umbringen? Dich oder die Leute?" Schmunzelnd wälze ich mich im Bett herum und bemerke gerade, wie gemütlich das Bett ist. "Wir sollten doch noch ein wenig im Bett liegen bleiben", meine ich. Can hebt mich seufzend hoch und trommelt auf meinem Hintern herum, bis er mich in der Küche ablässt, wo er kurz durch das Fenster schaut, welches nur die - falls jemand so hoch in unsere Küche lugen will - den Herd, die Regale und das Waschbecken zeigt.

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