Sam Smith - Pray
Mittwoch, 15. Januar
Die Uni verlief heute gut. Can sitzt zwar immer noch weiter hinten und Aykan sitzt immer noch da, wo er immer sitzt, aber es verläuft trotzdem gut. Heute lernen wir wieder bei Can, genau wie gestern und vorgestern. Schüchtern lächelt er mich an und schaut auf seine Notizen. "Wieso zählt der schwarze Hautkrebs nicht zu den epithelialen Hautkrebstypen?", fragt Can. "Weil sich maligne Melanome nicht von den Epithelien ableiten, sondern von den Melanozyten", erkläre ich lächelnd, woraufhin er verstehend summt. "Nenn mir die drei lichtunabhängigen Tumore der Haut", fordere ich von Can. "Kutane Lymphome, Sarkome der Haut und andere Tumore, wie MCC." Ich nicke. Es ist schön, wie harmonisch es jetzt ist. Am liebsten würde ich jetzt in seinen Armen liegen, aber es muss alles langsam gehen. "Ich will etwas sagen", setzt Can nuschelnd an. Ich werde aufmerksam und schaue abwartend in seine gelben Augen. "Ich finde es faszinierend, wie schnell du den ganzen Stoff verstehst und einiges aus eigener Hand erklären kannst. Nicht jeder ist so schlau wie du und das obwohl du nichts in Mathe verstanden hast, manchmal links und rechts vertauschst und viele Säle nicht findest." Ich grinse. Ich habe gestern die ganze Zeit darauf gewartet, dass Can mir etwas von seinen Gedanken erzählt, aber es kam nichts. "Danke", summe ich und lache kurz. "Und ich mag es, wenn du lachst. Auch wenn dein Lachen sehr oft sehr laut ist. Und seitdem ich dein T-Shirt habe, schlafe ich wunderbar. Vielleicht... vielleicht kannst du ja wieder bei mir schlafen", nuschelt er am Ende schüchtern. Cans Ohren werden rot, was mich quietschen lässt. Wie süß er doch ist! "Irgendwann mal ganz sicher." Ich will nach den schlimmen Dingen, die Can getan hast, vorerst nicht bei ihm übernachten, so schön es auch wäre.
"Ich hoffe sehr, dass du mir irgendwann mal verzeihen kannst. Ich werde mich bemühen. Bald muss ich wieder zur Therapie und du musst morgen zur Desensibilisierung. Ich hoffe, dass das nicht ins Auge geht", murmelt Can am Ende. Ich hoffe auch, dass ich irgendwann mal ganz darüber hinweg bin. "Darf ich eine deiner Strickjacken?" Can nickt und will aufstehen. "Warte, ich bin sowieso näher am Schrank." Ich stehe auf und stöbere in seinem unordentlichen Schrank nach einer Strickjacke. Meine Hand stößt gegen etwas Festes. Fragend ziehe ich meine Augenbrauen zusammen und hole den Gegenstand hervor. Mein Herz schlägt augenblicklich schneller, als ich die Waffe in meiner Hand halte. "Was sucht das in deinem Zimmer, Can?", frage ich aufgebracht und halte die Pistole hoch. Cans Blick verfinstert sich, oh nein. Langsam steht er auf und schlägt feste gegen die Tür, was mich zusammenzucken lässt. Ich werde panisch und gehe schnell auf Abstand. "Gib es her!", brüllt er, was mir mehr Angst macht. Ramazan ist nicht da, was soll ich jetzt machen? "GIB HER!", schreit er. Ich atme schneller und werde hysterisch. Dass ich ihm nicht die Waffe gebe, macht ihn umso wütender, weswegen er jetzt gegen seinen Schrank haut. Ich gebe ein Wimmern von mir und drücke mich an die Wand. Mir steigen die Tränen auf, weil der wütende Can vor mir ist, der sich nicht kontrollieren kann und mir vielleicht wehtun könnte. "Shana!", schreit er. "Schrei nicht!", weine ich und schmeiße die Waffe auf den Boden. Ich habe totale Angst. Mir ist warm und kalt zu gleich.
Can schaut mich erschrocken an und hält sich den Kopf. "Ich-, ich-," Panisch und verwirrt beißt er sich auf die Unterlippe und schaut in mein Gesicht, wo immer noch Tränen hinunterfließen. "Nicht weinen", haucht er sanft. Ich will gerade nicht hierbleiben. Die Male als er betrunken war kommen mir wieder in den Sinn oder, als er mich an den Haaren herumgeschleudert hat. "Ich will nach Hause", flüstere ich. Can schüttelt panisch seinen Kopf und kommt mir näher, weswegen ich den Kopf schüttele. Ich will an Can vorbeilaufen, als er mich an meinem Unterarm festhält. "Bitte, Shana", presst er hervor. Langsam zieht er mich näher an sich. In seinen Augen sieht man seine Panik. Er will nicht, dass ich gehe. "Es tut mir leid. Ich wusste gerade nicht, was los mit mir war. Ich wollte nicht ausrasten, es tut mir leid." Er will mir meine Tränen wegwischen, was mich kurz zusammenzucken lässt. "Ich wische sie mit meinem Pullover weg, damit ich dich nicht berühren muss", sagt er dann etwa betroffen und zieht den Ärmel über seine Finger, um mir dann über Augen und Wangen zu wischen. Mich schmerzt diese Angst so sehr. Ich will keine Angst haben, aber so einfach ist das nicht. Wenigstens weiß ich, dass Can aufhört, wenn ich weine und wenn ich ihm sage, dass er aufhören soll. Ob es das nächste Mal auch so sein wird, weiß nur Gott. "Ich-, ich mache dir Kakao. Du hast deine Tabletten genommen?" Er hält sich seinen Nacken und sieht mich unsicher an. In seinen Augen leuchtet wieder dieses Unschuldige auf. Ich kann ihn nicht alleine lassen, wenn er so guckt.
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Akzeptanz
RomanceFortsetzung von Ignoranz. Zuerst Arroganz lesen, gefolgt von Ignoranz, bevor mit diesem Buch begonnen wird. Nach der Trennung weiß Shana nicht mehr weiter. Die ganzen Momente voller Liebe, Leidenschaft, Hass und Zweifel sind vorbei. Can will auf Abs...